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Artur Auernhammer: Wir haben ein Problem mit der Verteilung des Wirtschaftsdüngers

Haltung der Bundesregierung zur unzureichenden Umsetzung der EU-Richtlinien zum Schutz des Wassers vor Nitrateinträgen

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe fast den Eindruck, dass diese Aktuelle Stunde beantragt worden ist, um wieder einmal die große Keule gegen die deutsche Landwirtschaft rauszuholen.

(Beifall des Abg. Dr. Michael von Abercron [CDU/CSU])

Das möchte ich hier nicht durchgehen lassen. Wir haben ein Urteil vom Europäischen Gerichtshof bekommen – ja, das ist richtig. Wir müssen uns um unser Trinkwasser kümmern – ja, wir machen das auch. Ich möchte aber, wenn hier ständig gegen die Landwirtschaft gewettert wird, zur Klarstellung sagen – ein Kollege hat bereits darauf hingewiesen –: Gerade einmal 51 Prozent der deutschen Landesfläche werden von der Landwirtschaft in Form von Äckern, Grünland und Wiesen bewirtschaftet. Die restliche Fläche – Wald, Siedlungsflächen und dergleichen; dazu gehört auch die Stadt Berlin – wird nicht von der Landwirtschaft bewirtschaftet, und auch da erfolgt ein Eintrag ins Grundwasser. Das sollten wir bei der gesamten Diskussion bedenken.

(Carina Konrad [FDP]: Sehr richtig!)

Die jetzt angesprochene neue Düngeverordnung, die wir in der letzten Legislaturperiode durch langes Ringen miteinander in ewigen Gesprächen ausdiskutiert haben, ist mittlerweile in Kraft; aber sie wirkt natürlich noch nicht. Das liegt in der Natur der Sache. Wenn wir hier im Deutschen Bundestag eine Verordnung beschließen, dann sind die Ergebnisse nicht sofort im Trinkwasser nachweisbar; denn sie muss erst einmal in der Praxis umgesetzt werden, und ich muss Ihnen leider sagen, dass die Umsetzung in der Praxis nicht so einfach ist, wie es sich hier vielleicht darstellt.

Gerade bei uns in Bayern merken wir, dass die hohen Auflagen zum Beispiel bei der Ausbringtechnik sehr große Belastungen für die kleinstrukturierten Betriebe mit sich bringen und dass sich jetzt viele Betriebe überlegen, lieber mit der Tierhaltung aufzuhören, als noch zu investieren. Ich habe mit Fällen zu tun, dass bei mir Bauern anrufen und sagen: „Bitte, komm mit der Technik des Maschinenrings, und bring die Gülle umweltfreundlich aus, damit ich diese Auflage erfülle“, wo wir dann, wenn wir vor Ort sind, nur sagen können: Dein Betrieb ist zu klein. Wir kommen mit der Technik gar nicht ran. – Wir befördern mit dieser Düngeverordnung den Strukturwandel, und das wollen wir doch auch nicht.

Ich habe in dieser Debatte oft gehört, wie die große Keule gegen die Tierhaltung geschwungen wurde. Schauen wir uns auf der Deutschlandkarte doch einmal an, wo Grundwasserkörper belastet sind. Das sind Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.

(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bayern!)

Ich möchte einmal ganz dezent die Frage stellen: Wer hat denn in diesen Ländern in der Vergangenheit die politische Verantwortung gehabt?

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist dünnes Eis, sehr dünnes Eis!)

Wer hat denn die Baugenehmigungen in diesen Ländern erteilt? Darüber sollte auch einmal nachgedacht werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will damit sagen: Wir haben in Deutschland kein Problem mit zu viel Wirtschaftsdünger; wir haben nur ein Problem mit der gerechten Verteilung im ganzen Land. Es geht doch darum: Wir wollen unsere Pflanzen ernähren. Wir wollen Pflanzen auch nutzen; wir wollen mit Pflanzen Tiere ernähren und auch uns selber. Der Grenzwert von 170 Kilo Stickstoff aus Wirtschaftsdüngern, den wir jetzt haben, ist sicherlich eine Maßgabe für ganz Deutschland. Aber im Einzelfall – blicken wir zum Beispiel in Intensivgrünlandregionen, wo der Niederschlag stimmt, wo fünf bis sechs Grünlandschnitte pro Jahr vorgenommen werden, etwa in den Alpenregionen – sind 170 Kilo Stickstoff aus Wirtschaftsdüngern viel zu wenig. Also muss hier mineralisch aufgedüngt werden. Wir verzichten auf den Einsatz unseres eigenen wirtschaftlich erzeugten Düngers und kaufen Mineraldünger aus dem Ausland zu. Das kann doch auch nicht Sinn und Zweck dieser Verordnung sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ja, wir müssen neu nachdenken bei der anstehenden Diskussion zur europäischen Agrarpolitik. Aber ich bitte Sie: Denken wir darüber nach, wie wir mit unseren landwirtschaftlichen Betrieben, mit unseren Bäuerinnen und Bauern umgehen, wie wir unseren ländlichen Raum mit dieser neuen europäischen Agrarpolitik unterstützen und gestalten können! Das sollte im Vordergrund stehen und nicht einseitige Schuldzuweisungen an einen Berufsstand.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)