NetzDG hat sich bewährt
Erste Bilanz nach fast zwei Jahren überwiegend positiv – Unionsfraktion debattiert Nachbesserungen
Knapp zwei Jahre ist das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, kurz: NetzDG, in Kraft. Anfangs wurde das Gesetz mit dem sperrigen Namen als Instrument zur Beschneidung der Meinungsfreiheit heftig kritisiert. In Zeiten zunehmender Verrohung des Diskurses im Netz wird seine Berechtigung jedoch kaum noch angezweifelt. Wie man das NetzDG verbessern und nachschärfen kann, darüber diskutierten Politiker und Experten in einem Fachgespräch der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Die Befürchtungen, dass die Meinungsfreiheit mit dem NetzDG eingeschränkt werde, seien abgeebbt, betonte die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Nadine Schön, in ihrer Einleitung. Zum großen „Overblocking“ – also der vorbeugenden Löschung von Einträgen, die in Wirklichkeit gar keine strafrechtliche Relevanz hätten - sei es nicht gekommen. Vielmehr gehe es darum, den demokratischen Diskurs und die Meinungsfreiheit in den sozialen Netzwerken zu erhalten.
Straftaten im Netz, auf digitalen Plattformen, nicht einfach hinzunehmen, sondern dagegen etwas zu tun - das sei das Ziel des #NetzDG, eröffnet @NadineSchoen unser Fachgespräch. Wir wollen bilanzieren: was läuft gut, wo müssen wir beim #NetzDG nachbessern? pic.twitter.com/d77QE3V0JR
— CDU/CSU (@cducsubt) November 28, 2019
Meinungsfreiheit gewährleisten
Auch die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker, sagte, im Bundestag herrsche recht große Einigkeit, dass das NetzDG ein notwendiges Instrument sei. „Das NetzDG schränkt die Meinungsfreiheit nicht ein, es gewährleistet sie“, unterstrich der CDU-Fachpolitiker Carsten Müller. Er bezeichnete das Gesetz als Überraschungserfolg.
Löschfristen auf den Prüfstand
Die Unionsfraktion hat bereits ein Positionspapier zur Weiterentwicklung des Gesetzes erarbeitet, auf das im Fachgespräch hingewiesen wurde. Darin werden verständlichere Meldesysteme, einheitliche Löschkriterien oder geregelte Verfahren zur Wiedereinstellung zu Unrecht gesperrter Inhalte gefordert.
In unserem Fachgespräch zum #NetzDG ziehen wir Bilanz: was läuft gut, wo gibt es noch Probleme? Dafür haben wir unseren Fraktionsvize @thorsten_frei gefragt: Wo sehen Sie strafrechtliche Verbesserungen beim Netzwerkdurchsetzungsgesetz? Im Video gibt's die Antwort! ?? pic.twitter.com/9GwdSGAgOV
— CDU/CSU (@cducsubt) November 28, 2019
Einige Forderungen aus dem Papier wurden auch von den Teilnehmern der Podien geteilt. So gehöre die Frist von 24 Stunden, innerhalb derer einer Nutzer-Beschwerde gegebenenfalls gelöscht werden müsse, auf den Prüfstand, sagte Nina Morschhäuser, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit von Twitter. In Zeiten besonderer Ereignisse reichten 24 Stunden oft nicht aus. Sie forderte unter anderem die Möglichkeit, Beschwerden nach Wichtigkeit abzustufen.
Aufgabe für die Zivilgesellschaft
Die netzpolitische Sprecherin des Vereins ichbinhier, Sonja Boddin, sagte, das Gesetz gehe in die richtige Richtung, habe aber leider keinen Durchbruch erzielt. „Das Klima in den Kommentarspalten ist immer noch erschreckend“, berichtete sie. User trauten sich teilweise nicht, an einem Diskurs teilzunehmen, weil sie befürchteten, in einem Shitstorm zu ertrinken. Problematisch sei auch, dass viele Hassreden, Beleidigungen oder Verunglimpfungen nicht strafrechtlich relevant seien. „Das muss von der Zivilgesellschaft angegangen werden“. Boddin forderte daher, verschärft auf die Ausbildung von Medienkompetenz zu achten.
Unsere stellv. Fraktionsvorsitzende @NadineSchoen ist Expertin, wenn es um digitale Themen geht. Sie wirft einen Blick auf das #NetzDG und erklärt, wo es aus ihrer Sicht noch Änderungsbedarf gibt +++ Jetzt Video anschauen: ?? #wirhandelnpic.twitter.com/9wRQk6IElr
— CDU/CSU (@cducsubt) November 28, 2019
Kompetenzgerangel bei der Aufsicht
Über Probleme bei der Kommunikation mit dem Bundesamt für Justiz berichtete der Geschäftsführer der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM), Martin Drechsler. Auch sei oft nicht klar, wie viele Stellen jeweils ein und denselben Beschwerdefall prüften, ohne voneinander zu wissen. Als „Kompetenzgerangel bei der Aufsicht“ bewertete der digitalpolitische Sprecher der Fraktion, Tankred Schipanski, den Mangel.
Wir diskutieren nicht mehr über die Frage, ob wir ein #netzDG brauchen oder nicht. Sondern wir sprechen über die weitere Ausgestaltung, so Fraktionsvize @thorsten_frei in seinem Ausblick. Müssen uns gleichermaßen fragen, wie wir es inhaltlich gut machen - und gut umsetzen. pic.twitter.com/Lpx24vFOyR
— CDU/CSU (@cducsubt) November 28, 2019
Datengrundlage zu schwach
Die wissenschaftliche Mitarbeiterin der TU München, Fabienne Marco, die sich mit der Sammlung von Daten befasst, äußerte den Wunsch, die gelöschten Einträge systematischer auswerten zu können. Dafür bedürfe es aber einer großen Datengrundlage in guter Qualität, die bislang fehle. Hinter diese Forderung stellte sich auch Carsten Müller. Wenn die Daten analysiert würden, könne das auch der Politik helfen, die richtigen Schlüsse zu ziehen.