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Fritz Güntzler: Dieses Corona-Steuerhilfegesetz ist ein Anfang

Rede zum Corona-Steuerhilfegesetz

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer! Wir haben heute infolge der Coronapandemie ein weiteres Steuergesetz zu beschließen, nämlich das Corona-Steuerhilfegesetz. Man könnte auch sagen: Soforthilfegesetz, weil – Kollegin Arndt-Brauer hat ja schon darauf hingewiesen – weitere Maßnahmen folgen müssen; darauf werde ich auch noch eingehen. Aber es ging jetzt im ersten Schritt darum, zu überlegen, wie wir die Liquidität der Unternehmen sichern.

Es gab schon verschiedene Maßnahmen der Finanzverwaltung. Es gab Stundungserleichterungen, zinslose Stundungen; die Herabsetzung von Vorauszahlungen wurde erleichtert. Also, es ist eine ganze Menge getan worden. Aber es ist weiterhin was zu tun, damit wir das Wesentliche schaffen, nämlich Liquidität bei den Unternehmen zu sichern.

Wir haben auch bestimmte Branchen im Blick; die Gastronomie ist ja jetzt schon mehrfach angesprochen worden. Frau Kollegin Arndt-Brauer sprach davon, dass dies nicht eine der besten Maßnahmen sei, die wir treffen würden. Ich zitiere dann lieber den Bundesfinanzminister, der in seiner Einbringungsrede gesagt hat, das sei eine ganz wichtige Verbesserung für diesen Bereich. – Also: Da, wo Herr Scholz recht hat, hat er recht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Von daher ist das eine gute Maßnahme. Es sind in der Kalkulation 12 Prozentpunkte weniger bei gleichen Preisen zu zahlen, die dem Gastronomen in Zukunft zur Verfügung stehen, wenn er denn wieder Umsatz machen kann. Es geht ja wieder los. Wir haben diese Maßnahme jetzt für die Dauer eines Jahres beschlossen, und wir werden die Diskussion weiter verfolgen.

Aber, Herr Münzenmaier, eins geht nicht: Sie haben hier die Auflagen, die wir oder auch die Länder gemacht haben, kritisiert. Diese Auflagen sind ja kein Selbstzweck. Sie dienen dem Schutz der Menschen. Wenn man sich an die Auflagen eben nicht hält, dann passiert – das wissen wir; das haben wir in Leer in Ostfriesland gesehen – Ungewolltes. Von daher ist es fahrlässig, wenn Sie hier heute dazu auffordern, diese Auflagen zu reduzieren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden in diesem Bereich weitermachen. Natürlich ist die Ermahnung richtig, dass man sich vielleicht mal grundsätzlich mit der Umsatzsteuer beschäftigen sollte, weil bei der Unterscheidung zwischen ermäßigtem Steuersatz und Regelsteuersatz nicht alles – Beispiele sind ja hier auch vorgetragen worden – erklärbar ist. Es sind ja schon mehrere politische Anläufe gemacht worden. Aber vielleicht könnten wir dieses Thema nach der Coronakrise ja noch mal aufgreifen und hier zu einer Vereinheitlichung kommen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir haben in diesem Gesetz auch einiges geregelt, was für die Kommunen wichtig ist – sie haben im Rahmen der Coronapandemie ja auch einiges zu leisten –: etwa dass sie in dieser Zeit ihr Umsatzsteuersystem nicht umstellen müssen. In dem Gesetz gibt es ja auch eine Maßnahme zur Übergangsregelung zu § 2b UStG. Die Frist der Übergangsregelung – Veränderung für die Besteuerung der juristischen Körperschaften des öffentlichen Rechts – verlängern wir jetzt für zwei Jahre, also bis zum 31. Dezember 2022. Wir hoffen, dass das Bundesfinanzministerium bis dahin dann auch die offenen Fragen klären konnte, die dazu geführt haben, dass wir dieses tun mussten.

Wir haben weiterhin dafür gesorgt – Frau Kollegin Arndt-Brauer hat darauf schon hingewiesen –, dass die Zuwendung, die ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Höhe von 1 500 Euro in diesem Jahr gewähren kann, gesetzlich geregelt wird.

