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Deutschland und Frankreich - „eine Familie“

55 Jahre Élysée-Vertrag – Kauder: Resolution ist mehr als „schöne Prosa“

Zum 55. Jahrestag des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages haben die Parlamente beider Länder den Willen zur Vertiefung ihrer Beziehungen bekundet.

Im Bundestag würdigte der Präsident der Assemblée Nationale, Francois de Rugy, die deutsch-französische Freundschaft mit den Worten: „Unsere beiden Länder sind eine Familie.“ Die Parlamente in Berlin und Paris beschlossen am Montag eine Resolution zur Erneuerung des sogenannten Élysée-Vertrages.

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, nannte ein solches Parlamentsabkommen „etwas Einmaliges“. Davon gehe die Botschaft aus, dass nicht nur die Regierungen Deutschlands und Frankreichs, sondern auch die Parlamente enger zusammenarbeiten und Impulse für die Freundschaft geben wollten. Der Vorsitzende der deutsch-französischen Parlamentariergruppe, der CDU-Abgeordnete Andreas Jung, sprach von einer „Sternstunde unserer Parlamente“.

Kauder hob hervor, dass die auf Bundestagsseite von Union, SPD, FDP und Grünen getragene Resolution nicht nur schöne Prosa sei, sondern konkrete Projekte beinhalte - etwa auf dem Gebiet der Erforschung künstlicher Intelligenz. Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warb dafür, dass Deutschland und Frankreich auf Innovationsgebieten wie der künstlichen Intelligenz voranschreiten, um die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken.

Der Élysée-Vertrag war am 22. Januar 1963 auf Initiative von Bundeskanzler Konrad Adenauer und dem französischen Präsidenten Charles de Gaulle geschlossen worden. Mit ihm wurde die Grundlage für die Aussöhnung nach zwei verheerenden Weltkriegen geschaffen. Auf seiner Basis wurden Städtepartnerschaften ins Leben gerufen, Jugendaustausch-Programme organisiert und zahlreiche zivilgesellschaftliche Kontakte geknüpft.

„Bürger im Mittelpunkt“

Europa könne nicht nur die Ambition einiger weniger Politiker sein, betonte Francois de Rugy. „Die Bürger müssen im Mittelpunkt des europäischen Projekts stehen.“ Für seine auf Deutsch gehaltene Rede bekam er stehende Ovationen. Andreas Jung nahm de Rugys Zitat auf und unterstrich, dass Deutschland und Frankreich zu einer Familie zusammengewachsen seien. Europa sei eine „Herzensangelegenheit der Menschen.“

An der Bundestagssitzung nahm auch eine Delegation der Assemblée Nationale teil. Entsprechend war am Nachmittag eine Delegation deutscher Abgeordneter an der Sitzung der Nationalversammlung in Paris zugegen. Dort hielt Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble eine Rede. In Berlin sagte er, die wechselseitigen Besuche an den Jahrestagen der Unterzeichnung des Élysée-Vertrages folgten zwar inzwischen einer Tradition, seien gleichwohl nicht selbstverständlich. Es gehe darum, etwas Gemeinsames zu schaffen: „Zwei Völker – eine Zukunft.“

Kein Europa ohne deutsch-französische Achse

Die meisten Redner würdigten die Tatsache, dass die deutsch-französische Freundschaft das Fundament für die Integration Europas sei. So sagte Volker Kauder: „Europa ist mehr als die deutsch-französische Beziehungen, aber wenn die deutsch-französische Achse nicht funktioniert …, dann kommt Europa nicht voran.“ Er betonte auch: „Europa wird nur eine gute Zukunft haben ohne Nationalismus.“

Mit Blick auf die Regierungsbildung in Deutschland forderte Kauder, man müsse dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron rasch Antworten auf seine Anregungen zur Weiterentwicklung Europas geben. De Rugy erklärte, nur gemeinsam könne man etwa der Konkurrenz neuer Weltmächte die Stirn bieten, nur gemeinsam könne man eine Lösung der Migrationskrise finden.

Die gemeinsame Verantwortung Deutschlands und Frankreichs für Europa stellte auch der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, heraus. Als Beispiel für eine gelungene deutsch-französische Initiative, der sich am Ende fast alle EU-Mitgliedstaaten angeschlossen haben, nannte er die mittelfristige Schaffung einer Verteidigungsunion. Gleichwohl warnte er davor, dass sich Deutschland und Frankreich in der EU als Lehrmeister aufspielten. Auch de Rugy betonte, ein deutsch-französisches Direktorium dürfe es in der EU nicht geben.