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(Quelle: Tobias Koch)

Ein Jahr Krieg: Zeitenwende lässt auf sich warten

  • Merz vermisst entscheidende Weichenstellungen 
  • Unionsfraktion steht unverbrüchlich an der Seite der Ukraine
  • Regierung zögert und zaudert 
     

Ein Jahr nach dem russischen Überfall auf die Ukraine vermisst Unionsfraktionschef Friedrich Merz entscheidende Weichenstellungen für die Zeitenwende, die der Kanzler am 27. Februar 2022 proklamiert hatte. Merz warf der Regierung vor, zu zögern und zu zaudern. Weder komme die angekündigte Nationale Sicherheitsstrategie voran, noch werde zügig in die Ausrüstung der Bundeswehr investiert. Auch auf die wirtschaftlichen Folgen des Krieges habe die Koalition keine fundierte Antwort. 

„Ein verlorenes Jahr“

In seiner Antwort auf die Regierungserklärung des Kanzlers stellte Merz fest, dass dieser nur spärliche Konsequenzen aus der Zeitenwende gezogen habe. Von einem „verlorenen Jahr“ und von „Ernüchterung“, sprach CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt: „Es waren große Worte, aber es kam keine Wende.“
Merz und Dobrindt wiesen darauf hin, dass aus dem Sondervermögen für die Bundeswehr im Umfang von 100 Milliarden Euro, das die Union mitgetragen hat, bislang kaum Geld abgeflossen ist. Das Ziel, die Ausgaben für Verteidigung auf mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben, wurde verfehlt. Der Verteidigungsetat schrumpfte von 2022 auf 2023 sogar. 

 

Orientierung fehlt 

Bei der Nationalen Sicherheitsstrategie, deren Vorstellung mehrfach verschoben wurde, streitet die Koalition über Zuständigkeiten. Dabei hätte genau diese Strategie Orientierung geben sollen, was die Zeitenwende bedeutet, monierte Dobrindt. 

Auch das Verhältnis der Bundesregierung zu den USA ist Merz zufolge klärungsbedürftig. Scholz hatte in der Regierungserklärung keine Angaben zum Zweck seiner bevorstehenden Washington-Reise gemacht. Im Raum stehen Irritationen der USA, dass Scholz sie zur Lieferung von Abrams-Panzern an die Ukraine gedrängt habe, um mit der Lieferung von deutschen Leopard-Panzern nicht alleine dazustehen. 

 

Gedenken an die verschleppten Kinder

Zum Jahrestag des Kriegs beteuerte der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende, dass Deutschland unverbrüchlich an der Seite der Ukraine stehe, die einen hohen Preis für die Verteidigung der Freiheit zahle. Merz gedachte besonders der ukrainischen Kinder, die aus ihren Familien gerissen und nach Russland deportiert werden, um dort zu Russinnen und Russen umerzogen zu werden. 

Zynisch und menschenverachtend nannte der Fraktionschef Demonstranten in Deutschland, die vorgeblich für einen Frieden in der Ukraine eintreten, in Wirklichkeit aber Täter und Opfer vertauschten. Diesen Zynismus dürfe die Mitte des Parlaments nicht dulden, sagte er. „Es gibt nur einen, der für diesen Krieg verantwortlich ist, und der heißt Wladimir Putin.“ Nur Putin könne diesen Krieg beenden. 

Kein Verständnis für diejenigen, die westliche Waffenlieferungen an die Ukraine zum eigentlichen Problem erklärten, hat auch Dobrindt. Diese verweigerten sich der „brutalen Realität“, dass Putin einen Völkermord plane, sagte er unter Berufung auf Schilderungen der ZDF-Korrespondentin Katrin Eigendorf. Sie hatte die Fraktion über ihre eigenen Erfahrungen mit dem Krieg in der Ukraine unterrichtet. 

Fehler im Umfang mit China nicht wiederholen 

Merz machte auch darauf aufmerksam, dass es Russland um mehr gehe als nur die Eroberung von Territorien. Putin wolle sich weltweit neue Einflusssphären schaffen. In diesem Zusammenhang sprach der Fraktionschef China an, das ebenfalls nach Dominanz strebe. Über wirtschaftliche Projekte wie die neue Seidenstraße versuche es, seinen Einfluss ausdehne. Mit Blick auf das nun beendete Pipeline-Projekt Nord Stream 2, mit dem sich Deutschland energiepolitisch an Russland gebunden hatte, sagte Merz: „Wir dürfen diese Fehler nicht wiederholen.“