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Deutsche Wirtschaft; Stahl
(Quelle: Unsplash.com)

"Wir müssen wieder mehr ans Erwirtschaften denken!"

3 Fragen, 3 Antworten zum Jahreswirtschaftsbericht 2019 an Carsten Linnemann

Die deutsche Wirtschaft wächst auch im Jahr 2019 - allerdings langsamer als erwartet. Das Wachstum geht vor allem auf die starke Binnenwirtschaft zurück. Dass die Wachstumsprognose geringer ausfällt als erwartet, ist auf außenwirtschaftlichen Risiken wie den Brexit oder den Handelsstreit zwischen den USA und China zurückzuführen, sagt Carsten Linnemann. Welche Maßnahmen jetzt ergriffen werden müssen, um die deutsche Wirtschaft für die Zukunft zu wappnen, schildert der stellvertretende Fraktionsvorsitzende im "3 Fragen - 3 Antworten"- Interview.

Die Bundesregierung senkt im Jahreswirtschaftsbericht ihre Konjunkturprognose auf 1,0 Prozent Wachstum für das Jahr 2019. Stehen wir vor einer Krise?

Auch dank einer weiter steigenden Beschäftigung ist der Binnenmarkt noch stabil. Von einer Krise müssen wir bislang also noch nicht reden. Aber die Stimmung hat sich ohne Zweifel eingetrübt, der ifo Geschäftsklimaindex ist im Januar auf den niedrigsten Wert seit Februar 2016 gefallen, die Geschäftserwartungen sind erstmals seit Dezember 2012 pessimistisch. Wir müssen damit rechnen, dass der Aufschwung eher früher als später endet.

Woran liegt das? 

Die Weltkonjunktur, von der wir in den letzten Jahren stark profitiert haben, hängt am seidenen Faden. Die beiden größten Volkswirtschaften USA und China überziehen sich gegenseitig mit Sanktionen und die hoch verschuldeten Schwellenländer leiden unter den plötzlich anziehenden Zinsen im Dollarraum. In einer Exportnation wie der unseren drückt das natürlich auf die Stimmung. Zu allem Überfluss droht nun noch ein ungeregelter Brexit. Großbritannien ist unser drittwichtigster Exportmarkt und könnte in Kürze den gleichen Handels-Status haben wie beispielsweise Uganda. Dass uns das sehr schaden würde, dürfte jedem klar sein.

Was gilt es daher zu tun?

Wir brauchen wieder mehr Freiräume für wirtschaftliche Initiative in Deutschland. In den letzten Jahren haben wir zu viel reguliert und zu viel umverteilt - jetzt müssen wir wieder mehr ans Erwirtschaften denken. Deswegen ist es richtig, dass wir in der Fraktion derzeit eine Strukturreform der Unternehmenssteuern vorbereiten. Dabei geht es um Steuerentlastung - die gesamte Belastung sollte inklusive Gewerbesteuer nicht höher als 25 Prozent liegen - aber vor allem auch um Vereinfachungen. Ich denke besonders an unseren vielen Familienunternehmen, die bis heute steuerliche Nachteile gegenüber Kapitalgesellschaften haben. Das müssen wir abschaffen, die zu zahlende Steuer darf nicht länger von der Rechtsform abhängen. Aber auch an vielen anderen Stellen sind die Regeln für unsere Unternehmen viel zu kompliziert - deswegen muss das Bürokratieabbaugesetz III ein Erfolg werden. Abgesehen davon wäre der Wirtschaft wahrscheinlich schon geholfen, wenn wir sie einfach mal in Ruhe arbeiten lassen würden, anstatt immer weiter neue Regulierung oben draufzusatteln.