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Nadine Schön: Beide Elternteile müssen die Möglichkeit haben, sich Zeit für die Familie zu nehmen

Auswirkungen der Regelungen zum Elterngeld Plus und zum Partnerschaftsbonus sowie zur Elternzeit

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 29. Juni 2006 hat die damalige Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen von einem „historischen Moment“ gesprochen. Das war nämlich der Tag, an dem dieses Hohe Haus mit den Stimmen der Großen Koalition das Elterngeld eingeführt hat, das dann zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten ist, sozusagen die große Schwester des Elterngelds Plus, über das wir heute debattieren.

Der Tag war deshalb historisch, weil es damit möglich wurde, dass sich Eltern im ersten Jahr nach der Geburt eines Kindes eine Auszeit nehmen, die mit staatlicher Unterstützung finanziell so gut unterlegt ist, dass man sich die Auszeit auch leisten kann. Damit sollte Menschen auch Mut gemacht werden, sich für ein Kind zu entscheiden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es war auch deshalb historisch, weil zum ersten Mal die Väter in den Blickpunkt der Familienpolitik gerückt worden sind. Vätern sollte der Rücken gestärkt werden, wenn sie sich zusätzlich zur Elternzeit ihrer Partnerinnen für die Familie engagieren. Dafür wurden die Partnermonate geschaffen. Damit wurde auch eine kleine Revolution in unserem Land in Gang gesetzt.

Wenn man sich jetzt die Leistung anschaut, dann sieht man, dass diese Ziele alle erreicht wurden. Das Elterngeld ist eine der beliebtesten familienpolitischen Leistungen. Es ermöglicht den Eltern, zu sagen: Wir haben Zeit für die Familie, gerade in diesem wichtigen ersten Jahr. Auch die Männer sagen: Wir werden nicht mehr schief angeschaut, wenn wir im Unternehmen sagen: Ich bleibe einige Monate zu Hause, um Zeit mit der Familie zu verbringen. – Wenn man in die Betriebe schaut, dann sieht man, dass dadurch in den Unternehmen schon ein kleiner Kulturwandel begonnen hat. Das Elterngeld ist also eine wahre Erfolgsgeschichte. Ich habe den Eindruck, dass das heute auch die Fraktionen der FDP, der Grünen und der Linken so sehen. Das ist schön; denn damals haben sie leider gegen die Einführung des Elterngeldes gestimmt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist ein Kernelement christdemokratischer Familienpolitik, Familien nicht vorzuschreiben, wie sie zu leben haben. Wir wollen eine große Vielfalt familienpolitischer Modelle unterstützen. Wir wollen, dass sich Familien die Konstellation aussuchen können, die für sie am besten ist. Wahlfreiheit ist ein ganz wichtiges Element christdemokratischer Familienpolitik.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb haben wir schon sehr früh darüber nachgedacht, dieses wichtige Instrument des Elterngeldes noch weiter zu flexibilisieren, es noch attraktiver zu machen für die unterschiedlichsten Modelle.

Ursula von der Leyen hat bereits 2009 über das sogenannte Teilelterngeld nachgedacht. Das haben wir 2015 in der Großen Koalition mit den Sozialdemokraten als Elterngeld Plus eingeführt. Die Grundidee des Teilelterngeldes ist, dass man über einen Zeitraum von 24 Monaten Elterngeld beziehen kann, wenn man in Teilzeit tätig ist. Dadurch hat man mehr Flexibilität und Spielraum, den Familienalltag zu gestalten. Diesen Grundgedanken des Teilelterngeldes haben wir aufgenommen und das Elterngeld Plus – verstärkt durch die Komponente der Partnermonate – eingeführt.

Auch das Elterngeld Plus – die Familienministerin hat es gesagt – ist ein absolutes Erfolgsmodell. Die Paare sind mit dieser familienpolitischen Leistung sehr zufrieden. Sie ermöglicht ihnen, zu sagen: Wir haben Zeit für Familie, wir haben eine finanzielle Absicherung; und auch die Väter haben mehr Möglichkeiten, sich für die Familie zu engagieren. Ich will zitieren aus den Aussagen der Eltern im Rahmen einer Umfrage zu diesem Thema. Da sagt etwa ein Schlosser, ein Angestellter: Wichtig finde ich das Elterngeld natürlich wegen des Geldes, aber auch, weil ich das Gefühl habe, dass meine bisherige Arbeitsleistung irgendwie vom Staat wertgeschätzt wird. – Ein weiterer Angestellter sagt: Besonders wichtig ist für uns das Elterngeld, weil es uns ermöglicht, Zeit mit unserem Baby zu verbringen. Das ist wirklich eine enorme Leistung; denn Zeit ist ein hohes Gut. Das merken wir jetzt besonders. – Jeder, der diese Erfahrung gemacht hat, wird das bestätigen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Diesen positiven Bewertungen des Elterngeldes und des Elterngelds Plus schließen wir uns als Unionsfraktion explizit an. Das Elterngeld Plus ist gut, weil es der Vielfalt der Familien gerecht wird, weil es die Wahlfreiheit stärkt, weil es flexibel ist und Eltern dabei unterstützt, Zeit für Familie zu haben und Beruf Familie und optimal vereinbaren zu können.

