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Andreas Jung: Beim Klimaschutz geht es um die Bewahrung der Schöpfung

Rede zur Klimakonferenz in Bonn - Ausstieg aus der Kohle

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bundeskanzlerin Angela Merkel hat auf der Klimakonferenz in Bonn gesprochen. Sie hat dort den Klimawandel als eine zentrale Herausforderung für die Menschheit bezeichnet. Sie hat von einer Schicksalsfrage gesprochen. Was sie damit meint, das sieht man, wenn man sich zum Beispiel die Situation der Inselstaaten anschaut.

Die Fidschi-Inseln standen in besonderer Weise im Mittelpunkt der Konferenz, weil die Fidschis die Präsidentschaft übernommen hatten. Wenn man bedenkt, dass es Inseln gibt, die von Überflutung bedroht sind, dass es dort Menschen gibt, die schon heute ihre Heimat verloren haben, deren Existenz, deren Inseln, deren Heimat durch den Klimawandel bedroht sind, wenn man sich vergegenwärtigt, dass es Umsiedlungen gibt, wenn man also weiß, dass es Menschen gibt, die wegen des Klimawandels flüchten – es gibt Menschen, die zu Klimaflüchtlingen werden –, dann muss man sagen: Wer etwas für die Bekämpfung der Fluchtursachen tun möchte, der muss stark für Klimaschutz sein.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es ist ausgemachter Unsinn, wenn hier gesagt wird, beim Klimaschutz gehe es um eine linksgrüne Ideologie. Es geht hier nicht um eine Ideologie, sondern es geht um die Bewahrung der Schöpfung, es geht um christliche Werte und um deren Bewahrung. Das ist die Herausforderung, vor der wir stehen. Das ist unsere gemeinsame Aufgabe.

Es wurde gesagt, Deutschland hat ganz andere Probleme. Dem muss ich widersprechen. Ja, Deutschland hat auch andere Probleme, aber der Klimawandel ist auch in unserem Land eine zentrale Herausforderung. Dazu muss man nur mit den Landwirten sprechen, die sagen: Ja, auch früher gab es extreme Ereignisse, auch früher gab es Naturkatastrophen, aber in einem Jahr den Hagel, im anderen Jahr eine Dürre und im dritten Jahr, wie in diesem Jahr, die Frostschäden, unter denen die Obstbauern zu leiden hatten, diese Häufung hatten wir früher so nicht, also tut etwas gegen den Klimawandel. Es geht um unsere wirtschaftlichen Existenzen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Damit ist die Aufgabe, vor der wir stehen, beschrieben. Selbstverständlich haben wir den Wandel so zu gestalten, dass unser Industriestandort erhalten bleibt, dass wir hier Arbeit haben, dass die Wirtschaft florieren kann und dass die sozialen Fragen im Fokus bleiben, dass die soziale Balance gewahrt wird und dass Strukturbrüche vermieden werden.

Genau mit diesen Fragen hat man sich in den Sondierungen zu Jamaika in den letzten Wochen beschäftigt. Ich will sehr deutlich sagen: Es war richtig, dass auch diese Fragen im Mittelpunkt gestanden haben. Die Ministerin hat vorhin ausgeführt, welche Vorschläge zum Thema Kohle auf dem Tisch lagen. Ich will ganz deutlich sagen: Egal wer Verantwortung tragen wird, egal wer regieren wird, er darf nicht hinter den Vorschlag zurückfallen, der hier schon auf dem Tisch gelegen hat.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

In dem vorliegenden Antrag der Grünen wird der Kohleausstieg gefordert. Selbstverständlich ist jedem klar: Wenn wir für Dekarbonisierung eintreten – das hat Deutschland auf dem Gipfel in Elmau getan –, so ist Dekarbonisierung mit Kohle nicht zu machen. Unsere Glaubwürdigkeit hängt in der Tat davon ab, dass wir alles unternehmen, um unsere selbstgesetzten, ambitionierten Klimaziele zu erreichen. Das müssen wir tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deshalb brauchen wir für die Kohle ein Sofortprogramm, mit dem wir das, was jetzt an Vereinbarungen auf dem Tisch liegt, in den nächsten Jahren Stück für Stück erreichen: zuerst die Ziele für 2020 und dann mit einem Senkungspfad die Ziele für 2030. Wir müssen Schritt für Schritt raus aus der Kohle; sonst werden wir die Herausforderungen des Klimaschutzes nicht meistern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ausdrücklich möchte ich den Rednern recht geben – namentlich nenne ich die Kollegin Anja Weisgerber –, die sagen: Das ist nur ein Aspekt; wir müssen auch in den anderen Sektoren vorankommen. Daher will ich auch auf die dementsprechenden Verhandlungsergebnisse verweisen, die in dieser Form nicht umgesetzt werden, die inhaltlich aber trotzdem richtig bleiben.

Wenn wir aus den fossilen Energien aussteigen, müssen wir Alternativen schaffen, und die erneuerbaren Energien sind der richtige Weg, um Deutschland wirtschaftlich nachhaltig aufzustellen. Es ist richtig, den Bereich der erneuerbaren Energien kosteneffizient auszubauen und diesen Ausbau zu beschleunigen. Deshalb müssen wir Speichertechnologien fördern und die Netze ausbauen.

Wir müssen die Energieeffizienz ganz neu in den Blick nehmen. Das haben wir uns seit langem vorgenommen. Wir haben da schon einiges auf den Weg gebracht; aber jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um endlich die steuerliche Förderung der Gebäudesanierung gemeinsam anzugehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das muss zwischen Bund und Ländern gelingen. In diesem Haus scheint es bei dieser Frage einen breiten Konsens zwischen vielen Fraktionen zu geben. Daher sollte es jetzt endlich gelingen, auch die Länder für dieses gemeinsame Vorhaben zu gewinnen.

Es geht auch um die anderen Sektoren, um Verkehr und Landwirtschaft. Es geht darum, wie wir mit Maßnahmen in all diesen Sektoren unsere Klimaziele 2030 und die langfristigen Ziele erreichen.

Diese besondere Herausforderung, vor der wir stehen, müssen wir gemeinsam angehen. Auf diese Arbeit freue ich mich, ganz egal, in welcher Konstellation sie geleistet wird. Das ist nämlich eine parteiübergreifende Aufgabe.

(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)