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Thomas Erndl: "Es geht nicht ohne starke internationale Vernetzung"

Rede zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Alle Fraktionen sind eingeladen, im Unterausschuss Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik mitzuarbeiten und unsere Politik mitzugestalten. Aber wenn, Herr Kollege Renner, Ihre Fraktion nie anwesend ist, ist es natürlich etwas heuchlerisch, wenn man hier schlaue Ratschläge erteilt, sich aber einer Mitarbeit verweigert.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Verantwortung und das Nie-wieder, das in den Gedenkfeiern für die Opfer des Nationalsozialismus in dieser Woche zum Ausdruck gebracht wurde, erfordern ganz konkret, dass wir uns jeden Tag für eine starke Zivilgesellschaft, für Freiheit, für Demokratie, für Menschenwürde und für Rechtsstaatlichkeit einsetzen. Diese Verantwortung ist auch Teil unserer Außenpolitik. Mit unserer Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik haben wir wichtige Instrumente, mit denen wir uns global für diese universellen Werte einsetzen. Wir tun dies mit einem umfassenden Netzwerk an Institutionen, das sich schon im Ansatz von dem vieler anderer Länder unterscheidet, weil es eben keine den Botschaften unterstellten Institute sind, sondern es ist ein wertvolles Netzwerk von Mittlerorganisationen und Institutionen.

Es ist eine ressortübergreifende Aufgabe, in die wir insgesamt über 2 Milliarden Euro pro Jahr investieren. Neben der Kulturmilliarde im Etat des Auswärtigen Amtes stehen zum Beispiel über 350 Millionen Euro für die Deutsche Welle in der Verantwortung der Beauftragten für Kultur und Medien, fast 400 Millionen Euro im Bereich Studenten- und Wissenschaftsaustausch im Bundesministerium für Bildung und Forschung, über 50 Millionen Euro für Bildungsprogramme im Bereich des BMZ und über 40 Millionen Euro im Familienministerium für die Jugendaustauschwerke zur Verfügung. Meine Damen und Herren, das sind sehr gut angelegte Mittel.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Denn in unserer fragilen und von alten und neuen Konflikten geprägten Welt, in der freiheitliche Werte zunehmend infrage stehen, sind Austausch, Kultur und Bildung wichtiger denn je, und zwar innerhalb wie außerhalb Europas.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Frank Müller-Rosentritt [FDP], Dr. Diether Dehm [DIE LINKE] und Erhard Grundl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es ist unsere Aufgabe, dem zunehmenden Druck auf die freie Zivilgesellschaft etwas entgegenzusetzen und Freiräume zu schaffen. Und wir beantworten ganz konkrete Fragen: Können wir eine Rekordexportnation sein, wenn wir nicht überall auf der Welt Menschen haben, die durch die Kenntnis unseres Landes Vertrauen in unsere Fertigkeiten, in die Qualität unserer Produkte haben? Können wir global verbunden sein, wenn es nicht in vielen Ländern Menschen gibt, die unsere Sprache sprechen, die unsere Eigenheiten kennen? Können wir eine herausragende Kulturnation sein, ohne dass unsere Kulturschaffenden sich global verbinden können?

(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Richtig!)

Und können wir eine Weltklassewissenschaftsnation sein, wenn wir nicht mit den Besten weltweit im Austausch sind?

All diese Fragen zeigen: Es geht nicht ohne starke internationale Vernetzung. Und das Spannende ist, dass wir immer dann diese dritte Säule der Außenpolitik, neben Diplomatie und Außenwirtschaft, intensivieren, wenn das politische Klima schwierig wird. So läuft seit Dezember 2018 das Deutsch-Russische Themenjahr der Hochschulkooperation und Wissenschaft mit vielen hochklassigen Austauschprogrammen gerade im Bereich der Naturwissenschaften. Mit der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik kann man eben Kanäle schaffen und Kanäle erhalten in schwierigen oder auch in Krisenzeiten. Die Vielfalt und Leistungsfähigkeit unseres internationalen Netzwerkes, das über die letzten Jahrzehnte entstanden ist, ist durchaus auch wesentlich diesem Parlament zu verdanken.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Frank Müller-Rosentritt [FDP], Dr. Diether Dehm [DIE LINKE], Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

So setzt ein schlagkräftiger Unterausschuss AKBP für eine entsprechende Mittelausstattung im Haushaltsverfahren alle Hebel in Bewegung,

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das macht der Haushaltsausschuss!)

meist im Konsens über Fraktionsgrenzen hinweg. Ich darf an dieser Stelle allen Kolleginnen und Kollegen danken, die sich hier konstruktiv einbringen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Frank Müller-Rosentritt [FDP])

Wir dürfen dankbar sein, dass uns die Haushaltssituation in den letzten Jahren eine Diskussion nach dem Motto „Wir müssen Prioritäten setzen“ ersparte. Vielmehr konnten wir regelmäßig über eine Ausweitung unseres Netzwerks diskutieren, und wir konnten regelmäßig eine Ausweitung unseres Netzwerks betreiben. Das ist eine gute Situation, und wir hoffen, dass das auch in der Zukunft so bleibt.

Zum Schluss ein ganz konkretes Beispiel, das zeigt, wie gut wir aufgestellt sind. Wenn Anfang März unser Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft tritt, dann sind genau die Menschen die Hauptzielgruppe unserer Anwerbebemühungen, die zum Beispiel an einer der 140 deutschen Auslandsschulen einen Abschluss gemacht haben, oder die weltweit 15,4 Millionen Menschen – eine Zahl von 2018 –, die die deutsche Sprache und vieles über unser Land lernen, viele davon an einem der 160 Goethe-Institute, die in über 100 Ländern einen Anlaufpunkt für alle darstellen, die Interesse an unserem Land haben, die Freunde Deutschlands sein wollen,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD und des Abg. Frank Müller-Rosentritt [FDP])

oder die Tausenden von Studentinnen und Studenten, die über den DAAD, den Deutschen Akademischen Austauschdienst, den Weg in unser Land finden und unsere Sprache zum Beispiel bei einem Austauschsemester kennenlernen.

Ziel unserer auswärtigen Bildungspolitik muss sein, dass wir Kindern im Ausland einen kompletten Bildungsweg an deutschen Bildungseinrichtungen ermöglichen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD und des Abg. Frank Müller-Rosentritt [FDP])

Das ist eben genau der Ansatz: dass die sprachliche, die kulturelle Qualifizierung bis hin zu einer grundständigen beruflichen Ausbildung bereits weitgehend im Herkunftsland stattfindet, und das nach unseren Standards. So findet sich das auch im Antrag der Koalitionsfraktionen, über den wir heute debattieren, wieder: Bildungsbiografien ermöglichen, Zivilgesellschaft stärken, Freiräume schützen, strategische Kommunikation ausbauen, den digitalen Raum einbeziehen, Jugendaustausch stärken, Wissenschaftsaustausch – Stichwort: Science Diplomacy – weiterentwickeln.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Kollege!

 

Thomas Erndl (CDU/CSU):

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Bitte.

 

Thomas Erndl (CDU/CSU):

Letzter Satz. – Wir nehmen damit umfassend die zukünftigen Herausforderungen unserer Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik im Wettbewerb der Narrative, den wir bestehen wollen, in den Blick. Ich bitte deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])