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Dr. André Berghegger: Als Bund müssen wir unsere finanzielle Leistungsfähigkeit im Auge haben

Redebeitrag zur Anpassung der Ergänzungszuweisungen des Bundes

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Sie können sich vorstellen: Ich lege in meiner Rede einen etwas anderen Schwerpunkt.

(Marianne Schieder [SPD]: Hoffentlich! – Zuruf von der LINKEN: Sehr gut!)

„Gesetz zur Anpassung der Ergänzungszuweisungen des Bundes nach § 11 Absatz 4 des Finanzausgleichsgesetzes und zur Beteiligung des Bundes an den flüchtlingsbezogenen Kosten der Länder“ – was für ein sperriger Titel! Dahinter verbergen sich drei Themenschwerpunkte:

Erstens. Eine technische Korrektur: Es gibt besondere Ergänzungszuweisungen an empfangsbedürftige Länder für hohe Kosten der politischen Führung. Das sind Zuweisungen an zehn Länder. Dahinter verbirgt sich eine Berechnung des Statistischen Bundesamtes. Das verursacht 114 Millionen Euro Mehrbelastung beim Bund; insoweit in Ordnung.

Zweitens: die erste Tranche von 200 Millionen Euro von zugesagten 3,1 Milliarden Euro für den Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Das ist eine Umsetzung des Beschlusses der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder von Ende September dieses Jahres. Damit werden drei Ziele verfolgt: den Personalbestand in den öffentlichen Gesundheitsämtern zu erhöhen, die Attraktivität des Öffentlichen Gesundheitsdienstes zu erhöhen – dafür wird auf der Länderebene ein Maßnahmenbündel sicherlich individuell erarbeitet werden –, und die Aus-, Fort- und Weiterbildung im Öffentlichen Gesundheitsdienst soll gesteigert werden.

Wir wissen doch alle – wir kriegen das doch jetzt mit –, dass bei dieser Dynamik der Pandemie die öffentlichen Gesundheitsämter an die Leistungsgrenze kommen. Die Inzidenzwerte und die Infektionszahlen sind so hoch, dass die Infektionsketten nicht mehr verfolgt werden können. Wie löst man das Problem pragmatisch? Man löst es pragmatisch durch Amtshilfe der Bundeswehr in vielen Bereichen. Das zeigt aus meiner Sicht mal wieder die Leistungsfähigkeit und ‑willigkeit der Soldatinnen und Soldaten, und deswegen an dieser Stelle einen herzlichen Dank an die Truppe!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden aus verschiedenen Bereichen in den Verwaltungen abgezogen. Sie bekommen eine kurze Einweisung und verfolgen dann die Infektionsketten. So kann man sich kurzzeitig helfen. Aber das führt ja nicht weiter; denn sie fehlen an anderen Stellen. Das ist ja logisch. Die Aufgaben bleiben liegen. Deswegen ist es so wichtig, den Personalbestand in den öffentlichen Gesundheitsämtern zu erhöhen. Deswegen wundert mich an dieser Stelle, dass die erste Tranche von 200 Millionen Euro im Vergleich zu der insgesamt zugesagten Summe so gering angesetzt ist.

(Otto Fricke [FDP]: Das wundert nicht nur dich!)

Aber dieser Betrag ist mit den Ländern abgestimmt, er ist so vereinbart, und deswegen schreiben wir ihn fest. Und die Länder müssen an dieser Stelle auch die zweckentsprechende Verwendung der Mittel nachweisen,

(Otto Fricke [FDP]: Das steht aber nicht im Gesetz! – Peter Boehringer [AfD]: Das steht alles nicht im Gesetz!)

und da sei mir die Anmerkung erlaubt: Darauf werden wir auch achten.

