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Nadine Schön: Nutzen wir die Krise als Chance!

Redebeitrag in der Haushaltswoche zum Einzelplan 04 - Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt

Nadine Schön (CDU/CSU):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit dreieinhalb Stunden diskutieren wir intensiv darüber, wie wir als Land die Krise bewältigen. Das ist auch gut und richtig; denn das Parlament ist der Ort der kontroversen Debatte. Wir sind ja die Seismografen in unseren Wahlkreisen; wir bekommen mit, was funktioniert, was nicht funktioniert, was die Menschen denken, fühlen und erwarten. Und deshalb ist es gut, dass wir hier im Parlament die Grundlagen für die Maßnahmen der Regierungen in Bund und Ländern legen und diese auch kontrovers diskutieren. Ich finde, gerade in der Krise hat sich unser parlamentarisches System, unsere parlamentarische Demokratie, bewährt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Krisenzeiten sind aber auch Zeiten der Veränderung, und wir müssen sie als solche begreifen und nutzen. Auch Churchill sagte schon: „Never let a good crisis go to waste.“ In der Krise sehen wir wie unter einem Brennglas, wo es hakt, was nicht gut funktioniert, wo wir Veränderungsbedarf haben. Und wir sehen in der Krise auch Neues, Überraschendes

(Simone Barrientos [DIE LINKE]: Ach was?)

und Dinge, die funktionieren, die vielleicht in normalen Zeiten gar keine Chance gehabt hätten. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir für die Zukunft nutzen.

Ich will ein paar Punkte herausgreifen, bei denen ich finde, dass wir sie in den nächsten Jahren groß machen müssen. Da ist zum einen das Stichwort „Open Social Innovation“. In der Krise haben wir gelernt: Die besten Lösungen entstehen nicht unbedingt in den Behörden, in den politischen Hinterzimmern. Die besten Lösungen entstehen an der Schnittstelle von Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Politik und Verwaltung. Und was die beste Lösung ist, sieht man erst, wenn man mehrere Lösungen parallel entwickelt, wenn man sie testet, nachbessert, verwirft, optimiert. Diese neue Methode haben über 28 000 Menschen in 1 500 Projekten zu Beginn der Coronakrise im Rahmen des Hackathons WirVsVirus angewandt. Herausgekommen sind etliche funktionierende Lösungen, sei es wir-bleiben-liqui.de, wo Unternehmen das richtige Hilfsprogramm finden können, oder Quarano, das Gesundheitsämter bei der Betreuung von Infizierten unterstützt, oder die Angebote der Corona School, die individuelle Lernunterstützung bietet. Das sind pragmatische Lösungen, die aus einer Vielzahl von Innovationen und Ideen ganz schnell entwickelt worden sind und die funktionieren.

