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Dr. Reinhard Brandl: "Wir wollen ein stabiles Afghanistan hinterlassen"

Verteidigungs- und Sicherheitskräfte in Afghanistan

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist vielleicht das letzte Mal, dass wir hier im Bundestag über die Verlängerung eines Afghanistan-Mandates beraten. Ein Zeichen dafür, dass der Einsatz dem Ende zugeht, ist auch, dass wir ihn dieses Mal nur um zehn Monate und nicht um die üblichen zwölf Monate verlängern. Der Abzug ist in Sichtweite.

Was ist unser Ziel für die nächsten Monate? Wir wollen ein Afghanistan hinterlassen, von dem keine Gefahr mehr für die westliche Welt durch Terrorismus ausgeht. Wir wollen ein Afghanistan hinterlassen, das zumindest so stabil und sicher ist, dass es eine Perspektive auf wirtschaftliche Entwicklung hat, ein Afghanistan, in dem die Menschen für sich eine Zukunft sehen und in dem sie freiwillig gerne bleiben. Ob dies gelingt, hängt ganz wesentlich von den innerafghanischen Friedensverhandlungen ab, die im Moment laufen.

Klar ist: Ohne die internationale Gemeinschaft, ohne die internationale Präsenz wäre es nie zu diesen Verhandlungen gekommen. Natürlich liegen bei diesen Verhandlungen auch die internationale Truppenpräsenz vor Ort und die Entwicklungshilfe, die Hilfe, die wir im zivilen Bereich leisten, auf dem Tisch. Die Position der Taliban ist doch klar: Sie wollen die Truppen loswerden und das Geld behalten. Sie wollen die Entwicklungshilfe deshalb behalten, weil sie merken, dass sich damit das Leben der Menschen vor Ort verbessert. Und damit sie Akzeptanz vor Ort haben, müssen sie das Leben der Menschen verbessern. Dazu brauchen sie unsere Unterstützung. Wir sind auch bereit, weiter zu unterstützen. Die Bundesregierung hat ja klargemacht, dass mit einem Truppenabzug nicht das Ende der Entwicklungszusammenarbeit verbunden ist. Aber wir knüpfen unsere Hilfe an Bedingungen für genau diese Verhandlungen.

Im Moment – das ist angesprochen worden – gibt es bei zwei Kernfragen keinen Fortschritt; das sind zum einen der Waffenstillstand und zum anderen die Verfassung. Die Situation in Afghanistan kann man momentan mit den Stichwörtern „fight and talk“ beschreiben; sie reden, aber sie kämpfen auch miteinander. Ob am Ende das Reden oder das Kämpfen überwiegt, ist noch nicht sicher. Sicher ist auf jeden Fall, dass, wenn wir zu früh und zu schnell abziehen, Afghanistan keine Chance hat, zu einer friedlichen Lösung mit den Taliban zu kommen. So bleiben wir dort noch einige Monate – vielleicht zehn, vielleicht müssen wir das Mandat auch noch einmal verlängern –, aber nicht auf ewig, sondern nur so lange wie nötig. Vielleicht sind es gerade die letzten Monate, die Afghanistan die Startchancen für eine bessere Zukunft geben. In diesem Sinne bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Mandat.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)