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Andreas Jung: Wir achten die Urteile des EuGHs sowie des Bundesverfassungsgerichts

Redebeitrag zum Urteil zum Anleihekaufprogramm PSPP

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will zu dem Antrag sprechen, den meine Fraktion gemeinsam mit der SPD-Fraktion, der FDP-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hier einbringt.

Worum geht es dabei? Uns wurden vom Bundestagspräsidenten Unterlagen übermittelt, die ihm wiederum von der Bundesregierung zur Verfügung gestellt wurden. In diesen Unterlagen wird über die Beratungen der EZB zu dem PSPP-Programm berichtet. Sie sind auch öffentlich zugänglich. Der Beschluss vom 3. und 4. Juni sowie die Beratungen der EZB dazu sind seit etwa einer Woche teilweise auf der Homepage in deutscher Sprache einsehbar.

Wir kommen zu der Auffassung, dass durch das, was dort dokumentiert wurde – insbesondere dieser Beschluss und die Beratungen, die dazu stattgefunden haben –, dargelegt ist, dass eine Verhältnismäßigkeitsprüfung der EZB zum PSPP-Programm stattgefunden hat. Wir sind der Auffassung, dass die Geeignetheit, die Erforderlichkeit und die Angemessenheit geprüft wurden, dass die geldpolitischen Ziele mit den wirtschaftspolitischen Auswirkungen abgewogen wurden und dass damit der Maßgabe des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Mai dieses Jahres entsprochen wird.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Genau darum geht es in dem Antrag, genau das ist es, was das Bundesverfassungsgericht uns aufgegeben hat. Es geht ausdrücklich nicht um eine politische Bewertung dieses Programmes oder anderer Programme, und es geht nicht um eine politische Stellungnahme zu diesem Programm. Diese Diskussion führen wir hier und werden wir hier weiter führen, aber in diesem Antrag geht es um die Frage: Hat eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor dem Beschluss der EZB stattgefunden? – Und das hat Konsequenzen.

Ich finde es ein starkes Signal, dass die vier genannten Fraktionen diesen Antrag einbringen. Es ist ein starkes Signal, wenn der Deutsche Bundestag mit dieser breiten Mehrheit zu diesem Ergebnis kommt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ist erstens ein Signal nach Frankfurt. Warum? Weil die Bundesbank im Lichte dieser Dokumente und im Lichte des Urteils des Bundesverfassungsgerichts darüber zu entscheiden hat, ob die Bundesbank weiter am PSPP-Programm teilnimmt. Die Entscheidung wird dort getroffen. Wenn man zu der Auffassung kommt, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung habe stattgefunden, dann ist jedenfalls nach unserer Auffassung klar, dass die Bundesbank nicht aus dem Programm aussteigen muss. Sie kann also weitermachen, wenn sie eine entsprechende Entscheidung trifft.

Zweitens ist das ein starkes Signal nach Karlsruhe. Ganz selbstverständlich setzen wir Urteile des Bundesverfassungsgerichts – auch dieses Urteil – um. Wir haben eine Integrationsverantwortung, und diese Integrationsverantwortung bedeutet, dass wir das Integrationsprogramm beobachten, dass wir auf die Umsetzung hinwirken

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Unfassbar!)

und dass wir dabei in besonderer Weise die Verhältnismäßigkeit im Blick haben. Im konkreten Fall haben wir dieser Maßgabe entsprochen, und das dokumentieren wir heute auch mit unserem Antrag und dem Beschluss dazu.

Es geht aber darüber hinaus; es ist eine kontinuierliche Aufgabe. Es ist schon darauf hingewiesen worden: Der Bundestag hat auch in der Vergangenheit in vielfacher Weise seine Integrationsverantwortung wahrgenommen: durch Anfragen einzelner Abgeordneter, durch Kleine Anfragen von Fraktionen, durch Parlamentsdebatten, durch Anträge, die hier beraten und beschlossen wurden,

(Peter Boehringer [AfD]: Ja, die AfD-Anträge!)

durch Beratungen in den Ausschüssen, durch Gespräche im Haushaltsausschuss, im Finanzausschuss, im Europaausschuss mit den Präsidenten von EZB und Bundesbank, durch Unterrichtungen der Bundesregierung und in vielfacher Weise darüber hinaus – etwa auch durch Fachgespräche.

Im Lichte des Urteils des Bundesverfassungsgerichts werden wir jetzt noch einmal beraten, wie wir unsere Integrationsverantwortung aufbauend auf all den beschriebenen Formaten noch klarer, noch besser, noch kontinuierlicher, noch konsequenter wahrnehmen können. Darüber finden derzeit intensive Gespräche beim Bundestagspräsidenten und zwischen den Fraktionen statt. Das ist nicht die Aufgabe für heute, aber das werden und müssen wir nach der Sommerpause umsetzen, weil für uns völlig klar ist: Wir werden dieser Integrationsverantwortung kontinuierlich, dauerhaft, konsequent nachkommen. Wir werden unsere parlamentarischen Rechte und Pflichten wahrnehmen und unserer Verantwortung gerecht werden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Drittens ist das auch ein klares Signal nach Brüssel. Und dieses Signal heißt: Ja, wir werden unserer Integrationsverantwortung gerecht, und das tun wir auf Basis des Grundgesetzes. – Unser Grundgesetz ist eine Verfassung, die integrationsoffen und europarechtsfreundlich ist. Das kommt in der Präambel und in den Bestimmungen des Grundgesetzes zum Ausdruck.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es besteht für uns überhaupt kein Zweifel, dass wir die Unabhängigkeit der EZB sowie der Bundesbank achten, dass wir die Urteile des EuGHs sowie des Bundesverfassungsgerichts achten.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Andreas Jung (CDU/CSU):

Und es ist zuvörderst Aufgabe des Europäischen Gerichtshofs – so formulieren wir es im Antrag, und das ist auch die Wortwahl des Bundesverfassungsgerichts –, über die Anwendung und Auslegung europäischen Rechts, der europäischen Verträge zu befinden, das zu befördern und entsprechend Recht zu sprechen.

(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Sie haben jetzt noch einen Satz. Dann entziehe ich Ihnen das Wort.

Andreas Jung (CDU/CSU):

Auf dieser Grundlage setzen wir darauf, dass es, wo immer es ein Spannungsfeld gibt, in einer guten Kooperation von EuGH und Bundesverfassungsgericht gelingt, dieses Spannungsfeld aufzulösen.

Wir werden diesem Antrag heute aus den genannten Gründen zustimmen. Ich glaube, damit machen wir einen wichtigen Schritt in dieser Debatte.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Christian Petry [SPD])