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„Ein digitales Wirtschaftswunder ist möglich“
(Quelle: Julia Nowak)

„Ein digitales Wirtschaftswunder ist möglich“

Kongress der Unionsfraktion zur Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft

Die Soziale Marktwirtschaft wird dieser Tage 70 Jahre alt. Die Welt der Arbeit und der Produktion sieht aber heute anders aus als noch vor drei Generationen. Die zentralen Herausforderungen heißen jetzt Globalisierung und Digitalisierung, Demografie und Umweltschutz. „Wir stehen vor Herausforderungen, die sich gewaschen haben“, so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Carsten Linnemann. 

Gesagt hat Linnemann dies auf einem Kongress der Unionsfraktion über die Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft. Unter dem Motto "Innovationen, Wettbewerb und Zusammenhalt" diskutierten dort Wirtschaftsforscher und Unternehmensvertreter mit Vertretern aus Gesellschaft und Politik über die essenziellen Fragen der wirtschaftlichen Zukunft Deutschlands.

„Der Staat ist ein miserabler Unternehmer“

Die Soziale Marktwirtschaft müsse in jeder Generation neu erkämpft werden, befand Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Es müsse immer wieder darum gerungen werden, die Eingriffe des Staates in die Marktwirtschaft auf die Bereiche zu beschränken, die der Markt nicht alleine in den Griff bekomme. Der Staat selber sei ein „miserabel schlechter Unternehmer“. Er müsse aber die Rahmenbedingungen setzen und regulierend eingreifen –  beispielsweise, wenn es um den Datenschutz gehe. Ein wesentlicher Teil der Wertschöpfung werde in Zukunft aus Daten entstehen, sagte er voraus. Der Staat müsse klären, wem diese Daten gehören und wer sie wie nutzen dürfe. 
Der Vorsitzende der Unionsfraktion, Volker Kauder, ging auf die Datenschutzgrundverordnung ein, die seit Mai in Kraft ist und den Umgang mit Daten für die Europäische Union einheitlich regelt. Die Verordnung sei an einigen Stellen übertrieben, räumte Kauder ein, doch sei es sinnvoll, dass jeder nun wissen könne, welche Daten wo über ihn gesammelt würden. Die Unionsfraktion habe dabei verhindert, dass es zu Auswüchsen komme, dass etwa eine Abmahnindustrie entstehe. 

Künstliche Intelligenz demokratisieren

Die Bedeutung der Daten für die Entwicklung künstlicher Intelligenz (KI) betonte die Vorsitzende der Geschäftsführung Microsoft Deutschland, Sabine Bendiek. „Je mehr Daten wir haben, desto besser können die Maschinen lernen.“ Die künstliche Intelligenz bezeichnete sie als „game changer“. Es sei wichtig, dass man die KI demokratisiere, damit sie nicht ausschließlich großen Unternehmen vorbehalten bleibe. Die Präsidentin des Gesamtverbandes der deutschen Textil -und Modeindustrie, Ingeborg Neumann, dachte laut nach über einen Zwang zur Offenlegung aller Verbraucherdaten, damit nicht nur die großen Plattformen davon profitierten, sondern auch der Mittelstand daran teilhaben könne. 

Kauder warb dafür, den Menschen die Angst vor der Digitalisierung zu nehmen. So würden zwangsläufig irgendwann Roboter in das Leben der Menschen treten, etwa im Bereich der Pflege. Er forderte mehr Digitalisierung in der Bildung sowie eine bessere Förderung von Kreativität an Universitäten und Weiterbildung in den Betrieben. So werde man Geld in die Hand nehmen, um die Wirtschaft bei der Weiterbildung ihrer Arbeitnehmer zu unterstützen. Außerdem sei die Koalition entschlossen, eine steuerliche Forschungsförderung auf den Weg zu bringen. 

„Digitale Dividende“ gefordert

Neumann, die auch geschäftsführende Gesellschafterin der Peppermint Holding ist, forderte andere Profile in der Ausbildung. Beispielsweise müssten Ingenieuren umfassende Kenntnisse in Informatik erhalten. Sie lobte das Vorhaben der staatlichen Forschungsförderung, forderte aber auch Unterstützung der mittelständischen Unternehmen bei der Digitalisierung, eine Art „digitaler Dividende“. Benediek zeigte sich sicher: „Ein digitales Wirtschaftswunder ist Deutschland ist möglich.“ 

Junge Menschen in Deutschland haben gute Chancen

Angesichts der Umbrüche in der Wirtschafts- und Arbeitswelt zeichneten der Präsident des Münchner ifo-Instituts, Clemens Fuest, und der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, ein differenziertes Bild der Situation von Arbeitnehmern in Deutschland. Zwar gebe es Ungleichheit in vielen Dimensionen – von den Regionen über Einkommen und Vermögen bis zur Lebenserwartung -, sagte Fuest. Doch Deutschland als ein besonders ungleiches Land zu bezeichnen sei unangemessen. So habe Deutschland innerhalb der G7 die niedrigste Netto-Einkommensungleichheit. „Keiner kann sagen, es gäbe keine Chancen“, sagte er auch unter Verweis auf die vergleichsweise geringe Jugendarbeitslosigkeit. „Das Bild ist daher gemischt.“ In vielerlei Hinsicht gehe es Deutschland sehr gut.

„Umverteilen ist der falsche Ansatz“

Fratzscher wies darauf hin, dass man den Wohlstand in Deutschland nur halten könne, wenn man den Menschen mehr Teilhabe ermögliche. „Umverteilen ist der falsche Ansatz“, betonte er. Ein großes Potenzial liege etwa in der Gleichstellung von Frauen am Arbeitsmarkt. 80 Prozent der Frauen arbeiteten in Teilzeit und könnten ihre Talente und Fähigkeiten nicht richtig nutzen. „Da entgeht uns etwas.“ Auch müsse dafür gesorgt werden, dass weniger junge Menschen die Schule ohne Abschluss verlassen.