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Katja Leikert
(Quelle: Tobias Koch)

Streit um Rechtsstaatlichkeit entpolitisieren

Leikert warnt vor Aufteilung in „gute“ und „schlechte“ Europäer – Gastbeitrag in FAZ.net

Ungarn und Polen geben sich hartnäckig. Um den ungeliebten EU-Rechtsstaatsmechanismus zu verhindern, blockieren beide Länder den siebenjährigen Haushaltsplan und den Corona-Wiederaufbaufonds der Europäischen Union. Die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Katja Leikert, hat sich nun in FAZ.net dafür ausgesprochen, den Streit zu entpolitisieren und die Beurteilung der Rechtsstaatlichkeit einem Richtergremium zu übertragen.

Richtergremium soll entscheiden

„Nicht politische Mehrheiten im Europäischen Parlament oder im Rat sollten darüber entscheiden, wie es um die Rechtsstaatlichkeit in europäischen Gesellschaften steht“, schreibt Katja Leikert in einem Gastbeitrag für das Online-Portal der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die Bewertung der Rechtsstaatsstrukturen in Mitgliedstaaten „sollte Gerichten obliegen. Sie können am besten unvoreingenommen urteilen.“

Die EU plant, die Vergabe von EU-Mitteln an die Einhaltung von Rechtstaatlichkeitsprinzipien zu knüpfen. Dagegen wehren sich Ungarn und Polen von Anfang an. Sie wurden jedoch von den anderen Mitgliedstaaten überstimmt. Nur Slowenien bringt ihrer Haltung Sympathien entgegen.

Veto gegen Haushaltsplan

Um den Mechanismus doch noch auszuhebeln, legten Polen und Ungarn deshalb ihr Veto gegen den Mehrjährigen Finanzrahmen von 2021 bis 2027 und den damit verbundenen Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“ ein, die eigentlich zum 1. Januar in Kraft treten sollen. Über eine Lösung des verfahrenen Streits beraten in der kommenden Woche die EU-Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfel zum Abschluss der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. 

Werte bilden Basis der EU

Leikert betonte in FAZ.net, dass die EU sich mit gutem Grund für einen Rechtsstaatlichkeitsmechanismus ausgesprochen habe: „Denn es sind in erster Linie unverzichtbare Werte, die die Basis unserer Gemeinschaft bilden.“ Andererseits sorge aber ausgerechnet der Tonfall in der Debatte dafür, dass diese Basis Risse bekomme. Sie warnt: „Die gefühlte Spaltung in ‚gute‘ und ‚schlechte‘ Europäer schädigt die Position Europas in der Welt. Das kann nicht in unserem Interesse sein.“ 

Kein Befehlston – Kein Populismus

Deshalb müssten Brücken zwischen beiden Seiten gebaut werden. „Niemand darf als Lehrmeister auftreten, niemand sollte sich bevormundet fühlen.“ Bei allen Streitigkeiten sei wichtig: „Kein Befehlston auf der einen Seite, aber auch kein Populismus auf der anderen Seite.“
Als Lösung schlug die Fraktionsvize ein neues, unabhängiges Gremium von Richtern aus den obersten Gerichten der Mitgliedstaaten vor, das die hochsensiblen Fragen der Rechtsstaatlichkeit begutachten und Empfehlungen abgeben könnte. Für die Einsetzung eines solchen beratenden Gremiums bedürfe es keiner Änderung der EU-Verträge. Auch die Befugnisse der Richter des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) würden damit nicht beschnitten, betonte Leikert. Außerdem würde das Gremium als Bindeglied zwischen den nationalen Verfassungsgerichten und der europäischen Ebene fungieren. Eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Mitgliedstaaten könnte man den Richtern nicht vorwerfen.