Wir alle haben die Maßnahme, die Bundesfinanzminister Scholz ausgerufen und durch ein BMF-Schreiben geregelt hat, unterstützt. Wir hatten aber in der Anhörung und anderweitig vernehmen müssen, dass es hier doch gewaltige Rechtsunsicherheiten gibt. Von daher haben wir hier gehandelt. Der Gesetzgeber hat mal wieder – so kann man sagen – Handlungsfähigkeit bewiesen. Vielleicht ist das ja auch ein Hinweis an die Regierung, den Gesetzgeber öfter wieder einzubinden. Wir sind bereit und können schnell Beschlüsse fassen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das sind einige Punkte. Wie gesagt, dieses Corona-Steuerhilfegesetz ist ein Anfang. Wir werden weitere Punkte umsetzen müssen, etwa ein Wachstumspaket. Es wird nicht nur darum gehen, die Liquidität zu retten, sondern auch darum, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft aufrechtzuerhalten. Von daher werden wir unser Unternehmensteuerrecht modernisieren müssen. Wir werden über die maximale Belastung von einbehaltenen Gewinnen reden müssen. Wir werden Strukturdebatten führen müssen. Aber ein entscheidender Punkt, der die Liquidität betrifft, ist, dass wir was bei der Verlustverrechnung machen müssen.

Wir hatten eine sehr beeindruckende Sachverständigenanhörung. Ich habe in den letzten sieben Jahren, die ich dem Deutschen Bundestag angehören darf, viele Sachverständigenanhörungen miterlebt. Aber ich glaube, es gab noch keine, bei der sich die Sachverständigen unisono einig waren, dass wir die Verlustverrechnung verbessern müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Was heißt „Verlustverrechnung“? Verlustverrechnung ist eine Auswirkung der sogenannten Abschnittsbesteuerung. Wir nehmen in Deutschland als Wirtschaftsjahr ja immer das Kalenderjahr. Man guckt sich genau an: Welcher Gewinn, welcher Verlust ist entstanden? Es ist sinnvoll, im Rahmen einer Gewinnglättung im Ausfluss des wirtschaftlichen Leistungsfähigkeitsprinzips eben gute und schlechte Jahre miteinander zu verrechnen. Das nennt man „Verlustverrechnung“. Das sind so ungefähr 30 Prozent, die im Falle eines Verlusts bei einer Kapitalgesellschaft einen latenten Steueranspruch darstellen. Man kann diesen in der Zukunft natürlich mit Gewinnen verrechnen – dann muss man als Unternehmer eine längere Zeit warten, bis man das Geld wiederbekommt –, oder man kann ihn sogar mit entstandenen Gewinnen verrechnen. Das ist dann der Verlustrücktrag.

Diesen haben wir, was verfassungsgemäß ist – das ist mehrfach entschieden worden –, bei Kapitalgesellschaften sehr begrenzt, nämlich auf ein Jahr und auf 1 Million Euro . Ich glaube, der Zeitpunkt, den wir jetzt haben, ist gut dafür geeignet, um darüber nachzudenken, diesen Betrag – ich würde mal sagen – wesentlich zu erhöhen – er war früher mal bei 10 Millionen D-Mark; das wären dann 5 Millionen Euro –, aber vielleicht gibt es auch was dazwischen. Wir sollten, weil die Gewinnsituation bei Unternehmen 2018/2019 ja unterschiedlich war, auch darüber nachdenken, vielleicht sogar zu einem Zeitraum von zwei Jahren zurückzukehren. Das würde den Unternehmen tatsächlich helfen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich glaube, damit würden wir auch dem Nettoprinzip noch mehr Geltung verschaffen.

Wir sollten aber gleichzeitig auch darüber nachdenken, ob wir, wenn der Verlust für den Verlustrücktrag zu groß ist, die Mindestbesteuerung für die Folgezeit aufheben; denn sie dürfen nicht alle Verluste in den Folgejahren vollständig verrechnen. Auch das ist ein Punkt, den wir in diesem anstehenden Gesetzgebungsvorhaben aufgreifen sollten. Ich habe beim Koalitionspartner auch eine gewisse Bereitschaft vernommen, darüber zu diskutieren.

(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Wir sollten es regeln und nicht nur diskutieren!)

Von daher sollten wir gemeinsam Lösungen finden. Das gilt auch für andere Themen. Beispielsweise könnten wir den Grenzwert der Istbesteuerung bei der Umsatzsteuer von 600 000 auf 800 000 Euro erhöhen.

Es gibt also noch viele Dinge, die wir angehen können. Wir sollten sie zügig angehen. Heute machen wir mit diesem Gesetz einen ersten Schritt. Weitere müssen dringend erfolgen. Wir haben unsere Vorschläge dazu gemacht. Wir warten auf die Vorschläge des Bundesfinanzministers, und dann werden wir hier zügig gute Gesetze für die deutsche Wirtschaft beschließen können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)