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Organspendeausweis
(Quelle: pictureAlliance/imageBroker)

„Organspende ist ein Geschenk“

Spendenbereitschaft erhöhen - Orientierungsdebatte im Bundestag

Die Zahlen klaffen auseinander: Über 10.000 Menschen warten in Deutschland auf ein Spenderorgan. Aber trotz grundsätzlich hoher Spendenbereitschaft in der Bevölkerung konnten im vergangenen Jahr in weniger als 800 Fällen gespendete Organe transplantiert werden. In einer Orientierungsdebatte des Bundestages am Mittwoch rangen Abgeordnete um den richtigen Weg, die Spendenbereitschaft zu erhöhen. 

Zustimmungs- oder Widerspruchslösung

Auf der einen Seite standen fraktionsübergreifend diejenigen, die an der bestehenden Zustimmungslösung festhalten wollen. Sie besagt, dass potenzielle Spender einer Organentnahme nach dem Hirntod ausdrücklich zustimmen sollten. Auf der anderen Seite standen diejnigen, die eine sogenannte doppelte Widerspruchslösung favorisieren. Danach sollen Menschen automatisch Organspender sein können, wenn sie nicht von sich aus widersprechen. Nach ihrem Ableben müssten sich ihre Angehörigen an den mutmaßlichen Willen des Verstorbenen halten.

„Das Selbstbestimmungsrecht nicht auf ein Veto reduzieren“

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag, sprach sich für die bewusste Zustimmung jedes Einzelnen aus: „Der freiheitliche Staat darf keine Entscheidungspflichten schaffen.“  Das Selbstbestimmungsrecht des Menschen dürfe nicht auf ein nachträgliches Veto reduziert werden. Es gelte, auf anderen Wegen die Spendenbereitschaft zu erhöhen, etwa über bessere Aufklärung und Beratung. Maag zweifelte auch daran, dass die mangelnde Spendenbereitschaft das Hauptproblem sei. Der Schlüssel liege bei den Kliniken, denen es an Zeit und Geld fehle. Sie regte auch die Schaffung eines Spenderregisters an.

Rahmenbedingungen für Transplantationen verbessern 

Einen Gesetzentwurf, der die Rahmenbedingungen für Transplantationen verbessert, hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bereits vorgelegt. Er plädierte in der Debatte gleichwohl für die Widerspruchslösung. „Das Nein aussprechen zu müssen ist angesichts von zehntausenden Wartenden zumutbar“, sagte der CDU-Politiker. In einer freien Gesellschaft könne man von jedem Einzelnen erwarten, dass er sich Gedanken über ein so elementares Thema mache. Spahn wies darauf hin, dass allein die Debatte über die Widerspruchslösung bei den Bürgern das Bewusstsein für die Spendenproblematik geschärft habe. In den vergangenen Wochen sei die Zahl der Organspender in die Höhe gegangen. 

Freiwilligkeit und Zustimmung unerlässlich 

Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Hermann Gröhe zeigte sich überzeugt, dass die Spendenbereitschaft in der Bevölkerung ohnehin hoch sei. Nun gehe es darum, dies auch in tatsächliche Organspenden umzusetzen. Daher müsse unter anderem die Art der Abfrage verbessert werden. Letztlich bleibe die Entscheidung aber dem Einzelnen selbst überlassen: „Eine Organspende ist ein Geschenk aus Liebe zum Leben. Das setzt Freiwilligkeit und Zustimmung voraus.“

Organspende als Akt der Nächstenliebe

Der Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein verwies darauf, dass die „Kirchen von der Organspende als einem Akt der Nächstenliebe“ sprechen. Insofern müsse die Spendenbereitschaft als „Normalfall“ definiert werden. Nüßlein warb für eine schnelle Neuregelung statt eines langwierigen Prozesses der kleinen Schritte. Die Patienten, die auf ein Spenderorgan warteten, hätten „keine Zeit zu verlieren“. 

Die Integrität des Körpers wahren

Als ethisch bedenklich und unvereinbar mit unseren Werten bezeichnete der CSU-Politiker Stephan Pilsinger die doppelte Widerspruchslösung. Man dürfe nicht zulassen, dass die Integrität des Körpers in Frage gestellt würde. Außerdem sei es unzumutbar, dass die Angehörigen in einer emotionalen Extremsituation - beispielsweise im Falle eines Unfalltodes - zur Freigabe der Organe des Verstorbenen genötigt würden. Pilsinger sprach sich dafür aus, die Bürger bei einer einheitlichen Gelegenheit – etwa der Ausstellung eines neuen Personalausweises – nach ihrer Haltung zu befragen und ihren Willen zu dokumentieren.