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Teddy
(Quelle: picture alliance/dpa)

Besserer Schutz für unsere Kinder

Unionsfraktion veranstaltet Fachgespräch

Lügde, Münster, Bergisch Gladbach – immer wieder erschüttern Berichte zum Thema Kindesmissbrauch das Land.

Aktuell sind Ermittler in Nordrhein-Westfalen mit Durchsuchungen gegen 80 Beschuldigte wegen des Verdachts der Verbreitung, des Erwerbs und des Besitzes von kinderpornografischem Material vorgegangen. Die Unionsfraktion beschäftigte sich im Fachgespräch „Kinder vor sexuellem Missbrauch schützen“ mit dieser nur schwer zu ertragenden Materie.

Riesige Dunkelziffer

Die Zahlen sind erschreckend: Fast 16.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland wurden 2019 Opfer sexueller Übergriffe. Oftmals sind es Verwandte oder Partner eines Elternteils, die solch grauenvolle Taten begehen, die Kinder anderen zum Missbrauch anbieten und dabei die Verbrechen auf Video festhalten, um sie mit Gleichgesinnten über das Internet zu teilen. Zwar konnten in den vergangenen Jahren beeindruckende Ermittlungsergebnisse erzielt werden – aber die Dunkelziffer ist vermutlich riesig.

Prävention & Ermittlungsarbeit 

Nadine Schön, Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, wies zu Beginn der digitalen Veranstaltung darauf hin, dass sowohl die Prävention als auch die Ermittlungsarbeit gestärkt werden müssten. Sie lobte, dass einzelne Bundesländer – wie Nordrhein-Westfalen – die Ressourcen bei der Bekämpfung von Pädokriminellen ausgebaut haben, was sich jetzt in den zahlreichen Ermittlungserfolgen zeige. „Den Ermittlern“, so Schön, „müssen endlich die Instrumente an die Hand gegeben werden, die sie brauchen.“ Die Unionsvize stellte zudem klar, dass Prävention, Hilfe, Ermittlung und Strafbarkeit für die Fraktion zusammengehören. 

Bessere Durchsuchungsmöglichkeiten

Thorsten Frei, Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, verwies auf den Gesetzentwurf gegen Kindesmissbrauch, den die Justizministerin vor kurzem vorgelegt hat – dieser sieht u.a. eine Neuordnung der Delikte und eine Anhebung der Strafrahmen vor. Das wäre durchaus wichtig und die Unionsfraktion sei mit der Grundrichtung des Entwurfs zufrieden. Dennoch sieht Frei noch Bedarf bei der Feinjustierung: „Im Strafverfahrensrecht und bei den Möglichkeiten für die Ermittler müssen wir einen Zacken zulegen.“ Als Beispiele benannte der Unionsfraktionsvize einen erleichterten Einsatz der elektronischen Fußfessel sowie bessere Möglichkeiten der Durchsuchung zur Nachtzeit. Zudem müssten im erweiterten Führungszeugnis einschlägige Verurteilungen deutlich länger als drei Jahre dokumentiert werden.

Betroffene früh identifizieren

Julia von Weiler, Vorstand von Innocence in Danger e.V., mahnte, dass die psychosoziale Versorgung verbessert werden sollte. Die aufgedeckten Fälle zeigten: Betroffene Kinder hätten frühzeitig identifiziert werden müssen. Von Weiler forderte ein neues Hilfetelefon als niedrigschwelliges Angebot für besorgte Bürger, die Erwachsene in Verdacht haben, pädokriminell zu sein. Die Expertin stellte klar: „Die schweigende Mehrheit muss handlungsfähig werden.“

Prof. Dr. Jörg Fegert, Trauma-Forscher und ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Ulm, wies darauf hin, dass „unser Gesundheitswesen – also Kinderärzte, die Jugendhilfe – traumasensibler“ werden sollten. Die flächendeckende Einführung von Trauma-Ambulanzen bezeichnete der Experte als „sinnvolle Investition in die Zukunft“. Zudem bescheinigte Prof. Fegert einen erblichen Forschungsbedarf bei den Langzeitfolgen von Kindesmissbrauch. 

Vorratsdatenspeicherung fehlt

Staatsanwältin Dr. Julia Bussweiler von der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internet- und Computerkriminalität (ZIT) bemängelte die noch immer fehlende Vorratsdatenspeicherung: Sie berichtete, dass deutsche Ermittler jedes Jahr tausende Meldungen über verdächtige Chats und E-Mails aus den USA erhielten – doch bei den Providern wären die entsprechenden Daten dann längst gelöscht. Und dass, obwohl man sämtliche Informationen – einschließlich der IP-Adresse – von den Amerikanern erhalte.

Oberstaatsanwalt Thomas Goger vom Zentrum zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch im Internet (ZKI) lobte die in diesem Jahr vom Gesetzgeber eingeführte Keuschheitsprobe – dabei dürfen Ermittler (künstlich erzeugte) Bilder von Kindern und von sexualisierter Gewalt an Kindern in Chats hochladen, um den in pädokriminellen Kreisen oft üblichen „Zugangstest“ zu bestehen und auf diese Weise die Kriminellen zu täuschen. Goger forderte jedoch Überarbeitungen im Telemedienrecht, um die Verbrecher noch besser bekämpfen zu können.