Skip to main content

Patrick Schnieder: "Wir führen ein elektronisches Lobbyregister beim Deutschen Bundestag ein"

Lobbyregistergesetz

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Wir beschließen heute in zweiter und dritter Lesung das Lobbyregistergesetz.

(Karsten Hilse [AfD]: Das wissen Sie doch jetzt noch gar nicht!)

Ich bin sehr froh, dass wir das heute zum Abschluss bringen können. Es hat dem einen oder anderen – mir auch – zu lange gedauert. Die einen sagen: Es hat schon vor der Wahlperiode viel zu lange gedauert. Ich sage: Auch in dieser Wahlperiode hat es sich zum Schluss noch etwas verzögert. Wir hatten es nicht im Koalitionsvertrag mit der SPD vereinbart. Gleichwohl hat die Union 2019 die Initiative ergriffen, ein Lobbyregister einzuführen, und wir hätten es auch in 2020 abschließen können, wenn wir uns nicht dreimal hätten einigen müssen. Aber Ende gut, alles gut. Das Ergebnis zählt.

Worum geht es? Wir wollen Lobbyismus, Interessenvertretung regeln. Ich will vorab sagen: Interessenvertretung ist nicht per se etwas Schlechtes. Lobbyismus hat einen negativen Beigeschmack, eine negative Konnotation. Aber im Grunde ist es etwas Wichtiges und Gutes für die Demokratie. Es geht darum, dass Interessen vertreten und kenntlich gemacht werden, dass wir als Abgeordnete die Interessen kennen, über die wir dann am Ende abstimmen, dass wir Kontakt haben zur Wirtschaft, zur Zivilgesellschaft, zu NGOs, zu all den Gruppierungen, die Interessen vertreten und die bestimmte Interessen in einem Gesetzesvorhaben geltend machen. Uns geht es darum, das zu regeln und diese Interessenvertretung transparent zu machen.

Was wird geregelt? Wir führen ein elektronisches Lobbyregister beim Deutschen Bundestag ein. Es wird eine Eintragungspflicht für Interessenvertreter bestehen, bevor sie mit uns, den Abgeordneten, den Mitarbeitern oder der Fraktion, Kontakt aufnehmen. Die Registrierungspflicht gilt auch bei Kontaktaufnahme mit der Bundesregierung. Das haben wir schon im Rahmen der ersten Lesung des Gesetzentwurfes angekündigt und jetzt auch in diesen Gesetzentwurf aufgenommen.

Die anzugebenden Informationen sind sehr weit gefasst. Das will ich im Einzelnen nicht ausführen. Daran kann man sehen, in wessen Auftrag Interessen vertreten werden und mit welchem finanziellen Aufwand dort vorgegangen wird.

Wir haben im Gesetzentwurf Sanktionen vorgesehen. Wer gegen die Registrierungspflicht verstößt oder falsche Angaben macht, kann mit einem Ordnungsgeld von bis zu 50 000 Euro belegt werden.

Und es wird ein Verhaltenskodex vorgeschrieben, auf den man sich verpflichtet. Wir hatten ursprünglich vorgesehen, dass die Interessenvertreter sich selbst einen Kodex geben müssen, selbst ein Leitbild entwickeln sollen. Jetzt wird der Verhaltenskodex zwischen Bundestag, Bundesregierung und den Interessenvertretern verbindlich festgelegt. Ich glaube, damit kann man sehr gut leben.

Nun gibt es natürlich auch Kritik an dem Lobbyregister. Den einen geht es zu weit, den anderen geht es nicht weit genug. Ich will mich nur auf einige Schwerpunkte beziehen. Zum einen ist die Rede davon, wir hätten zu viele Ausnahmen geschaffen. Dazu will ich zunächst einmal sagen: Allein die Anzahl der Ausnahmen sagt noch nichts darüber aus, wer wirklich am Ende ausgenommen worden ist. Es gibt aber eine Reihe von verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen, denen wir gerecht werden müssen. Das ist Artikel 4 Grundgesetz, soweit es um Kirchen und Religionsgemeinschaften geht, das ist Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz – Koalitionsfreiheit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das ist das Petitionsrecht, und es sind andere Dinge, auf die ich im Einzelnen nicht eingehen will. In Bezug auf Artikel 4 und Artikel 9 will ich zumindest ausführen, dass es vorbehaltlos garantierte Grundrechte sind und dass deshalb zum Beispiel das Grundrecht auf Religionsausübung sehr, sehr weit reicht. Das Bundesverfassungsgericht sagt, dass auch die Tätigkeiten, die Kirchen zum Beispiel als Arbeitgeber ausüben – sei es die Caritas, die Diakonie oder andere –, davon erfasst sind. Das kann man kritisieren, das muss man auch nicht für richtig halten, aber das sind die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen wir uns bewegen.

Dann wird zum Teil Kontakttransparenz gefordert. Dazu sage ich ganz klar: Gegenüber Abgeordneten kann es das nicht geben. Auch da gibt es verfassungsrechtliche Grenzen. Das freie Mandat verbietet so etwas in meinen Augen. Wir wollen aber auch keine Hürden aufbauen für einen Kontakt zwischen Abgeordneten und Zivilgesellschaft, Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen. Deshalb kann es dort nie – das halte ich auch rechtlich nicht für zulässig – zu einer Offenbarungspflicht hinsichtlich Termin, Gegenstand und Gesprächspartner kommen.

Dann geht es noch um den exekutiven Fußabdruck, den wir im Gesetz nicht vorgesehen haben. Dazu kann ich nur sagen: Es gibt einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Die Bundesregierung hat eine Geschäftsordnungsautonomie. Sie kann alles, was im Rahmen eines exekutiven Fußabdrucks gefordert ist, machen, aber sie muss es selbst machen, und zwar in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien. In diesem Gesetz ist dafür kein Platz.

Deshalb sage ich hier als Fazit: Es ist ein gutes Lobbyregistergesetz, das wir hier machen. Ich bin froh, dass wir das heute verabschieden können. Es ist ein Fortschritt im Bereich der Transparenz. Deshalb danke ich allen, die daran mitgewirkt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Matthias Bartke [SPD])