Liebe Frau Christmann, wenn Sie sagen: „Es ist jetzt Aufgabe der Bundesregierung, das in die Fläche zu bringen“, dann sage ich: Nein, auch Sie sind in zahlreichen der 16 Landesregierungen vertreten; auch Sie sitzen in etlichen Rathäusern dieses Landes. Gehen wir doch auf die kommunalen Vertreter zu, auf diejenigen, die vor Ort sind! Alle können diese neu entwickelten Lösungen nutzen. Das löst Probleme, das macht die Prozesse schneller und besser. Es ist nicht immer nur die Bundesregierung, die dafür verantwortlich ist. Diese neue Form des modernen Regierens kann überall zur Entfaltung kommen. Mit unserem Hackathon haben wir die Grundlage dafür geschaffen, und ich wünsche mir, dass wir sie gemeinsam über alle föderalen Ebenen hinweg auch in Zukunft anwenden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ausgehend von diesem neuen, wunderbaren Ansatz müssen wir weiterdenken: Wie bringen wir Innovation in Verwaltung? Das muss das Thema der nächsten Jahre sein. Auch hier muss ich noch mal die Kollegin Christmann ansprechen. Sie fordern eine Technologie-Taskforce. Ich kann Ihnen sagen: Schauen Sie in den Haushalt. In den Haushaltsberatungen haben wir genau das beschlossen. Im Haushalt des Innenministeriums finden Sie einen neuen Ansatz von 6,5 Millionen Euro, mit denen wir eine Innovations- und Transformationseinheit für die Verwaltung der Zukunft schaffen werden, wo neue Methoden getestet und angewandt werden können, wo Innovationen aus der Zivilgesellschaft, aus Start-ups von innovativen Menschen in die Verwaltung hineinfließen. Das ist wirklich der Game Changer für die Verwaltung der Zukunft. Das, was Sie fordern, haben wir schon umgesetzt. Lassen Sie uns das in den nächsten Jahren mit Leben füllen!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch in dem Haushalt, den wir gerade beraten, nämlich im Haushalt des Bundeskanzleramts, findet man eine Innovation. Ich danke ganz herzlich Patricia Lips, die uns unterstützt hat, das dort hineinzuformulieren. Wir werden uns im nächsten Jahr genau anschauen: Wie kann man Forecasting verbessern? Wie kann man es schaffen, innovative Entwicklungen, neue Geschäftsmodelle, neue Technologien früher in unser politisches System, früher in unsere Regulierung zu integrieren, damit wir innovationsoffen regulieren, damit wir so regulieren, dass neue Entwicklungen eine Chance haben, dass sie groß werden in unserem Land und nicht behindert werden von Gesetzen und Vorschriften, die wir heute haben? Dafür zu sorgen, ist die Aufgabe der – wie wir sie nennen – Zukunftslobby; Sie können dem auch einen anderen Namen geben. Wir haben Geld dafür eingestellt, dass wir die Basis für dieses neue Regieren entwickeln können. Auch das finden Sie in diesem Haushalt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde, wir können ganz schön stolz sein. Wir können stolz darauf sein, dass der erste Test in Deutschland entwickelt worden ist. Wir können stolz darauf sein, dass der erste Impfstoff in Deutschland entwickelt worden ist. Wir können stolz darauf sein, dass die am besten funktionierende Corona-Warn-App der Welt in Deutschland entwickelt wurde und hier zum Einsatz kommt. Das ist ein gutes Zeichen für unseren Innovationsstandort Deutschland.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Auch für das, was wir tun müssen, um unsere Innovationskraft in nächster Zeit noch zu stärken, finden Sie in diesem Haushalt die richtigen Ansatzpunkte. Ich sage nur: 10 Milliarden Euro für den Zukunftsfonds. Wie lange beschweren wir uns schon darüber, dass wir zu wenig Wachstumskapital in unserem Land haben? Wie lange beschweren wir uns schon darüber, dass die institutionellen Anleger nicht in Risikokapital investieren, dass wir Deep Tech nicht finanzieren können, dass größere Finanzierungsrunden für unsere innovativen Ideen, für die Start-ups in Deutschland nicht möglich sind? In diesem Haushalt finden Sie endlich die Antwort: 10 Milliarden Euro, die wir zur Verfügung stellen, die mit privatem Kapital auf eine Summe von 20 bis 30 Milliarden Euro gehebelt werden; das ist das Sechsfache dessen, was Frankreich in diesem Bereich einsetzt. Hier setzen wir ein klares Zeichen in Richtung Zukunft: Wir geben guten Ideen eine Chance. Wir wollen, dass Start-ups in Deutschland groß werden können, dass die nächsten großen digitalen Unternehmen auch in unserem Land, in Deutschland, und in Europa entstehen. Und die 10 Milliarden Euro, die wir mit diesem Haushalt endlich auf den Weg bringen – nach jahrzehntelanger Diskussion –, sind das richtige Zeichen in Richtung Zukunft.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb kann ich nur sagen: Nutzen wir die Krise! Nutzen wir die Krise als Chance, um Strukturen aufzubrechen, Strukturen zu ändern, um nach vorne zu gehen, unser Land zu modernisieren und den vielen innovativen Menschen in unserem Land mit den vielen Ideen – sei es in den Unternehmen, sei es in den Start-ups, sei es in der Zivilgesellschaft – eine Chance zu geben, groß zu werden, zu wachsen, in den Einsatz zu kommen. So stelle ich mir das Deutschland der Zukunft vor. Nutzen wir die Krise als Chance!

(Beifall bei der CDU/CSU)