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Alois Rainer: Wir brauchen eine gute Balance zwischen Verbraucher und Wirtschaft und Handel

Rede zur Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn einmal klarstellen, dass wir in Deutschland im weltweiten Vergleich die sichersten, die am besten kontrollierten und auch die besten Lebensmittel haben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!)

Darüber hinaus haben wir die besten Kontrolleure sowie die besten und mitunter strengsten Vorschriften.

Ich bin überzeugter Lebensmittelhandwerker und Lebensmittelunternehmer. Ich habe vier Jahre die Änderung des LFGB begleitet; deshalb freue ich mich, dass ich heute darüber sprechen darf. Ich habe hier einige Dinge gehört: Ja, es ist richtig: Das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt, man solle die Löschfrist festlegen. Das steht jetzt im Raum. Sie wird auf sechs Monate festgelegt. Man kann darüber diskutieren, ob das zu kurz oder zu lang ist. Für mich persönlich ist es zu lang; denn wer einmal im Internet steht, steht immer im Netz. Also, so leicht geht das nicht raus.

Lassen Sie mich eines mal erklären: Ich stehe als Lebensmittelunternehmer Rainer – ich nehme jetzt exemplarisch für viele andere meinen Namen, damit ich keinen anderen verwenden muss – im Netz, nicht weil ich einen gesundheitsrelevanten Fehler gemacht habe, sondern einen Bürokratiefehler. In Sachsen gibt es einen Bußgeldkatalog für so etwas. Da steht zum Beispiel, dass man bei der Nichtmeldung einer Schlachtung, was in der Hektik vor Weihnachten durchaus passieren kann, 500 Euro Bußgeld zahlen muss. Das steht dann auch im Netz mit dem jeweiligen Namen.

Ein Großunternehmer, der ebenfalls einen Schaden in der Bürokratie verursacht hat, der aber ein No-Name-­Produkt einer großen Handelskette herstellt, steht ebenfalls im Netz. Wer, glauben Sie, hat am Ende der Tage einen Schaden? Der kleine Lebensmittelunternehmer, der mit seinem Namen wirbt, hat den Schaden, obwohl er eigentlich „nur“ einen bürokratischen Fehler gemacht hat. Deshalb bitte ich darum, dass wir in der Zeit, in der über dieses Gesetz noch verhandelt wird, miteinander reden, damit wir eventuell gesundheitsrelevante Aspekte in diese 350 Euro einbeziehen. Dann wäre ich damit einverstanden.

Wenn es dann noch bürokratische Hemmnisse gäbe, dann müsste man diese Schwelle erheblich erhöhen; denn es soll zu nicht unerheblichen Verstößen gekommen sein. Jetzt stelle ich die Frage in den Raum: Bei einem Bußgeldrahmen bis 50 000 Euro, sind da 350 Euro Bußgeld nicht unerheblich? Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin absolut dafür – dazu stehe ich auch mit meiner Ehre als Lebensmittelunternehmer –, dass diejenigen, die nicht ordentlich wirtschaften, die die Gesundheit der Menschen aufs Spiel setzen, bestraft werden und dass deren Name auch genannt wird; aber es muss noch verhältnismäßig bleiben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Man muss den Großen, der einen Lebensmittelskandal verursacht hat, schon wesentlich stärker – ich sage es mal auf Bayerisch – „auf die Schultern klopfen“ – nicht auf den Kopf hauen; das will ich nicht – als einen, der einmal ein kleines bürokratisches Missverständnis erzeugt hat. Deshalb bitte ich darum, dass die Koalition noch mal in sich geht, sich Gedanken darüber macht.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das hat sie doch gemacht! Das war in der Ressortabstimmung! Das ist durch die Regierung gegangen! Frau Klöckner hat zugestimmt!)

– Das ist durch die Regierung gegangen. Aber Sie wissen genau, liebe Kollegin, dass in der Regel kein Gesetz aus diesem Haus so rausgeht, wie es hineingegangen ist.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ja! Frau Klöckner hat zugestimmt! – Gitta Connemann [CDU/CSU]: Gesetzgeber sind wir!)

Mit dieser Hoffnung lebe ich, und deshalb mein eindringlicher Appell heute – ich wollte das nur klarstellen –,

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann müssen Sie an Frau Klöckner appellieren!)

dass man sich darüber Gedanken macht, was das alles bedeutet. Man kann über den Datenschutz reflektieren, wenn etwas über einen im Netz steht. Man kann darüber reflektieren, was es bedeutet, wenn persönliche Daten im Netz stehen. Ich habe es eingangs gesagt: Mit der Löschung schaut es auch nicht so gut aus. Wenn man einmal im Netz ist, dann wird man im Netz bleiben.

Lassen Sie mich abschließend noch eine Statistik des Bundesamts für Risikobewertung von Februar 2018 zitieren. Daraus geht hervor, dass 81 Prozent der Verbraucher die Sicherheit von Lebensmitteln im Allgemeinen als „sicher“ oder „eher sicher“ einstufen würden. Das ist eine gute Zahl; die muss man verbessern. Da bin ich dabei.

Sehr geschätzte Kollegin Künast, ich finde es nicht gut und nicht schön, wenn Sie pauschal vom Rattenkot in Läden und in Küchen sprechen. Ich finde das unredlich.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat sie nicht getan!)

– Doch, natürlich. Schauen Sie im Protokoll nach.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch! Sie hat ein Beispiel gebracht!)

Sie, Frau Künast, haben das in Ihrer Rede heute so gesagt.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist der Unterschied zwischen den Worten „pauschal“ und „zum Beispiel“! – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Quatsch!)

Ich nehme diese Lebensmittelunternehmer in Schutz. Eine pauschale Verurteilung finde ich einfach nicht gut; ich habe es bereits gesagt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Abschließend sage ich Ihnen: Wir brauchen eine gute Balance zwischen Verbraucher und Wirtschaft und Handel und keine weiteren Einschränkungen, die den Bürokratie- und Kontrollwahn nur weiter verstärken. Ich freue mich auf die weiteren Verhandlungen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)