Nadine Schön: Jeder Euro muss dazu beitragen, dass die Qualität in den Kindertageseinrichtungen besser wird
Rede zur Weiterentwicklung und Teilhabe in der Kindertagesbetreuung
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Legislaturperiode steht im Zeichen der Familien. Wir haben gerade letzte Woche die Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibetrag auf den Weg gebracht. Seit vier Wochen ist das Portal freigeschaltet, mit dem man das Baukindergeld beantragen kann,
(Grigorios Aggelidis [FDP]: Das Familien selber bezahlen dürfen!)
und heute bringen wir das Gute-Kita-Gesetz auf den Weg.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Worum geht es? Eltern wollen, dass ihre Kinder, wenn sie in die Krippe oder auch in den Kindergarten gehen, gut betreut sind. Ein Satz in Richtung AfD – ich glaube, die Rede von Herrn Reichardt spricht für sich; dazu brauche ich gar nicht viel zu sagen –: Es gibt keine Vorschreiberei. Alle Eltern in Deutschland können selbst entscheiden, ob sie ihre Kinder in eine Betreuung geben, in eine Krippe geben, ob sie sie mit einem Jahr in eine Krippe geben, mit zwei, mit drei, mit vier oder mit fünf Jahren; das steht allen Eltern frei. Deshalb ist Ihre Behauptung, dass wir da irgendwas gängeln oder vorschreiben, falsch. Ich glaube, die Eltern in Deutschland wissen ganz gut, was sie von der Politik erwarten und wie sie ihr Leben selbst gestalten. Sie brauchen da gar keine Hinweise von politischen Parteien.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Unser politisches Ziel muss doch sein, dass die Kinder, die im Kindergarten sind – gerade in den letzten Jahren vor der Einschulung sind fast alle Kinder im Kindergarten –, dort auch gut betreut werden. Wenn ich als Mutter morgens meinem Kind den Abschiedskuss gebe, dann will ich auch, dass mein Kind dort gut, liebevoll betreut ist, dass es Erzieherinnen und Erzieher gibt, die Zeit haben für das einzelne Kind und seine Förderung, für gesunde Ernährung, für Bewegung, Zeit zum Lachen, zum Trösten, für all das, was Kinder brauchen.
Wir wissen, dass Erzieherinnen und Erzieher einen tollen Job machen, um Eltern und Kindern genau das zu ermöglichen.
(Zuruf von der FDP: Deswegen machen Sie es ihnen schwerer!)
Wir wissen aber auch, wie oft es am Nötigen fehlt, etwa wenn zwei Erzieherinnen oder Erzieher oft für 25 Kinder zuständig sind. Wir wissen, dass oft zu wenig Zeit da ist für Extras, um hinauszugehen, um den Kindern ein spezielles Förderangebot zu machen, die es nicht so leicht haben. Das wollen wir ändern, und dabei unterstützen wir von Bundesseite in den nächsten Jahren Länder und Kommunen mit 5,5 Milliarden Euro; das sind 5 500 Millionen Euro.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Uns als Union sind dabei drei Punkte wichtig. Erster Punkt: Wahlfreiheit, Vielfalt und Subsidiarität. Zweiter Punkt: Es muss ein Plus sein. Dritter Punkt: Wo „Gute Kita“ draufsteht, muss auch gute Kita drin sein.
Der erste Punkt – Wahlfreiheit, Vielfalt und Subsidiarität –: Jedes Land ist anders. Wir wissen: Wir haben in den 16 Ländern und erst recht in den Kommunen ganz unterschiedliche Situationen. Die einen haben ziemlich geringe Personalschlüssel; andere haben Probleme, Erziehernachwuchs zu finden. Wieder andere würden gerne in den Einrichtungen mehr für Kinderschutz tun. Andere haben immens hohe Elternbeiträge. Es muss möglich sein, dass die Länder das Geld, das wir als Bund geben, dort investieren, wo es am nötigsten ist. Das heißt, es wird mit jedem einzelnen Land eine individuelle Vereinbarung geben, und jedes Land kann seine eigenen Schwerpunkte setzen, und das ist richtig.
