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Thomas Erndl: Der Atomwaffenverbotsvertrag ist nur eine Scheinlösung

Rede zum Atomwaffenverbotsvertrag

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Wir beschäftigen uns in regelmäßigen Abständen hier mit der Frage des Beitritts zum Atomwaffenverbotsvertrag. Eine atomwaffenfreie Welt ist zweifelsohne ein wichtiges Anliegen. Und wer würde sich nicht eine Welt ohne Atomwaffen wünschen?

In dieser Frage gibt es – wir haben es gehört – keinen Mangel an Verträgen, keinen Mangel an Papier, sondern das Problem ist vielleicht eher, dass es auch keinen Mangel an Staaten gibt, die sich nicht an die eine oder andere Vereinbarung halten. Ich glaube, es muss aber auch einmal festgestellt werden, dass bestehende Mechanismen dafür gesorgt haben, dass wir seit 1990 97 Prozent der Atomwaffen in Europa abgebaut haben.

Im Koalitionsvertrag haben wir Rüstungskontrolle und Abrüstung als prioritäre Ziele deutscher Außen- und Sicherheitspolitik besonders hervorgehoben. Doch der Atomwaffenverbotsvertrag, der im Antrag genannt wird, ist nur eine Scheinlösung. Wir befinden uns – es wurde wieder einmal deutlich, dass die Fraktion Die Linke und auch die Grünen das letztendlich noch nicht realisiert haben – in einer neuen sicherheitspolitischen Lage. Diese muss man zur Kenntnis nehmen.

Die Zustimmung Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag wäre in vielfacher Hinsicht kontraproduktiv; meine Vorredner haben das ausgeführt.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben aber nicht überzeugt!)

Wir würden uns isolieren und denjenigen Vorschub leisten, die auf eine Spaltung, zum Beispiel des NATO-­Bündnisses, abzielen. Und das ist wirklich nicht das, was wir wollen. Wir als CDU/CSU-Fraktion kümmern uns um unsere Sicherheit. Deswegen sagen wir: Es macht keinen Sinn, diesem Vertrag beizutreten,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

zum Beispiel deswegen, weil keine einzige Nuklearmacht diesen Vertrag unterzeichnet hat. Diese Mächte lehnen ihn allesamt ab. Damit erübrigt sich eigentlich eine weitere Diskussion über dessen Wirksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie machen es denen ja auch einfach!)

Der Vertrag gibt auch keine Antworten auf wichtige Fragen. Wie soll zum Beispiel mit einem Staat umgegangen werden, der heimlich Kernwaffen lagert? Wir erinnern uns: Russland sollte eigentlich kein Nowitschok haben; aber auf einmal war es irgendwo da. Auch das war letztendlich keine Erfüllung von bestehenden Verträgen. Zudem enthält das Abkommen sogar eine Ausstiegsklausel. Nach einem Jahr darf jeder Mitgliedstaat mit Verweis auf die geänderte Sicherheitslage das Abkommen wieder verlassen. Das heißt, alle daran teilnehmenden Staaten müssten nicht nur mit dem Risiko zurückgehaltener Nuklearwaffenarsenale leben, sondern auch mit der Möglichkeit, dass ein oder mehrere Länder das Abkommen kündigen und wieder atomar aufrüsten. Der Vertrag beinhaltet auch leider nur geringe Standards zur Überprüfung ziviler Atomprogramme.

Angesichts dieser Risiken für unsere sicherheitspolitischen Interessen sollten wir lieber die Glaubwürdigkeit der nuklearen Abschreckung aufrechterhalten. Es mag natürlich paradox erscheinen; aber die Geschichte hat es letztendlich gezeigt: Die nukleare Abschreckung hat den Frieden in Europa erhalten und ihn eben nicht gefährdet.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nur um das noch einmal klar auszudrücken: Eine kernwaffenfreie Welt bleibt unsere Vision. Das bleibt unser Ziel.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit Ihnen bleibt das eine Vision!)

Es ist bereits so, dass fast alle Staaten völkerrechtlich verbindlich und für immer auf Kernwaffen verzichtet haben; die meisten natürlich in der Erwartung, dass auch die Atommächte eines Tages darauf verzichten. Doch die Realität ist nun einmal eine andere. Es ist nicht abzusehen, wann dieser Tag kommt. Außerdem gibt es außerhalb des Atomwaffensperrvertrages Staaten, die massiv atomar aufrüsten: Indien, Pakistan, Nordkorea. Auch das muss man einbeziehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die völlige nukleare Abrüstung bleibt selbstverständlich ein Ziel. Dieses wird jedoch durch den Atomwaffenverbotsvertrag nicht gefördert. Wegen dieser sicherheitspolitischen Risiken für unser Land, für Europa lehnen wir den Beitritt ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)