Der dritte Schwerpunkt in diesem Gesetz: die Kompensationszahlung an die Länder zum Ausgleich der Kosten für Asylbewerber. Mein Vorredner hat das ausführlich aus seiner Sicht beschrieben; ich habe eine andere Meinung dazu. Das Verfahren ist seit 2016 eingeübt. Wie funktioniert es? Es werden zuerst Abschlagszahlungen anhand der geschätzten Asylbewerberzahlen geleistet und im Nachgang dann eine Spitzabrechnung anhand der tatsächlich ermittelten Zahlen, tagesgenau anhand der tatsächlich ermittelten Zahlen. Und was wird gezahlt? 670 Euro pro Monat pro Asylbewerber von dem Zeitpunkt der Registrierung bis zur ersten Entscheidung des BAMF und einmalig 670 Euro für jede ablehnende Entscheidung. Auch hier liegt eine politische Entscheidung zugrunde: Die Vereinbarung zwischen Bund und Ländern, dass dieses Verfahren im Jahre 2020 und 2021 fortgesetzt werden soll.

Eine Anmerkung an dieser Stelle: Hochgerechnet bedeuten die aktuellen Zahlen, dass wir in diesem Jahr 120 000 Asylbewerber erwarten. Die Zahlen sind bei Weitem nicht mehr so hoch wie 2015 und 2016. Und deshalb ist aus meiner Sicht finanzpolitisch, haushalterisch irgendwann der Punkt gekommen, dass man mal wieder zu der ursprünglichen Kostenteilung zwischen Bund und Ländern zurückkehren müsste,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Otto Fricke [FDP]: Ach? – Peter Boehringer [AfD]: Das steht da nicht!)

so wie die Kostenteilung auch gesetzmäßig vorgesehen ist; denn diese Zahlen kennen wir auch aus vorangegangenen Jahren oder Jahrzehnten. Die Länder – das haben wir auch schon bei den Vorrednern gehört – werden bei unserer länder- und kommunalfreundlichen Politik in dieser Hinsicht finanziell nun wirklich nicht überfordert.

Insgesamt, liebe Kolleginnen und Kollegen, entlastet dieses Gesetz die Länder, insbesondere die kleineren, und Kommunen um rund 1 Milliarde Euro – ein weiteres Beispiel für länder- und kommunalfreundliches Handeln dieser Bundesregierung und des Bundes.

(Beifall bei der CDU/CSU – Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr!)

Ich schätze, wenn die Debatte zu einer anderen Zeit stattgefunden hätte, wäre sie natürlich von vielen Vertretern der Länderebene begleitet worden,

(Lachen der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE] – Otto Fricke [FDP]: Mal wieder!)

die das alles ordnungsgemäß gewürdigt hätten. Ich unterstelle mal: Es liegt schlicht und ergreifend an der Zeit, dass die Länderbank nicht vollzählig besetzt ist.

(Beifall bei der CDU/CSU – Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Peter Boehringer [AfD]: Nicht vollzählig? – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Glaube ich nicht!)

Es darf nicht zur Selbstverständlichkeit werden, dass wir hier immer wieder Länder und Kommunen ordnungsgemäß und mit aller Kraft entlasten.

(Beifall der Abg. Ute Vogt [SPD])

Wir müssen auch mal wieder auf die ursprünglichen Zuständigkeiten und die Finanzverantwortung zurückkommen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD – Peter Boehringer [AfD]: Warum tun Sie es nicht?)

Wir müssen aufpassen, dass wir auch und gerade als Bund unsere finanzielle Leistungsfähigkeit im Auge haben. Sondersituationen, in denen wir helfen wollen und in denen wir helfen werden, müssen auch irgendwann wieder auslaufen, wenn die Grundlage für diese Hilfe nicht mehr gegeben ist.

(Peter Boehringer [AfD]: Das steht da alles nicht!)

Dann kommen wir Schritt für Schritt wieder zu der ursprünglichen Aufteilung zurück: Finanzverantwortung und Aufgabenverantwortung Hand in Hand und nicht zu viele Mischverwaltungstatbestände.

(Otto Fricke [FDP]: Vorzüglich! Die Worte hör ich wohl!)

Das wäre mal ein Schritt in die richtige Richtung; aber wir haben Vereinbarungen getroffen, die werden eingehalten, die schaffen Vertrauen. Daran halten wir uns auch, und deswegen werden wir dieses Gesetz beschließen. Ich empfehle allen die Zustimmung, aber bitte unter Berücksichtigung der einen oder anderen Anmerkung von mir.

Vielen Dank fürs freundliche Zuhören.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)