Skip to main content

Dr. Anja Weisgerber: Wir haben sehr ehrgeizige Klimaziele

Rede zur Klimakonferenz in Bonn - Ausstieg aus der Kohle

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Von der Weltklimakonferenz in Bonn ging letzte Woche ein positives Signal aus, und Deutschland war ein guter Gastgeber. Wichtig ist, dass man vorangekommen ist bei der Erstellung eines Regelwerkes, das die Klimabeiträge der einzelnen Vertragsstaaten vergleichbar und transparent machen soll.

Wir haben uns in Bonn mit vielen Delegationen vieler anderer Vertragsstaaten getroffen. Meine Wahrnehmung war, dass Deutschland in Bonn immer wieder Lob und Anerkennung für den Mut erhalten hat, dass wir als wichtige Wirtschafts- und Industrienation den Ausstieg aus der Kernkraft vollziehen. Die German Energiewende war dort noch immer in aller Munde und wird geachtet; und das ist gut so, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Wir haben sehr ehrgeizige Klimaziele; das muss man vorneweg auch einmal sagen. Bis 2020 wollen wir bei uns die Treibhausgase um 40 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 reduzieren, bis 2050 sogar um 80 bis 95 Prozent. Dafür haben wir detaillierte Aktionsprogramme zum Klimaschutz, zur Energieeffizienz und einen Klimaschutzplan mit Zielen bis 2050 vorgelegt. Nur sehr wenige Staaten haben einen Klimaschutzplan, der so langfristig angelegt ist. Und zu diesen Zielen stehen wir nach wie vor. Dafür habe ich mich auch als Klimapolitikerin immer wieder starkgemacht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dennoch wissen auch wir, dass Deutschland das Klima alleine nicht retten kann. Wir brauchen auch die anderen Staaten der Welt. Deutschland ist weltweit für 2,2 Prozent der Emissionen verantwortlich, die USA für 16 Prozent, und China emittiert sogar 28,2 Prozent der weltweit emittierten Treibhausgase. Man muss sich bewusst machen: Das ist mehr als zehnmal so viel wie bei uns. Auch die anderen Staaten müssen ihren Beitrag leisten. Die Klimakonferenz hat gezeigt, dass wir hier auf einem sehr guten Weg sind. Alle Staaten der Welt sind an Bord, und auch mit vielen Gouverneuren und Vertretern der Kommunen aus den USA haben wir gesprochen. Viele Bundesstaaten und Kommunen sind weiterhin dabei und wollen ihre Klimaziele erreichen.

Es gehört aber auch zur Wahrheit, zu sagen, dass nach aktuellem Stand die Erreichung unserer Klimaziele schwer wird. Deshalb – das sage ich als Klimapolitikerin – müssen wir intensiv daran arbeiten, dass wir unser 2020-Ziel und insbesondere auch unsere 2030- und 2050-Ziele erreichen werden.

Für mich ist dabei wichtig, dass wir alle Sektoren mit einbeziehen. Alle Sektoren müssen einen Beitrag leisten: Gebäude, Industrie, Energie, Verkehr und Landwirtschaft. Alle müssen wir in den Fokus nehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

– Ja, das sage ich als Klimapolitikerin. – Aber ich sage auch: Wir dürfen uns nicht nur auf den Energiesektor konzentrieren. Im Moment liegt der Fokus allein darauf. Wir haben einen Klimaschutzplan erstellt, der erstmals auch Ziele für die einzelnen Sektoren festschreibt. Im nächsten Jahr sollen die Ressorts ganz konkrete Maßnahmenpakete dazu vorlegen. Von der Politik brauchen wir dann die Anreize, die die effizientesten Maßnahmen befördern. Ein wichtiges Instrument ist für mich – aus der letzten Legislaturperiode wissen die Kollegen, dass ich es immer wieder erwähne – die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich hoffe, dass dieses Instrument – in welcher politischen Konstellation auch immer – jetzt wirklich kommt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Jetzt zur Kohle. Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent zu reduzieren. Diese schrittweise Reduzierung ist übrigens auch durch das Pariser Klimaabkommen vorgezeichnet. Unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel hat letzte Woche in Bonn gesagt, dass die Braunkohle dazu auch einen wesentlichen Beitrag leisten muss. Einen ersten Schritt haben wir bereits mit der Überführung der 2,7 Gigawatt in die Sicherstellungsreserve gemacht. Weitere Schritte müssen folgen.

Einige nennen es den Einstieg in den Ausstieg, andere nennen es die schrittweise Reduzierung der Kohleverstromung. Egal unter welchem Arbeitstitel man es betrachtet, ist eines für mich als Klimapolitikerin klar: Wir müssen diesen Weg der Reduzierung der Kohleverstromung weitergehen. Wir müssen dabei aber sicherstellen, dass die Energieversorgungssicherheit gewährleistet ist, dass die Energie bezahlbar ist und dass es zu keinen Strukturbrüchen kommt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir müssen diesen Strukturwandel gestalten und die Menschen und die Unternehmen vor Ort dabei mitnehmen und beim Strukturwandelprozess unterstützen. Hier setze ich auch auf die im Klimaschutzplan 2050 verankerte Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Regionalentwicklung“, die im Bundeswirtschaftsministerium angesiedelt ist. Sie muss jetzt schnell arbeiten und den Regionen Perspektiven aufzeigen. Die Fachleute müssen dann eingehend prüfen, um wie viel Gigawatt die Kohleverstromung reduziert werden kann, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden; denn das wollen wir alle nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Bernd Westphal [SPD])

In Ihrem Antrag fordern Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen vom Bündnis 90/Die Grünen, dass Deutschland der auf der letzten Klimakonferenz gegründeten Globalen Allianz für den Kohleausstieg beitreten soll.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zugegeben, der Medienrummel diesbezüglich war groß. Aber haben Sie sich einmal die Länder angeschaut, die dieser Allianz beigetreten sind?

(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)

Frankreichs Präsident Macron hat vollmundig angekündigt, bis 2021 aus der Kohle auszusteigen. Dazu muss man allerdings wissen, dass der Anteil der Kohle an der Stromerzeugung dort bei nur 3 bis 4 Prozent liegt. Bei uns sind es 40 Prozent. Unabhängig davon hat sein Umweltminister Hulot fast im gleichen Atemzug angekündigt, dass Frankreich von seinem Ziel abrückt, den Anteil der Kernenergie bis 2025 auf 50 Prozent zu reduzieren.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Wir haben in Deutschland die mutige Entscheidung getroffen, aus der Kernenergie auszusteigen. Keiner hat behauptet, dass das auch vor dem Hintergrund der Erreichung unserer Klimaziele leicht werden wird. Dennoch gehen wir diesen Weg. Wir werden auch den Weg der Reduzierung des Kohlestroms gehen, –

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Denken Sie bitte an die Redezeit.

Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU):

aber schrittweise, geordnet, ohne Strukturbrüche und ohne Gefährdung der Energieversorgung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Bernd Westphal [SPD])