Durch diese Leistung – ich habe es gesagt – hat sich vieles in unserem Land verändert; aber wir alle wissen, dass wir hier noch nicht am Ende angekommen sind. Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag erneut mit den Sozialdemokraten ein ganzes Familienpaket vereinbart. Ich denke, das ist die größte familienpolitische Entlastung, die wir in unserem Land jemals hatten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Mit Blick auf all die Maßnahmen, die wir für die nächsten vier Jahre geplant haben, kann ich nur sagen, dass der Parteitag der CDU am kommenden Montag und die Mitglieder der SPD eine hohe Verantwortung haben. Sie müssen sich nämlich die Frage stellen: Wollen wir diese große Entlastung für Familien in den nächsten vier Jahren ermöglichen, oder wollen wir das nicht? Im Sinne unserer Familien kann ich nur sagen: Alle, die hier mit­entscheiden, haben eine große Verantwortung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir wollen die Familien unterstützen und entlasten, und sie sollen in den nächsten vier Jahren ein Schwerpunkt unserer Arbeit sein. Dafür stehen wir mit dem Koalitionsvertrag, den wir in den letzten Wochen ausgehandelt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Ich will nur stichwortartig die vereinbarten Maßnahmen nennen; denn ich habe den Eindruck, viele davon sind noch gar nicht bekannt.

Wir haben eine Kindergelderhöhung um 25 Euro in den kommenden drei Jahren vereinbart; das ist die höchste Kindergelderhöhung, die wir jemals hatten.

Wir wollen den Restanspruch für einen Ganztagsplatz im Grundschulbereich.

(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Wir unterstützen weiterhin beim Ausbau, bei der Qualität und bei der Beitragsreduzierung im Bereich der Kitas.

Wir steigen in die Unterstützung von haushaltsnahen Dienstleistungen ein. Denn wir alle wissen, dass die Hausarbeit der Zeitfresser schlechthin für Familien ist. Auch hier wollen wir als Staat besser unterstützen, als wir das bisher gemacht haben.

(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Wir haben – ein Punkt, der den Sozialdemokraten wichtig war – die Einführung eines Rückkehrrechts von Teilzeit auf Vollzeit vereinbart, was ebenfalls Flexibilität ermöglicht.

Als öffentlicher Dienst werden wir das Thema „Teilzeit in Führungspositionen“ in Angriff nehmen.

(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Denn der große Skandal in den Unternehmen und auch im öffentlichen Dienst ist doch, dass, wenn man Teilzeit wählt, die Karriere oft vorbei ist. Das ist auch der Grund, weshalb gerade Väter es scheuen, sich mehr Zeit für Familie zu nehmen, über längere Strecken aus dem Beruf auszusteigen oder Teilzeit zu arbeiten; denn sie haben Angst, dann von der Karriereentwicklung abgeschnitten zu sein. Das ist etwas, was wir uns im Jahre 2018 in diesem Land einfach nicht mehr leisten können,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

weil wir die Väter in der Erziehung brauchen und weil die Unternehmen es sich gar nicht leisten können, auf die vielen Mütter zu verzichten, die vor der Entscheidung zwischen Beruf und Familie stehen und sich bisher größtenteils für die Familie entscheiden. Das darf es ab dem Jahr 2018 nicht mehr geben. Beide Elternteile, Mütter und Väter, müssen die Möglichkeit haben, sich Zeit für Familie zu nehmen, eine Auszeit vom Beruf zu nehmen oder Teilzeit zu arbeiten, auch mal zurückzustehen und trotzdem, später oder parallel, Karriere zu machen, weiterzukommen in ihrem Beruf. Wir brauchen die Kompetenzen dieser Väter und Mütter für unsere Wirtschaft.

Dafür setzen wir uns ein, und dabei ist das Elterngeld Plus eine wichtige Maßnahme von vielen. Wir freuen uns auf die – hoffentlich – nächsten vier Jahre, in denen wir diese erfolgreiche Familienpolitik fortführen können.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)