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Patrick Schnieder: Nachtbaustellen taugen nicht als pauschales Modell

Redebeitrag zur Verkehrspolitik

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Zunächst einmal ist die Tatsache, dass es in Deutschland eine Vielzahl von Baustellen gibt, durchaus etwas Positives. Es wird gebaut, das Straßennetz wird verbessert. Das ist sicherlich ein gutes Zeichen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber natürlich sind Baustellen auch immer mit Nachteilen verbunden; das ist doch gar keine Frage. Die Frage ist, ob es nur deshalb mehr Staus gibt – wie hier behauptet worden ist –, weil die Baustellen schlecht geplant sind, oder ob es mehr Staus gibt, weil der Personen- und Güterverkehr in den letzten Jahren dramatisch zugenommen hat.

Im Übrigen kann es viele Gründe dafür geben, dass an eingerichteten Baustellen scheinbar nicht gearbeitet wird. Ich will nicht sagen, dass es in dem einen oder anderen Fall nicht auch schlechte Arbeit gibt, aber eine pauschale Aussage, an Baustellen werde nicht gearbeitet, ist falsch. Es gibt geplante Baupausen, beispielsweise muss der Asphalt auskühlen, oder man wartet auf die Neuberechnung von Statikern. Es kann auch zu Engpässen bei der Zulieferung von Materialien kommen.

Eine pauschale Verunglimpfung von Bauunternehmen bei der Einrichtung von Baustellen ist vollkommen falsch. Wir brauchen einen vernünftigen Blick auf die Situation. Für keines der Probleme, die in diesem Zusammenhang bestehen, bietet der Antrag der AfD eine Lösung. Deshalb haben Sie es – Sie hatten die Ausschusssitzung vorhin erwähnt – am letzten Mittwoch auch vorgezogen, über diesen Antrag im Ausschuss gar nicht zu debattieren. Das sollte man hierzu wissen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ich komme zu den einzelnen Vorschlägen. Ein 24-Stunden-Betrieb als neuer Regelfall ist aus einer Vielzahl von Gründen ungeeignet. Sie wollen ein pauschales Modell einer 24-Stunden-Baustelle an sieben Tagen in der Woche. Wenn Sie von sich als der angeblichen Partei der Arbeitnehmer reden, dann müssen Sie den Arbeitnehmern, die in einer solchen Baustelle sieben Tage in der Woche 24 Stunden arbeiten sollen, einmal erklären, wie das denn gemeint ist.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist Realsatire, Herr Kollege! Nachtbaustellen bergen grundsätzlich eine größere Unfallgefahr, sowohl für die Arbeiter als auch für die Autofahrer.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Kollege Schnieder, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Patrick Schnieder (CDU/CSU):

Nein, der Kollege hatte Redezeit genug. – Das Rangieren mit Fahrzeugen ist im Dunkeln schwieriger. Die Qualität der Arbeiten kann in der Nacht leiden. Es gibt viele Arbeiten, die aus Lärmschutzgründen nachts nicht stattfinden können. Zudem müssen Lenkzeiten von Zulieferfirmen beachtet werden. Wir sollten auch die Kosten von Nachtbaustellen nicht vernachlässigen.

Daher sage ich: Nachtbaustellen sind möglich, es gibt sie auch, aber sie müssen in jedem Einzelfall begründet werden. Sie taugen nicht als pauschales Modell.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Im Regelfall wird bei längeren Baustellen das Tageslicht für die Bauarbeiten voll ausgenutzt. Insbesondere bei kurzen Baustellenarbeiten, die am Wochenende und über Feiertage hinweg durchgeführt werden können, wird auf Nachtbaustellen zurückgegriffen.

Ich will es noch einmal sagen: Bei jeder einzelnen Entscheidung darüber, wo wir eine Nachtbaustelle einrichten, müssen wir das Nutzen-Kosten-Verhältnis errechnen. Es ist ja nicht so, dass das per se günstiger wäre, sondern das ist in der Regel teurer. Deshalb müssen wir diesen Wirtschaftlichkeitsnachweis immer führen.

Im Übrigen ist für den Verkehrsfluss gar nicht entscheidend, für wie lange eine Baustelle eingerichtet ist, sondern wie viel Fahrstreifen verfügbar sind. Wenn der Verkehrsfluss aufrechterhalten werden kann, dann gibt es in der Regel gar keinen Bedarf, über die normalen Arbeitszeiten hinaus zu arbeiten.

Weiter schlagen Sie eine Beschränkung der Länge von Baustellen vor. Schon heute gilt in Deutschland: Baustellen sollen möglichst nicht mehr als 12 Kilometer Länge aufweisen. Auch hier sage ich: Eine starre, politisch festgelegte Grenze macht keinen Sinn, sondern wir müssen im Einzelfall schauen: Was ist sinnvoll? Können wir einzelne Bauabschnitte zusammenlegen? Ist das wirtschaftlicher? Geht das dann schneller? Das ist oft so. Dann wird die Baustelle eben etwas länger. Ansonsten machen wir hier das, was sinnvoll ist. Insofern: Starre, politisch festgelegte Grenzen sind hier nicht das Maß, das wir anlegen sollten.

Der dritte Vorschlag, den Sie machen: konsequente Freigabe des Seitenstreifens. Das ist bereits heute gängige Praxis. Man hätte sich besser einmal informiert, was heute schon gilt: An allen Baustellen wird versucht, die bestehende Fahrstreifenzahl aufrechtzuerhalten. Es wird nur dann darauf verzichtet, wenn dies die Sicherheit der Bauarbeiter und den Ablauf der Arbeiten beeinträchtigen könnte.

Es gibt bessere Wege für kluges Baustellenmanagement, als von Ihnen in dem Antrag beschrieben ist. Da die Baustellen auch in dieser Anzahl notwendig sind, ist ein intelligentes Verkehrsmanagement der Schlüssel zur Optimierung des Verkehrsflusses in der bestehenden Infrastruktur. Durch die Autobahn GmbH wird ab dem 1. Januar 2021 ein länderübergreifendes Baustellenunterhaltungsmanagement die Regel. Zudem wird zeitgleich die Verkehrszentrale Deutschland in Frankfurt ihre Tätigkeit aufnehmen und die Verkehrsmengen auf den Autobahnen digital koordinieren.

Der zweite Punkt. Digitales Bauen und Planen ist das Gebot der Stunde. Durch die Anwendung von Building Information Modeling werden zusätzliche Synergiepotenziale bei der Planung und Durchführung von Baustellen entlang von Autobahnen gehoben.

Deshalb sage ich als Fazit: Das bestehende System funktioniert. Viele Verbesserungen sind bereits auf dem Weg.

(Thomas Ehrhorn [AfD]: Wir sehen an den Autobahnen jeden Tag, wie es funktioniert!)

Den Antrag, den Sie vorgelegt haben, brauchen wir nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Kirsten Lühmann [SPD])