Peter Aumer: Wir setzen ein Zeichen für das Miteinander und die Solidarität in Europa
Redebeitrag zur Revision der Europäischen Sozialcharta
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ratifizieren wir die revidierte Europäische Sozialcharta. Wir setzen damit ein Zeichen für das Miteinander und die Solidarität in Europa. Wir bekennen uns zu einem zentralen Ziel des Europäischen Rates, und zwar zu dem Ziel der Förderung sozialer Rechte und des sozialen Zusammenhalts in Europa.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Meinen Sie den Europäischen Rat oder den Europarat?)
Warum haben wir 24 Jahre gebraucht? Wenn man sich die Anträge der Linken und der AfD ansieht, dann sieht man, warum: Bei den einen haben wir hundert Prozent Ablehnung der Charta, bei den anderen hundert Prozent Zustimmung zur Charta.
(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ist doch gut! Seid doch mal konstruktiv!)
Was brauchen wir dann für eine Politik? Eine Politik von Maß und Mitte, die es nach 24 Jahren hinbekommt, diese Europäische Sozialcharta in der revidierten Form umzusetzen.
Wenn man den Antrag der Linken liest, findet man aber Zitate, dass wir in einem „unsozialen … beschäftigungsfeindlichen Status quo der hiesigen Rechtslage“ existieren in Deutschland. Da stellen sich schon Fragen. Und wenn die AfD schreibt: „Wir müssen die Sozialcharta von 1961 kündigen“, dann ist es genauso der falsche Weg. Wir wollen nichts wie die AfD.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nein! Das ist etwas völlig anderes! Damit haben wir nichts zu tun!)
– Das ist mir schon klar. Aber Sie haben Ihren Weg, der nicht unserer ist, und auch der Weg der AfD ist nicht unserer. – Wir wollen ein starkes Europa mit einem sozialen Rahmen – anders als die AfD –, und wir wollen anders als die Linken, dass in Europa auch Freiheit und Solidarität der Nationalstaaten weiterhin gewährleistet werden.
Wir ratifizieren, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese europäische Sozialcharta mit Vorbehalten; denn das entspricht unserem Verständnis von Europa. Ein Kernprinzip Europas ist das Subsidiaritätsprinzip.
(Andrej Hunko [DIE LINKE]: Das hat doch damit nichts zu tun!)
– Selbstverständlich hat das damit etwas zu tun. Das, was ein Land selber regeln kann, das soll es auch selber regeln. – Die Vorbehalte in der Sozialpolitik sind auch sehr klar. Man hat auch bei der Gründung der Europäischen Union sehr klar festgestellt, dass Sozialpolitik vor allem Politik der Nationalstaaten sein muss und auch bleiben muss, und wir können diese Charta nicht zu 100 Prozent umsetzen.
Wir haben ein einmaliges ausdifferenziertes Sozialsystem mit hohen Sozialstandards in Deutschland, und das soll auch so bleiben. Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat der erfolgreiche Weg Deutschlands auch einen Namen. Der heißt soziale Marktwirtschaft, der ist eng mit CDU und CSU verbunden. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren auch der Linken, sollten Sie bitte anerkennen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich möchte das an einem Beispiel klarmachen. Der Vorbehalt beim Recht auf Wohnen ist vorher schon einmal angesprochen worden. Wir wollen das nicht deshalb nicht aufgenommen haben, weil wir es nicht wollen, sondern unser Weg ist ein anderer. Unser Weg ist der Weg von Anreizen und von Mechanismen, die Wohnraum schaffen, die keine ideologischen Debatten in den Mittelpunkt stellen, sondern die den Menschen Wohnraum zur Verfügung stellen.
(Zaklin Nastic [DIE LINKE]: Deshalb steigen die Obdachlosenzahlen im Moment!)
Die Bundesregierung hat den Weg auch so eingeschlagen. Wenn man jetzt in den nächsten Jahren 5 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau auf den Weg bringt, bedeutet das 100 000 Wohnungen mehr in Deutschland, und das sollten Sie auch zur Kenntnis nehmen. Dies soll ab 2024 mit 1 Milliarde Euro verstetigt werden.
Wir als CSU haben das Baukindergeld auf den Weg gebracht, natürlich in der Koalition; aber es war unser Impuls. Hiermit haben 233 000 Familien in Deutschland in den letzten Jahren ein Eigenheim schaffen können, in dem man wohnen und leben kann, und das ist aus unserer Sicht der richtige Weg. Auch beim Wohngeld hat die Bundesregierung seit dem 1. Januar 2020 nicht nur die Ansprüche erhöht, sondern auch die Beträge. 11 Prozent der Haushalte in Deutschland profitieren von Wohngeld. Auch das ist ein Weg zum Recht auf Wohnen. Uns ist es wichtig, dass die Menschen wohnen können und Wohnungen haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Europa ist Vielfalt, Europa ist Einheit. Das Gesetz, das wir heute zur Ratifizierung der revidierten Europäischen Sozialcharta beschließen werden, spiegelt genau das wider: Europa in Einheit und Vielfalt. Deswegen bitten wir Sie, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)