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Marc Biadacz: "Digitalisierung und die Start-ups in die Diskussion aufnehmen"

Rede zur Betrieblichen Mitbestimmung

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Als ich gestern Ihren Antrag, liebe Linke, gelesen habe, habe ich mir erst mal Ludwig Erhard zur Hand genommen und gesagt: Ich muss einmal wieder seine Ausführungen zur sozialen Marktwirtschaft durchlesen. Und, meine Damen und Herren, was habe ich darin gelesen? Der Mensch steht im Mittelpunkt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Carl-Julius Cronenberg [FDP]: So ist es!)

Diesen Grundgedanken gab es auch 100 Jahre zuvor im Betriebsrätegesetz: Der Mensch steht im Mittelpunkt. – Auf diese Errungenschaft können wir hier in diesem Hohen Haus zu Recht stolz sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sehr geehrte Fraktion Die Linke, was aber schreiben Sie?

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Nur gute Sachen!)

Sie schreiben von – ich zitiere – „unter Druck setzen“, von Einschüchterung, von „undemokratischen Arbeitgebern“ und davon, dass es regelrecht gefährlich ist, sich für die Demokratie in Betrieben einzusetzen.

(Zurufe von der LINKEN)

Was für ein Bild vermitteln Sie hier? Die Arbeitswelt, die Sie hier andeuten, zeigt uns: Das ist Schwarzmalerei, das ist nichts anderes als die Dämonisierung der Arbeitgeber. So einfach ist die Welt nicht. Das ist nicht unser Leitbild, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Aber die gesellschaftliche Realität!)

Wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion sehen Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Team. Die Interessen des Arbeitgebers können doch nur davon geleitet sein, motivierte, gute Mitarbeiter zu haben, die das Unternehmen dann auch erfolgreich machen.

Aber folgen wir mal der Logik Ihres Antrags. Danach würde es in Deutschland gar keine Betriebsräte geben, weil die Menschen Angst haben, sich für ihre Anliegen einzusetzen. Ist so die Realität, meine Damen und Herren? Nein. 41 Prozent der Beschäftigten arbeiten in Betrieben mit einem Betriebsrat.

(Ulli Nissen [SPD]: Viel zu wenig!)

In Großunternehmen ist der Betriebsrat Standard. Ja, in kleineren Unternehmen sieht die Zahl etwas ernüchternd aus. Nichtsdestotrotz: In 18 Prozent aller Betriebe, wo kein Betriebsrat besteht, bestehen andere Vertretungsorgane: Mitarbeitervertretungen, Belegschaftssprecher oder runde Tische.

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Herr Biadacz, gestatten Sie eine Zwischenfrage vonseiten der Linken?

 

Marc Biadacz (CDU/CSU):

Sehr gerne.

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Bitte sehr.

(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Heinz Erhardt kommt jetzt!)

 

Jutta Krellmann (DIE LINKE):

Also, Sie sehen: Ich bin nicht Heinz Erhardt.

(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Wahrhaftig nicht! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Aber ich wollte Sie gerne fragen: Haben Sie bei meiner Rede zugehört? Ich habe nämlich gesagt: Mit den Arbeitgebern, die sich so verhalten, muss etwas gemacht werden. Ich habe nicht davon gesprochen, dass ich der Meinung bin, dass alle Arbeitgeber sich so verhalten. Aber mit den Arbeitgebern, die sich so verhalten, muss man reden und die muss man bestrafen. Das ist doch richtig; denn die machen im Grunde Demokratie zu einem Wildwuchs. Das geht doch gar nicht. Also müssten Sie dafür eintreten und sagen: Wir möchten gerne, dass dort Demokratie Einzug hält.

Ich frage Sie: Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass der größte Teil der Beschäftigten hier in Deutschland überhaupt keine Betriebsräte hat, dass die Anzahl der Betriebsräte gesunken ist? Was sind denn bitte schön Ihre Vorschläge, damit sich das ändert? Und bitte nach vorne und nicht nach hinten gerichtete Vorschläge!

(Beifall bei der LINKEN)

 

Marc Biadacz (CDU/CSU):

Vielen Dank für die Anmerkung. – Nur, wenn ich mir Ihren Antrag anschaue, stelle ich fest: eine Seite und nur Schwarzmalerei.

(Beifall des Abg. Torbjörn Kartes [CDU/CSU])

Ich wollte hier einfach noch mal zeigen, dass die Arbeitswelt auch anders aussehen kann. Ich glaube, das muss in diesem Haus auch diskutiert werden, und dann können wir auch über die vorhandenen Missstände reden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])

Meine Damen und Herren, weil ich gerade Ihren Antrag angesprochen habe – es ist ja nur eine Seite –: Ich würde Ihnen gerne die zweite Seite füllen wollen für Ihren nächsten Antrag. Lassen Sie uns auch darüber reden, wie sich die Arbeitswelt und unsere Lebenswelt verändern im Zuge der Digitalisierung. Wir werden andere Formen haben, die zeigen, wie wir mit Betriebsräten, wie wir mit Mitbestimmung gerade in Start-ups, in jungen, innovativen Unternehmen umgehen müssen. Darauf sollten wir hier einen Blick werfen. Ich komme selber aus einem Start-up. Ich habe, bevor ich in den Deutschen Bundestag gewählt worden bin, in einem Start-up gearbeitet. Dort wird es andere Formen geben,

(Gabriele Katzmarek [SPD]: Garantiert nicht!)

und deswegen müssen wir das Betriebsverfassungsrecht anpassen und schauen, wie wir diesen Unternehmen gerecht werden können, damit eben auch dort Mitbestimmung mit Flexibilität einhergehen kann.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das würde mich jetzt mal interessieren, wie das aussehen soll!)

Deswegen, meine Damen und Herren, lassen Sie uns diese zweite Seite angehen und nicht nach hinten, sondern nach vorne schauen. Denn die Transformation der Arbeitswelt wird zu Veränderungen führen, und wir dürfen hier den Blick nicht abwenden.

Lassen Sie mich am Schluss noch eines sagen: Wenn wir nicht versuchen, die Digitalisierung und die Start-ups in diese Diskussion aufzunehmen, dann verlieren wir die Innovationskraft in Deutschland; denn in den Start-ups werden eine neue Kultur und eben auch neue Arbeitsformen entstehen. Darum sollten wir uns gemeinsam die schwarzen Schafe anschauen, aber niemanden als Dämon darstellen, auch nicht die Arbeitgeber. Wenn wir das hinbekommen, dann werden wir mit der Digitalisierung in Deutschland die Mitbestimmung in Unternehmen, in Start-ups innovativ, flexibel und in die Zukunft gerichtet gestalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Pascal Kober [FDP]: Vernünftige Rede!)