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(Quelle: Unsplash.com)

EU braucht keine Fiskalunion

Start des Formats „Wir müssen über Europa sprechen“ der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Über die Weiterentwicklung der Europäischen Union debattiert seit Anfang Mai eine Konferenz zur Zukunft Europas. Eine der Fragen, die sich dabei stellt, ist die, ob die EU auf eine Fiskalunion – eine gemeinsame Einnahmen- und Ausgabenpolitik – zusteuert. Ein Fachgespräch der CDU/CSU-Fraktion mit Experten kam zu dem Schluss, dass es einen entsprechenden Automatismus nicht geben kann und nicht geben soll.

Zur Überwindung der Corona-Pandemie hat die Europäische Union einen Wiederaufbaufonds im Umfang von 750 Milliarden Euro aufgelegt, für den sie erstmals gemeinsam Geld an den Finanzmärkten aufnimmt. Die einen sehen darin einen einmaligen, aus der Krise geborenen Akt, die anderen den Auftakt zu einer Schuldenunion. In dem digitalen Fachgespräch unter dem Motto „Fiskalunion oder getrennt zahlen?“ stellte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Katja Leikert die Gretchenfrage: „Wie viel Europa können wir uns leisten?“

Wiederaufbaufonds kein dauerhaftes Instrument

Klaus Regling, geschäftsführender Direktor des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und Vorsitzender des Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSF), konterte mit der Frage: „Wie wenig Europa können wir uns leisten?“ Er stellte heraus, dass es in der Geschichte der EU schon immer Finanztransfers gegeben habe, die eine allmähliche Angleichung der Lebensverhältnisse in Europa zum Ziel hätten. Deutschland sei zwar Nettozahler, profitiere aber als Exportnation vom EU-Binnenmarkt sowie von der Währungsstabilität, die der Euro mit sich gebracht habe. 

Der Wiederaufbaufonds mit dem Titel Next Generation EU sei schon „ein besonders wichtiger Moment in der Integrationsgeschichte der EU“ gewesen, aber: „Daraus einen Automatismus hin zur Fiskalunion abzuleiten, sehe ich gar nicht“, sagte Regling. Das scheitere allein daran, dass ein solcher Schritt in der EU einstimmig beschlossen werden müsste, dass die Zustimmung der nationalen Parlamente eine Änderung des EU-Vertrages erforderlich sei. Denn die Errichtung des Fonds werde explizit mit der Krisenklausel im Vertrag begründet. Ein dauerhaftes Instrument lasse sich so nicht schaffen.

Instrument nicht verstetigen

Eine Warnung vor einer Fiskalunion sprach Thiess Büttner aus, Professor für Finanzwirtschaft an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Wenn man den Fonds als einen Schritt hin zu einer solchen Union verstehe, begebe man sich „in gefährliches Fahrwasser“. In der Corona-Krise sei die gemeinsame Aufnahme von Schulden richtig gewesen. Doch müsse man jetzt darauf achten, das Instrument nicht zu verstetigen. 

Signal von Geschlossenheit und gemeinsamer Werte

Der stellvertretende Fraktionschef Andreas Jung sieht den Fonds „als Ausdruck einer Werteunion, nicht einer Fiskalunion“. In Notsituationen stünden die EU-Länder solidarisch füreinander ein. Indem Deutschland anderen helfe, helfe es auch sich selbst, denn es müsse schließlich Abnehmer für seine Waren finden. Außerdem werde das Geld in die Wettbewerbsfähigkeit Europas investiert. „Wir müssen mit diesen Geldern vernünftige Zukunftsprojekte finanzieren und nicht die Vergangenheit konservieren“, forderte auch der Europaparlamentarier Stefan Berger, als CDU-Politiker Mitglied der Europäischen Volkspartei (EVP). 
Katja Leikert sprach mit Blick auf die 750 Milliarden des Fonds von einem „beeindruckenden Signal der Geschlossenheit“. Er zeige an den Kapitalmärkten schon Wirkung, bevor das Geld überhaupt geflossen sei. 

Tendenz zu immer mehr Finanztransfers

Mit Sorge betrachtete der Vizepräsident des Bundes der Steuerzahler, Michael Jäger, die Tendenz hin zu immer mehr Finanztransfers in der EU. Der Wiederaufbaufonds sei nur ein Einstieg. Schon jetzt würden weitergehende Programme diskutiert, die sich auf Billionen summierten. Man könne aber den Kindern und Enkelkindern nicht immer größere Schuldenberge hinterlassen, warnte Jäger. Außerdem könne nicht sichergestellt werden, dass die Mittel sinnvoll und effizient eingesetzt würden. Eine wirksame Kontrolle gebe es nicht. Und letztlich dürften „nicht die, die noch leistungsfähig sind, über Gebühr zur Kasse gebeten werden“.
Noch vor Beginn der parlamentarischen Sommerpause wird die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ihre Diskussionsreihe fortsetzen, mit der sie die Konferenz zur Zukunft Europas konstruktiv begleitet. Im zweiten Gespräch wird es um das Thema Sicherheit gehen.