Skip to main content
(Quelle: Tobias Koch)

Merkel warnt vor Rückschlag

Regierungserklärung im Bundestag zur Corona-Krise

In ihrer Regierungserklärung vor dem Bundestag bereitete Bundeskanzlerin Angela Merkel die Deutschen auf eine lange Dauer der Corona-Pandemie vor und betonte die Solidarität mit den EU-Partnern.

Die Bundeskanzlerin warnte dabei eindringlich vor einer vorschnellen Lockerung der pandemiebedingten Kontaktsperre. „Wir werden noch lange mit diesem Virus leben müssen“, sagte die Kanzlerin. „Lassen Sie uns das Erreichte nicht verspielen und einen Rückschlag riskieren!“ 

„Diese Pandemie ist eine demokratische Zumutung“

Angesichts der vielfältigen Einschränkungen existenzieller Bedürfnisse der Menschen sagte die Bundeskanzlerin: „Diese Pandemie ist eine demokratische Zumutung.“ Die Maßnahmen seien nur akzeptabel und erträglich, wenn die Gründe transparent und nachvollziehbar seien. In erster Linie komme es darauf an, das Gesundheitssystem nicht zu überfordern. Bisher halte es noch der Bewährungsprobe stand, doch der Zwischenerfolg bei der Verlangsamung der Infektionsgeschwindigkeit sei „zerbrechlich“. 

Deutschland noch lange nicht über den Berg

„Wir bewegen uns auf dünnstem Eis“, sagte Merkel. Deutschland sei noch lange nicht über den Berg. Deshalb dürfe man sich „nicht zu schnell in falscher Sicherheit wiegen“. Von den Menschen forderte sie weiterhin Ausdauer und Disziplin bei der Einhaltung der Kontaktbeschränkungen, von den Bundesländern Zurückhaltung bei Lockerungen. Sie sehe es als ihre Pflicht an zu mahnen, betonte Merkel, denn: „Es wäre jammerschade, wenn uns die voreilige Hoffnung am Ende bestraft.“

Ralph Brinkhaus
Ralph Brinkhaus während seiner Rede im Plenum (Foto: Tobias Koch)

Die Schwachen schützen

Auch der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ralph Brinkhaus, stellte die Verantwortung der Politik für die Gesundheit der Menschen in den Mittelpunkt. Man könne vieles korrigieren, sagte er: „Was wir nicht korrigieren können, ist der Verlust eines Menschenlebens.“ Forderungen nach einem Ende der persönlichen Einschränkungen widersprach er: Es sei „zu eindimensional, das große Lied der individuellen Freiheit zu singen“. Man müsse auch an die Schwachen denken, die angesichts der Gefahren, die von dem Virus ausgehen, ihre Freiheit nicht wahrnehmen könnten. Sie gelte es zu schützen, indem man sich selbst zurückhalte. 

„Maß und Mitte nicht verlieren“

Das Ausmaß der wirtschaftlichen Einbußen, die die Corona-Pandemie mit sich bringen wird, lässt sich noch nicht seriös beziffern. Der Bundestag hat bereits zahlreiche Rettungsschirme für die Wirtschaft, das Gesundheitssystem und die Familien aufgespannt und plant weitere Hilfsmaßnahmen. Brinkhaus erinnerte daran, dass sie irgendwann bezahlt werden müssen. Daher dürfe man „nicht Maß und Mitte verlieren“. Für die Unionsfraktion betonte er: „Wir verstehen uns als Hüter der fiskalischen Solidität auch in Zeiten der Krise.“ Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg, pflichtete ihm bei. Niemand könne davon ausgehen, dass die Einnahmesituation des Bundes nach Corona so sein werde wie zuvor. 

Wiederaufbaufonds für Europa 

Merkel und Brinkhaus erklärten sich zutiefst solidarisch mit den EU-Ländern, die von der Coronavirus-Pandemie besonders betroffen sind. Der Europäische Rat wollte in einer Videokonferenz am Donnerstagnachmittag ein Hilfspaket über 500 Milliarden Euro beschließen, das den betroffenen Staaten, den notleidenden Unternehmen und den Kurzarbeitern zugutekommen soll. Außerdem ist ein Wiederaufbaufonds für die Zeit nach Abebben der Pandemie geplant. 

Innovationspaket gefordert

Details und Umfang dieses Fonds seien noch nicht klar, sagte die Kanzlerin. Doch müsse man bereit sein, „im Geiste der Solidarität deutlich höhere Beiträge zum europäischen Haushalt zu leisten, denn wir wollen, dass sich alle wieder erholen können“. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte in dem Zusammenhang ein „Innovationspaket“ für Europa. „Wir wollen nicht nur glimpflich aus der Krise herauskommen, sondern runderneuert“, sagte er mit Blick auf die Digitalisierung und andere innovative Branchen.

Europa muss unabhängiger werden

Auch Unionsfraktionsvize Katja Leikert forderte eine nachhaltige Ausgestaltung der Wirtschaft nach der Krise, eine Umrüstung auf zukunftsorientierte Technologien. Sie hob den europäischen „Green Deal“ als Mittel im Kampf gegen die Klimakrise hervor. Wie Dobrindt sprach sie sich dafür aus, dass Deutschland und die EU in der Produktion wieder unabhängiger von anderen Weltregionen werde. Dobrindt bezeichnete dies als „Souveränitätsoffensive“.