Ich sage aber auch: Die Vielfalt, die wir bei der Qualität wollen, muss es auch beim Thema Beiträge geben. Deshalb kann ich es nachvollziehen, dass Länder Kritik daran äußern, dass der Bund ihnen nun vorschreiben will, wie sie die Gebühren zu staffeln haben. Als Union sind wir der Meinung, dass es auch in Ländern und Kommunen sehr verantwortungsvolle Politiker gibt, und wir trauen jedem Land und jeder Kommune zu, dass sie hier gute und sozialverträgliche Modelle finden. Deshalb gilt auch hier: Subsidiarität ist ein wichtiger Grundsatz unserer Politik.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Was die kleine Ebene regeln kann, braucht die große nicht zu regeln. Deshalb trauen wir Ländern und Kommunen zu, dass sie die Gebühren staffeln, so wie es für ihre Situation am besten ist. Vielfalt statt Vorschreiberei, die Länder entscheiden selbst, wie sie das Geld einsetzen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Der zweite Punkt. Die Gelder müssen einen Mehrwert haben, ein echtes Plus sein. Leider haben wir in der Vergangenheit viel zu oft erlebt, dass wir als Bund Geld geben und dass das irgendwo in den Länderhaushalten versickert und nicht dem Zweck, den wir intendiert haben, zugutekommt. Genau das darf hier nicht passieren. Jeder Euro Bundesgeld, der in die Länder fließt, muss bei den Kindern ankommen. Jeder Euro muss dazu beitragen, dass die Qualität in den Kindertageseinrichtungen besser wird oder die Eltern entlastet werden. Deshalb braucht es Transparenz. Die Länder müssen genau sagen, was sie mit den Bundesgeldern machen werden. Wir wollen einen echten Entwicklungsprozess erkennen, und darauf werden wir achten. Deshalb ist es richtig, dass es Transparenz gibt, dass es ein Monitoring gibt und dass es regelmäßige Fortschrittsberichte der Länder gibt. Es ist richtig, dass vergleichbare Kriterien erarbeitet werden und dass die Länder anhand dieser Kriterien berichten, wie ihre Fortschritte sind.
Für die Union sage ich aber auch: Wir dürfen da keinen Bürokratismus betreiben. Die Länder haben in ihrer Stellungnahme Kritik geäußert und bezweifelt, dass wir wirklich einen jährlichen Mehraufwand von 7 Millionen Euro für eine Servicestelle plus Personalaufwuchs in der Bundesverwaltung brauchen. Das werden wir uns genau ansehen. Wir wollen keinen Bürokratismus; aber wir wollen vergleichbare Kriterien. Wir wollen die Länder begleiten und unterstützen, aber wir wollen ihnen nichts überstülpen. Deshalb soll tatsächlich so viel Geld wie möglich bei den Kindern ankommen; so wenig Geld wie möglich soll in irgendwelchen Strukturen versickern. Das versprechen wir, und darauf werden wir in den Gesetzesberatungen einen Schwerpunkt legen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Der dritte Punkt. Da, wo „Gute Kita“ draufsteht, muss auch gute Kita drin sein. Wir sehen es ja: In den unterschiedlichen Ländern fangen die Diskussionen schon an: Wo investieren wir denn dieses Geld? Es soll Länder geben, die das ganze Geld für eine Gebührenbefreiung einsetzen wollen. Ich sage: Das kann jedes Land selbst entscheiden. Aber unter sozialpolitischen Gesichtspunkten sage ich auch: Es kann ja nicht sein, dass ein Unternehmerehepaar den Kindergarten für umme hat, keinen Cent für die Betreuung seines Kindes zahlt, sich davon den nächsten Urlaub finanziert, und auf der anderen Seite kein Geld da ist, um Kinder, die es nicht so gut haben, individuell zu fördern. Das kann in unseren Augen nicht sein.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir sind der Meinung: In jedem der 16 Bundesländer tut es not, dass Geld tatsächlich in die Qualitätsverbesserung fließt: in bessere Betreuungsschlüssel, in mehr Sprachförderung, in die individuelle Förderung der Kinder. Deshalb werden wir sehr darauf achten, dass dort, wo „Gute Kita“ draufsteht, auch gute Kita drin ist, dass tatsächlich jedes Kind etwas davon hat, das in einer Betreuungseinrichtung oder auch bei Tageseltern – auch diese Betreuungsform umfasst das Gesetz – betreut wird.
(Beifall bei der CDU/CSU)
5 500 Millionen Euro für unsere Kinder: Als Union werden wir darauf achten, dass dieses Geld wirklich bei den Kindern ankommt. Ich freue mich, dass wir dieses wichtige Vorhaben jetzt gemeinsam angehen. Ich freue mich auf die Gesetzesberatungen. Ich verspreche: Wir werden uns Mühe geben, ein gutes, auch ein verfassungsgemäßes Gesetz auf den Weg zu bringen
(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Oh ja! Sehr gut!)
und dass das Ganze bei den Kindern ankommt. Ich freue mich auf die Beratungen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)