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Andrea Lindholz: "Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte zunächst weiter aussetzen"

Rede zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren in dieser Woche, heute und morgen, über verschiedene Gesetzentwürfe und Anträge der Fraktionen, den Familiennachzug für subsidiär schutzberechtigte Asylbewerber zu regeln. Sie reichen von der Rückkehr zur Rechtslage vor August 2015 – das ist der Gesetzentwurf der AfD – bis hin zur Aufhebung der geltenden Aussetzung, und zwar bedingungslos. Wenn wir keine Regelung treffen, dann würde der Familiennachzug ab dem 16. März dieses Jahres wieder möglich sein. Auch wir sehen daher aus unserer Sicht Handlungsbedarf.

Subsidiär Schutzberechtigte haben nach internationalem Recht grundsätzlich keinen uneingeschränkten Anspruch auf einen Familiennachzug.

(Zuruf von der AfD: Aha!)

Die Länder können den Familiennachzug an spezielle Bedingungen knüpfen, beispielsweise an das Vorhandensein ausreichenden Wohnraums oder die Sicherung des Lebensunterhaltes.

Wir haben in der letzten Legislaturperiode zum 1. August 2015 diese Regelung geändert und die subsidiär Schutzberechtigten den Flüchtlingen nach der Genfer Flüchtlingskonvention gleichgestellt. Damit haben wir den Familiennachzug erleichtert. Zum damaligen Zeitpunkt hatten gerade einmal 2 000 Personen diesen Schutzstatus erreicht.

Im Zuge der Flüchtlingskrise haben wir im März 2016 den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte ausgesetzt; denn die Zahlen sind erheblich angestiegen. Wir wollen nach wie vor die Zuwanderung ordnen, steuern und begrenzen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Jahr 2016 erhielten knapp 153 000 Menschen diesen Schutzstatus; das waren 40 Prozent aller berechtigten Asylgesuche. Ein rechtlich zulässiges Mittel der Steuerung und Ordnung ist die Aussetzung dieses Familiennachzuges. Die Fraktionen der Grünen und der Linken haben schon Ende 2016 beantragt, diese Aussetzung wieder aufzuheben.

(Beifall des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Gleichlautende Gesetzentwürfe und Anträge stehen auch morgen auf der Tagesordnung.

Es hat im März 2017 hier im Haus eine Anhörung zu diesem Thema gegeben, bei der uns Sachverständige nochmals bestätigt haben, dass die Aussetzung des Familiennachzuges an dieser Stelle sachlich zulässig ist. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund, der dort ebenfalls vertreten war, hat uns eindringlich gebeten, die Aussetzung beizubehalten, um die Integrationsfähigkeit der Kommunen zu erhalten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

An dieser Bitte der Kommunen hat sich bis heute nichts geändert. Das sind Zahlen, Daten und Fakten, an denen man neben Gesichtspunkten wie Menschlichkeit, Familie, Zuwanderung nun einmal nicht vorbeireden darf.

Im Jahr 2017 haben knapp 96 000 Menschen subsidiären Schutz erhalten. Bei insgesamt sinkenden Zahlen entspricht das wiederum einem Wert von ungefähr 40 Prozent. Unser Bundesinnenminister hat daher Ende November letzten Jahres zu Recht gesagt: Wir brauchen noch eine Aussetzung, wir müssen die Dinge noch steuern und ordnen, wir brauchen hier neue Regeln.

Unser Gesetzentwurf, der Gesetzentwurf der Union, über den morgen debattiert wird, zielt daher darauf ab, den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte zunächst weiter auszusetzen und gleichzeitig mit einem möglichen Koalitionspartner, der SPD, eine Änderung an dieser Stelle herbeizuführen, die zum einen Begrenzungen, aber zum anderen auch konkrete Bedingungen für den Nachzug formuliert. Ich halte unseren Gesetzentwurf auch für den einzig zielführenden. Zum einen zeichnet sich in der heutigen Debatte und in den vorgelegten Gesetzentwürfen, die wir heute und morgen beraten, ganz deutlich ab, dass es keine Rückkehr zum alten Rechtszustand vor August 2015 geben wird. Das ist in diesem Haus nicht mehrheitsfähig.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, die heutige Situation ist auch nicht mehr mit der Situation vor 2015 vergleichbar. Durch den Bürgerkrieg sind wesentlich mehr Menschen als subsidiär Schutzberechtigte in unserem Land, und zwar wesentlich länger, als man sich das bei subsidiär Schutzberechtigten vorstellt. Die Härtefallregelung, die Sie in der Begründung zu Ihrem Gesetzentwurf ansprechen, hat sich als extrem eng gefasst und nicht zielführend erwiesen, um diesen Sachverhalt umfassend zu regeln. Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat zum Beispiel entschieden, dass eine Schlechterstellung von subsidiär Schutzberechtigten gegenüber GFK-Flüchtlingen als unzulässig anzusehen ist. Das heißt: Das ist eine Mindermeinung. Dennoch sehen wir daran: Der Gesetzgeber ist gefordert, hier in diesem Hause eine mehrheitsfähige Regelung zu treffen und im Sinne des Grundsatzes „steuern, ordnen und begrenzen“ und unter der Berücksichtigung des Schutzes Minderjähriger sowie des Rechtes auf Ehe und Familie Neuregelungen zu formulieren.

Ich bin daher sehr froh, dass die Kolleginnen und Kollegen der SPD auf der Basis des Sondierungspapiers bereit sind, diesen Weg mitzugehen; denn ohne eine Neuregelung besteht die Gefahr, dass durch die Rechtsprechung und durch die Anwendung von Einzelfallentscheidungen genau die Ergebnisse erzielt werden, die wir nicht haben wollen, die sogar kontraproduktiv sein können, und wir unserem Grundsatz „steuern, ordnen und begrenzen“ dann eben nicht gerecht werden.

Insofern bitte ich Sie, in der Sache dem Gesetzentwurf der AfD nicht zuzustimmen, sondern morgen dem Gesetzentwurf der Union.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)