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Björn Simon: Die Novelle trägt dazu bei, ein geordnetes Miteinander aller Verkehrsteilnehmer zu etablieren

Rede zum Bußgeld-Katalog der StVO-Novelle

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst noch einmal auf die Genese eingehen, die diese Novelle erfahren hat. Im Herbst 2019 hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer die Novelle der Straßenverkehrs-Ordnung vorgelegt. Anschließend hat eine Arbeitsgruppe, die von der Verkehrsministerkonferenz eingerichtet wurde, Vorschläge erarbeitet, welche einstimmig verabschiedet wurden. Am 14. Februar 2020 hat der Bundesrat eine Vielzahl an Änderungsanträgen diskutiert und der Novelle letztendlich mit umfassenden Änderungen zugestimmt. Vor gerade einmal zehn Tagen ist die Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung in Kraft getreten.

Die Neuerungen wurden im Rahmen der Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften seitens der Bundesregierung und des Bundesrates beschlossen. Wie bei einer Rechtsverordnung üblich, wurde die Änderung dabei explizit nicht im förmlichen Gesetzgebungsverfahren vom Bundestag verabschiedet. Das ist den Kolleginnen und Kollegen der FDP und der AfD scheinbar nicht aufgefallen. Das ist auch gleich der erste Grund, warum wir die beiden vorliegenden Anträge kritisch sehen. Obwohl wir, der Bundestag, explizit nicht eingebunden waren, debattieren wir nun, wenige Tage nach dem Inkrafttreten der Novelle, an dieser Stelle Korrekturwünsche.

Dabei hätten doch insbesondere die Kolleginnen und Kollegen der FDP-Fraktion ihre Kritik lange vor der Entscheidung im Bundesrat einbringen können.

(Oliver Luksic [FDP]: Haben wir mit einem Antrag gemacht! Haben Sie nicht gelesen?)

In drei Bundesländern sind Sie in Regierungsverantwortung; das haben wir bereits gehört und auch, dass Sie den Verkehrsminister in Schleswig-Holstein und in Rheinland-Pfalz stellen.

(Oliver Luksic [FDP]: Der fordert Sie auf, das zu ändern!)

Gleichwohl kritisieren Sie nun das einstimmige Ergebnis des Bundesrates – also mit Stimmen der FDP – und fordern die Bundesregierung auf, kritische Punkte gemeinsam mit dem Bundesrat – also auch wieder mit der FDP – zurückzunehmen oder abzuschwächen.

(Dr. Florian Toncar [FDP]: Wo ist das jetzt das Problem?)

Ich weiß nicht, wie das auf Sie wirkt; aber eine klare politische Linie sieht anders aus.

(Dr. Florian Toncar [FDP]: Denken Sie eigentlich ab und zu mal selber? Haben Sie eigentlich auch Ihre eigene Meinung? Was ist denn der Vorwurf?)

Skizzieren wir doch mal das Szenario: Was wäre gewesen, hätte das BMVI nach Beschlussfassung des Bundesrats die Novelle gestoppt?

(Dr. Florian Toncar [FDP]: Was ist das denn für ein Rollenverständnis?)

Die einzige Möglichkeit für den Verkehrsminister wäre gewesen, das komplette Paket abzulehnen und wieder ganz von vorn zu beginnen.

(Oliver Luksic [FDP]: Gerne! Machen wir jetzt!)

Wer will das?

Kollege Storjohann hat bereits eindrucksvoll beschrieben, welch langen Weg die vorliegende Novelle durch alle Instanzen genommen hat.

(Oliver Luksic [FDP]: Sie machen doch jetzt genau das, was wir fordern!)

Hätten wir noch länger auf die Errungenschaften im Bereich der Verkehrssicherheit warten sollen, die jetzt Einzug in die StVO erhalten haben? Gerade die Fahrradfahrer erhalten hier eine große Unterstützung.

Die nun zu Recht durch die Autofahrer in Deutschland kritisierten Verschärfungen im Bereich des Bußgeldkatalogs stammen nicht aus der Feder des Bundesverkehrsministeriums, sondern wurden von den Ländern gefordert. Und genau hier, nämlich im Bundesrat, müssen diese Verschärfungen auch wieder zurückgenommen und die Verhältnismäßigkeit wiederhergestellt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Oliver Luksic [FDP]: Genau das sagen wir doch!)

Der Minister hat dazu bereits Kontakt aufgenommen, wie man der Presse entnehmen kann.

Sehr verwunderlich sind auch die Unterstellungen der AfD-Fraktion, die Änderungen der Straßenverkehrs-Ordnung seien ideologisch und es finde ein Kampf gegen das Automobil statt. – Die Novelle trägt dazu bei, die Konkurrenz im Verkehrsraum weiter aufzulösen und ein geordnetes Miteinander aller Verkehrsteilnehmer zu etablieren. Das wird im Übrigen auch dadurch deutlich, dass Fahrradfahrer nicht nur Unterstützung erhalten, sondern bei Fehlverhalten zukünftig auch stärker sanktioniert werden. So steigt beispielsweise – das haben wir auch schon gehört – das Bußgeld für die unerlaubte Nutzung des Gehweges von 15 Euro auf nun 55 Euro. Dabei geht es nicht darum, Radfahrer zu bestrafen, sondern wiederum ein Sicherheitsplus für die Fußgänger auf den Gehwegen herzustellen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE])

Völlig irreführend und daher auch geradezu gefährlich ist zudem die Behauptung, die ich beiden vorliegenden Anträgen entnehme, dass die Zahl der getöteten Verkehrsteilnehmer seit Jahren rückläufig sei. Das mag für die Gesamtzahl aller Unfallopfer gelten, aber eben nicht für Fahrradfahrer.

(Oliver Luksic [FDP]: Habe ich doch nicht gesagt!)

Die Zahl der Unfallopfer unter Radfahrern nimmt – im Gegenteil – zu. Dass diese Tatsache in Ihren Anträgen, die uns vorliegen, nicht thematisiert wird, ist für mich unbegreiflich.

Nicht minder beschämend ist übrigens, dass sich die AfD in ihrem Antrag explizit dafür ausspricht, das Bußgeld für das Parken auf Behindertenparkplätzen wieder nach unten zu korrigieren. Für eine Erhöhung gebe es keinen Handlungsdruck, schreiben Sie in Ihrem Papier.

(Zuruf des Abg. Thomas Ehrhorn [AfD])

Ich teile die Meinung der Bundesregierung und der Bundesländer, die sehr wohl diesen Handlungsdruck sehen, wenn es um die Schwächsten in unserer Gesellschaft geht. Von daher ist die Erhöhung des Bußgeldes für das Parken auf Behindertenparkplätzen eine absolut richtige Entscheidung, die unsere volle Unterstützung findet.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Debatte in der heutigen Sitzung des Bundestages zu führen, halte ich für reine Schaufensterpolitik.

(Oliver Luksic [FDP]: Das sehen wir anders!)

Führen wir die Diskussion wieder dahin, wo sie hingehört: in den Bundesrat! Unterstützen wir unseren Bundesverkehrsminister!

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Oliver Luksic [FDP]: Gut, dass das Andi anders sieht!)