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Andreas Jung: "Wir sind in einer besseren Situation"

Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bundestag ist der Ort, an dem über die Maßnahmen diskutiert wird und diskutiert werden muss.

(Beatrix von Storch [AfD]: Entschieden werden muss!)

Hier muss auch gestritten werden; das gehört bei einer solchen Debatte dazu. Hier wird auch entschieden.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe nicht entschieden, dass Friseure jetzt wieder aufmachen!)

Wir haben das mit grundlegenden Entscheidungen zu allen Schritten getan.

Ralph Brinkhaus hat auf das Infektionsschutzgesetz hingewiesen. Ich will aber – weil es gerade einen Zuruf von der AfD gab – auch in Ihre Richtung sagen: Man kann über vieles streiten, aber über bestimmte Fakten eben nicht. Dass unser Land sich in dieser schweren Situation befindet, liegt nicht an der Politik.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das liegt auch an der Politik!)

Das liegt daran, dass ein Virus in einer weltweiten Pandemie über uns gekommen ist. Dass wir uns länger in einer schwierigen Situation befinden, liegt daran, dass sich Mutationen gebildet haben. Das ist es, was es uns schwer macht. Man kann darüber diskutieren und streiten, wie man darauf reagiert; aber bitte verwechseln Sie nicht Ursache und Wirkung.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Zweitens. Ich erinnere mich, dass wir zu Beginn des Lockdowns ähnliche Debatten in diesem Haus hatten. Man kann auch jetzt über vieles diskutieren, aber nicht darüber, dass wir jetzt in einer anderen Situation sind als im Dezember. Die Situation ist besser geworden, die Zahlen sind runtergegangen. Wir befinden uns jetzt in einer Situation, in der wir wieder über die nächsten Schritte zur Lockerung sprechen können, weil Maßnahmen konsequent umgesetzt wurden, weil die Bürgerinnen und Bürger in ihrer ganz großen Mehrheit diesen Maßnahmen mit Akzeptanz begegnen und sie mit Vorsicht umsetzen – und manches auch darüber hinaus. Auch daran kann kein Zweifel sein: Wir sind in einer besseren Situation.

Ich will drittens sagen: Ja, wir können diskutieren und streiten und unterschiedliche Vorstellungen haben. Aber ich möchte hier doch noch mal für uns alle betonen: Diese Entscheidungen, die jetzt notwendig sind, trifft niemand leichtfertig. Die Kanzlerin hat gesagt, es gibt keinen Tag, an dem sie, an dem uns die Existenzsorgen der Betriebe nicht umtreiben, an dem uns auch die Situationen in den Familien nicht umtreiben. Das müssen wir, glaube ich, in aller Deutlichkeit betonen, und wir müssen darauf Antworten geben.

Ich bin froh, dass sich genau diese Themen in dem Beschluss von gestern wiederfinden. Was die Familien betrifft, gibt es jetzt eine Diskussion, wann Kitas und Grundschulen geöffnet werden können; aber es wird mit einem breiten Konsens festgehalten: Es gibt eine Priorität. Wenn geöffnet werden kann, dann sollen Kitas, Kindergärten, Schulen die ersten sein. Dieser Priorität entspricht die Empfehlung bzw. Forderung, die Impfreihenfolge so zu ändern, dass Erzieherinnen und Erzieher, dass Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer eine höhere Priorisierung erhalten. Das ist der konkrete Ausdruck des Respekts, den wir vor den Leistungen haben, die diese Menschen für unsere Gesellschaft in diesen Tagen erbringen.

Thema Wirtschaftshilfen: Herr Lindner hat den Verlustrücktrag angesprochen. Er ist jetzt, glaube ich, nicht mehr da – vielleicht liest er gerade die Ergebnisse des Koalitionsausschusses nach –, deshalb sage ich es zu Ihnen, Herr Dürr: Sie wissen doch, dass beschlossen wurde, den Verlustrücktrag von 5 Millionen Euro auf 10 Millionen Euro zu erhöhen.

(Christian Dürr [FDP]: Für ein Jahr, Herr Jung!)

– Für ein Jahr, genau.

(Christian Dürr [FDP]: Den Verlust von 2021 kann man 2022 zurücktragen! Was ist das denn?)

– Herr Dürr, Sie kennen ja die Regelung. Ich verstehe ja, dass Sie sagen, es kann noch mehr werden.

(Christian Dürr [FDP]: Längerer Zeitraum!)

