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Bundeswehr

„Es geht darum, Krieg zu verhindern“

  • Norbert Röttgen über Herausforderungen in der Sicherheitspolitik
  • Verteidigungsfähigkeit in kürzester Zeit steigern
  • Mehr Personal und modernere Rüstung für die Bundeswehr

Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 hat sich die Sicherheitslage in Europa drastisch verschärft. Die NATO und die Europäische Union müssen sich wappnen, um im Fall eines Angriffs verteidigungsbereit zu sein. Vor diesem Hintergrund will Deutschland die Bundeswehr zur konventionell stärksten Armee Europas ausbauen. Was es dazu braucht, darüber ein Gespräch mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion, Norbert Röttgen.


Herr Röttgen, mit der Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben steht genug Geld zur Verfügung. Welche Fähigkeiten braucht die Bundeswehr am dringendsten?

Röttgen: Dass die neue Regierung sich noch vor Amtsantritt darauf geeinigt hat, die Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse auszunehmen, war ein riesiger Erfolg. Es zeigt, wie ernst es dieser Bundesregierung mit der Sicherheit Europas ist. Denn leider herrscht nach wie vor Krieg in Europa und damit nicht genug: Wir müssen uns darauf einstellen, dass Russland schon in wenigen Jahren in der Lage sein wird, über die Ukraine hinaus großflächig Krieg in Europa zu führen. Hybrid passiert das im Übrigen schon heute. 

Darum müssen wir parallel zur Unterstützung der Ukraine unsere eigene Verteidigungsfähigkeit im konventionellen Bereich innerhalb kürzester Zeit massiv steigern, um somit eine abschreckende Wirkung gegenüber Russland zu erzielen. Es geht darum, Krieg zu verhindern – das ist unser Ziel. Dafür braucht es vor allem mehr Soldatinnen und Soldaten sowie Investitionen in die Modernisierung der Bundeswehr. Russland führt inzwischen vor allem einen Drohnenkrieg in der Ukraine. 

Die Bundeswehr soll von derzeit rund 180.000 auf 260.000 aktive Soldaten anwachsen. Wie kann das gelingen? 

Röttgen: Aus unserer Sicht als Union nur mit einer Wehrpflicht. Im Koalitionsvertrag haben wir uns aber als Kompromiss mit der SPD auf ein Übergangsmodell geeinigt: Wir versuchen es erst mit der Freiwilligkeit. Sollte es so nicht klappen, gehen wir zur Pflicht über. Dabei orientieren wir uns am Schwedischen Modell. Konkret heißt das, dass wir vom Minister ein transparentes und überprüfbares Vorgehen erwarten: Wir müssen im Gesetz festlegen, wie viele Soldaten wir pro Jahr dazugewinnen wollen. Bei der Zielgröße von 260.000 sind das jährlich ungefähr 10.000 Soldaten. Nach spätestens anderthalb Jahren muss der Minister darlegen, ob genug aktive Soldaten über den Weg der Freiwilligkeit rekrutiert wurden oder nicht.

„Wir brauchen messbare Zwischenziele“

Die NATO-Staaten wollen fünf Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgeben, davon 1,5 Prozent für die Ertüchtigung der Infrastruktur. Bis wann soll das Ziel erreicht werden?

Röttgen: Das soll laut NATO bis 2035 passieren. Damit reagierte das Bündnis auf die sicherheitspolitische Lage insbesondere in Europa. Aber weil die Lage so ernst ist, dürfen wir uns auf den zehn Jahren nicht ausruhen. Die gegenwärtige Haushaltsplanung sieht daher vor, dass wir in Deutschland das Ziel bis 2029 erreichen. Dafür brauchen wir messbare Zwischenziele, weshalb das entsprechende Gesetz zur Bundeswehrplanung, das unseren Aufwuchs an Fähigkeiten in allen Bereichen für den Bundestag überprüfbar machen soll, so wichtig ist.