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Deutschland übernimmt EU-Ratspräsidentschaft

Vorsitz für ein halbes Jahr – Lehren aus der Corona-Krise ziehen – Folgen für die Wirtschaft bewältigen

Am 1. Juli übernimmt Deutschland für ein halbes Jahr turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft. Dabei steht es vor der schweren Aufgabe, die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise zu bewältigen und die Gesundheitssysteme widerstandsfähiger zu machen. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus appellierte im Bundestag an die Solidarität in der Europäischen Union: „Wir haben nur eine Chance, wenn wir als Europäer gemeinsam agieren.“

Zu den vordringlichsten Aufgaben der deutschen Ratspräsidentschaft gehören die Verabschiedung des EU-Haushaltsplans von 2021 bis 2027 sowie die Ausgestaltung der künftigen Beziehungen zu Großbritannien. Darüber hinaus geht es um eine gemeinsame Migrationspolitik und den Schutz der EU-Außengrenzen, um Digitalisierung und Klimapolitik. Damit die inhaltliche Kontinuität gewährleistet ist, arbeitet Deutschland in der „Triopräsidentschaft“ mit den beiden Nachfolgern Portugal und Slowenien zusammen. 

Bundestag gestaltet mit

Die Ratspräsidentschaft ist zwar in erster Linie eine Angelegenheit der betreffenden Regierungen, doch weist sie auch eine parlamentarische Dimension auf. Als Präsidentschaftsparlament setzt der Bundestag mit seinen Fraktionen eigene Impulse. Dazu veranstaltet er interparlamentarische Konferenzen zu Themen wie Außen- und Sicherheitspolitik, nachhaltige Agrarpolitik oder Pandemiebekämpfung. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion betonte: „Wir sind nicht nur Botschafter der Beschlüsse, sondern wir sind Bestandteil des Gestaltungsprozesses.“

Mehrjähriger Finanzrahmen - Wiederaufbaufonds 

Noch im Juli soll der sogenannte Mehrjährige Finanzrahmen (MFR), der EU-Haushaltsplan für die Jahre 2021 bis 2027, unter Dach und Fach gebracht werden. Auf dem Tisch liegt ein Kommissionsvorschlag in Höhe von 1,1 Billionen Euro. Mit dem Haushaltsrahmen verknüpft ist ein Wiederaufbaufonds im Umfang von 750 Milliarden Euro, aus dem von der Krise besonders betroffene Mitgliedstaaten wie Spanien und Italien unterstützt werden sollen. 500 Milliarden Euro davon sollen als Zuschüsse fließen, 250 Milliarden Euro als Kredite. In den laufenden Verhandlungen wird Deutschland streng darauf achten, dass das Geld zweckgerecht verwendet und der deutsche Steuerzahler nicht überfordert wird.

Gesundheitsprävention verbessern

Zu den gesundheitspolitischen Lektionen, die die EU in der Corona-Pandemie lernen musste, gehört, dass sie bei der Versorgung mit Arzneimitteln, Medizinprodukten und persönlicher Schutzausrüstung von Drittstaaten unabhängiger werden muss. Die Produktion unerlässlicher Güter – im Gesundheits- wie auch im Sicherheitsbereich – soll wieder in die EU zurückverlagert werden. 

Digitalisierung vorantreiben

In der Corona-Krise besteht auch die Chance für einen beschleunigten Wandel der Europäischen Union zu mehr Nachhaltigkeit und verbesserter Wettbewerbsfähigkeit. Gefördert werden sollten deshalb Innovationen jeglicher Art – von der Künstlichen Intelligenz (KI) über eine europäische Datencloud bis zur Quantentechnologie. Investitionen sollten auch in Technologien zum Schutz des Klimas fließen. 

Klima schützen

Europa will bis zum Jahre 2050 erster klimaneutraler Kontinent werden. In ihrem „Grünen Deal“ schlägt die EU-Kommission daher vor, den Ausstoß von Treibhausgasen schneller zu reduzieren. So sollen die Emissionen bis 2030 nicht nur um 40 Prozent gegenüber 1990 verringert werdn, sondern sogar um 50 bis 55 Prozent. Eine Folgenabschätzung soll bis zum Herbst vorliegen. 

Die Verschärfung würde allerdings bedeuten, dass Deutschland sein eigenes Klimaziel für 2030 erheblich erhöhen müsste, wenn andere EU-Staaten sich keine ehrgeizigeren Minderungsziele setzten. Deshalb fordert die CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine faire Lastenverteilung innerhalb der Europäischen Union sowie die Ausweitung des bewährten Europäischen Emissionshandels auf bisher nicht erfasste Sektoren. Die Fraktion setzt sich auch dafür ein, dass Klimaschutzmaßnahmen und Emissionsminderungen in Drittstaaten angerechnet werden können.

Migrationspolitik reformieren

In der Migrationspolitik steht eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an. Ein faires Verteilsystem sollte sicherstellen, dass einzelne EU-Staaten mit der Aufnahme von Schutzsuchenden nicht überfordert werden. Die CDU/CSU-Fraktion dringt in dem Zusammenhang nicht nur auf eine Entlastung der Staaten an den EU-Außengrenzen, sondern auch von Hauptzielstaaten wie Deutschland – nicht zuletzt durch effektive Maßnahmen zur Verhinderung von Sekundärmigration. 

Die Prüfung von Asylanträgen schon an den EU-Außengrenzen sollte zur Pflicht werden. Bei fehlender Schutzbedürftigkeit würde die Einreise in die EU verweigert werden. Mit den Herkunfts-, Aufnahme- und Transitstaaten sollte die Zusammenarbeit verbessert werden, um Rückführungen zu erleichtern. Im Gegenzug könnten legale Zuwanderungsmöglichkeiten im bestehenden Rechtsrahmen besser genutzt werden. Fluchtursachen sollten vermindert werden. 

Außengrenzen schützen

Die Steuerung der Migration ist nur möglich, wenn die EU-Außengrenzen wirksam geschützt werden. Dafür benötigt die EU-Grenzschutzbehörde Frontex mehr Personal. Deshalb setzt sich die Unionsfraktion für einen Personalaufwuchs von bis zu 10.000 Grenzschützern noch vor 2027 ein. Nur wenn die Außengrenzen sicher sind, kann auf die Kontrolle an den Binnengrenzen des Schengen-Raums verzichtet werden.