Das ist ja in Ordnung. Aber das ist eine Verdoppelung. Das sind 5 Millionen Euro mehr als zuvor, die zurückgetragen werden können, und das ist nicht nichts, sondern das ist ein wichtiger Schritt.

Genauso ist es eine wichtige Nachricht, dass die Überbrückungshilfen III jetzt beantragt werden können. Wir setzen darauf, dass die Abschlagszahlungen, die jetzt bis zu einer Höhe von 100 000 Euro möglich sind, was auch ein wichtiger Schritt ist, ausgeschöpft werden, dass das schnell geht, dass die Länder, die ja die Auszahlung machen, und wir alle mit derselben Intensität, sogar mit stärkerer Intensität als bisher darangehen.

Die Hilfen müssen schnell sein,

(Christian Dürr [FDP]: Die Hilfen sind nicht schnell! Die Hilfen sind nur für ein Jahr!)

sie müssen ausgeweitet werden – das passiert beim Verlustrücktrag –, und sie müssen noch besser abgestimmt werden. Deshalb ist es wichtig, dass jetzt mitgeteilt wurde, dass die KfW das Kooperationsverbot aufhebt. Es ist im November entschieden worden – zu Recht –, dass auch kleine Betriebe die Schnellkredite erhalten können. Aber ein kleiner Betrieb, der vorher einen anderen Kredit erhalten hatte, hat ihn nicht bekommen. Diese Regelung ist jetzt aufgehoben. Alle Betriebe in Deutschland können jetzt die Schnellkredite bekommen.

(Christian Dürr [FDP]: Sie bekommen sie nicht!)

Das sind drei Beispiele, die dafür stehen, dass die Hilfen verbessert wurden. Wir müssen, wenn die Krise länger geht, dieses Netz, diesen Instrumentenkasten weiter ausbauen. Darauf drängen wir, und darauf arbeiten wir hin. Das sind wichtige Maßnahmen, die jetzt auf den Weg gebracht werden. Wir bleiben dran.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, erlauben Sie noch eine Zwischenfrage des Kollegen Fricke, FDP-Fraktion?

 

Andreas Jung (CDU/CSU):

Ja.

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Eine Endfrage!)

 

Otto Fricke (FDP):

Herr Kollege Jung, zum Thema Verlustrücktrag würde ich gerne von Ihnen wissen, weil Sie sagen, dass das eine Verdoppelung ist: Muss ich Sie so verstehen, dass Sie meinen, diese Verdoppelung reicht jetzt aus, oder muss ich Sie so verstehen, dass es in der Koalition die Überlegung gibt, auf den seit mehreren Monaten vorliegenden FDP-Vorschlag zuzugehen? Was ist Ihre Position? Halten Sie das, was Sie jetzt erreicht haben, für ausreichend, oder kommt da seitens der Koalition noch mehr?

(Christian Dürr [FDP]: Sehr gute Frage!)

 

Andreas Jung (CDU/CSU):

Es ist ein wichtiger Schritt, einer, den Ihr Fraktionsvorsitzender vorhin vergessen hat zu erwähnen. Ich wollte der Vollständigkeit halber beitragen, dass eine Verdoppelung von 5 Millionen auf 10 Millionen ein erheblicher Fortschritt ist, für den wir gekämpft haben.

(Christian Dürr [FDP]: Und das reicht jetzt aus?)

Richtig ist, dass – das haben Sie wahrscheinlich in den Koalitionen, in denen Sie mitgewirkt haben, auch schon erlebt –

(Christian Dürr [FDP]: Ja! Deutlich erfolgreicher als diese Bundesregierung!)

man für Dinge zunächst eintritt und nicht immer auf einen Schlag alles erreichen kann, was man erreichen möchte. Es ist richtig, dass wir von der Union – das wissen Sie – für die Erhöhung eingetreten sind – da haben wir einen wichtigen Schritt gemacht –, dass wir, wie Sie ja auch, der Meinung sind, dass es richtig ist, dass man Verluste länger zurücktragen kann. Ich sage es mal mit dem Kollegen Rolf Mützenich: Es ist richtig, dass wir diese Fragen gestellt haben. – Wir werden diese Fragen auch weiter stellen. Ich finde, in so einer Debatte gehört es auch dazu, Fortschritte anzuerkennen, und eine Verdoppelung, mit Verlaub, ist ein erheblicher Fortschritt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Otto Fricke [FDP]: Und das ist es dann?)