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Thomas Jarzombek: Der Mobilfunk in Deutschland ist offensichtlich der teuerste in Europa

Rede in der aktuellen Stunde zu Deutschlands LTE-Netz im europäischen Vergleich

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist gut, dass wir heute über die Mobilfunkversorgung in Deutschland diskutieren. Die FDP-Fraktion hat die Studie von Open Signal als Grund für diese Aktuelle Stunde genommen.

(Otto Fricke [FDP]: Anlass!)

– Ob Anlass oder Grund, darüber kann man streiten. – Jedenfalls kann man auch über diese Studie streiten; denn diese Studie hat einen ganz entscheidenden Fehler: Sie differenziert nicht zwischen den verschiedenen Anbietern.

Schauen Sie sich die Zeitschrift „Connect“ an, die in Deutschland immer einen viel beachteten Netztest macht. „Connect“ hat im letzten Jahr auch einen europäischen Netztest gemacht und hat für Deutschland ebenso wie für andere Länder, wie Großbritannien, festgestellt: Es gibt sehr große Unterschiede zwischen den Anbietern.

Die Gleichmacherei ist sicherlich ein analytischer Fehler, sodass man über die Geschwindigkeit im Mittel aller Netze sicherlich keine gute Auskunft darüber bekommt, was tatsächlich in Deutschland möglich ist. Aber wenn wir über die Preisgestaltung in Deutschland reden, erhält man sehr schnell objektiv vergleichbare Kriterien. Eine Studie aus Finnland von April 2016 hat ermittelt, wie viel Gigabyte man für 35 Euro bekommt: In Deutschland bekommen Sie 4 Gigabyte, in Spanien 7 Gigabyte, in Polen und in Großbritannien 20 Gigabyte, in den Niederlanden 24 Gigabyte und in Frankreich sogar 50 Gigabyte.

(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und in Deutschland?)

– Das habe ich schon gesagt: 4 Gigabyte. – Das heißt, Sie bekommen in Frankreich zum gleichen Preis mehr als zehnmal so viel Volumen wie bei uns.

Wenn dann einer der Netzbetreiber das so kommentiert, dass Deutschland ein sehr großes Land sei, dann ist das offensichtlich nur eine Ausrede; denn andere Länder, wie Frankreich, sind unterm Strich noch größer und haben eine niedrigere Bevölkerungsdichte.

Hier, meine Damen und Herren, muss etwas passieren; denn der Mobilfunk in Deutschland ist offensichtlich der teuerste in Europa. Das ist nicht gut.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wenn man sich auf die Suche nach den Ursachen macht, findet man vor allem zwei Gründe, die beide miteinander zusammenhängen. Der Urknall für die Preisexplosion liegt im Jahr 2000. Ich erinnere: Damals war Gerhard Schröder Bundeskanzler, und der Wirtschaftsminister hieß Werner Müller. Man hat sich im Jahr 2000 gebrüstet, mit der Auktion für die Mobilfunkfrequenzen in einem ganz besonderen Verfahren den höchsten Erlös aller Zeiten einzunehmen – 50,8 Milliarden Euro. Irgendwer muss das bezahlen. Am Ende ist offensichtlich, wer es bezahlt, nämlich die Gebührenzahler im Mobilfunk.

Weil die FDP jetzt so zufrieden guckt, will ich ihr sagen, dass die nächste Frequenzauktion unter Wirtschaftsminister Brüderle im Jahr 2010 stattfand.

(Daniela Kluckert [FDP]: Letztes Jahr hätten Sie es ändern können!)

Die kam immerhin auch noch auf stolze 4,4 Milliarden Euro. Unter Sigmar Gabriel waren es zuletzt 5,08 Milliarden Euro. Das heißt, wir sind jetzt zwar bei einem Zehntel dessen angelangt, was unter Rot-Grün verlangt wurde, aber es ist immer noch sehr viel.

(Arno Klare [SPD]: Verlangt? – Zuruf des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das Geld muss irgendwo wieder reinkommen.

Bei der Auktion im Jahr 2000 sind noch elf Anbieter in die Gebote mit eingestiegen. Mittlerweile gibt es nur noch drei Anbieter, und zumindest einer davon läuft ja schon durch die Hauptstadt und sagt: Wir haben große Sorgen, ob es uns noch geben kann, wenn das so weitergeht. – Wir brauchen deshalb dringend mehr Wettbewerb beim Mobilfunk. Das ist unser ganz zentrales Problem. Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als es nur drei Anbieter gab, nämlich Mannesmann, Telekom und E-Plus. Da gab es keinen großen Preiswettbewerb. Erst mit dem vierten Anbieter ist der Preiswettbewerb in Deutschland in Gang gekommen.

(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt haben wir wieder nur drei!)

Deshalb ist es wichtig, dass wir bei der nächsten Frequenzauktion wieder einen vierten Spieler in den Markt holen.

Wenn es keinen nationalen Spieler gibt, dann ist der Weg der Bundesnetzagentur richtig, auf regionale Frequenzen zu setzen und zu versuchen, auch denjenigen 5G-Angebote zu machen, die vielleicht nicht von den drei großen Anbietern versorgt werden. Der Unternehmer des produzierenden Gewerbes im Münsterland, der in seiner Halle 5G aufbauen will, soll das dann eben mit seinem örtlichen Anbieter oder in Eigenregie machen können.

(Daniela Kluckert [FDP]: Das ist völlig unrealistisch!)

Das ist, finde ich, ein sehr wichtiger Punkt.

Bevor das jetzt in meiner Rede untergeht, weil ich meinen Schwerpunkt auf das Thema Wettbewerb gelegt habe, will ich noch eines sagen: Wir müssen auch bei der Versorgung besser werden.

(Beifall der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dazu werden die Kollegen gleich noch mehr sagen. Wir haben für die letzte Mobilfunkauktion festgelegt: In jedem Bundesland muss eine Abdeckung von mindestens 97 Prozent und eine Abdeckung aller Autobahn- und ICE-Trassen gewährleistet sein. Ich glaube, im Selbstversuch merken wir alle, dass das noch nicht erreicht ist. Jetzt ist noch Zeit zur Umsetzung bis zum Ende des nächsten Jahres. Ich glaube, es wäre von den Mobilfunkanbietern schlau gewesen, nicht zu warten, bis die Unzufriedenheit zu groß ist, sondern schon einmal zu liefern und hier auch etwas zu zeigen. Insofern finde ich es richtig, dass wir jetzt sehr intensiv über strengere Versorgungsauflagen diskutieren, um bei der nächsten Frequenzauktion dahin zu kommen, dass im ländlichen Raum die weißen Flecken tatsächlich verschwinden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Thomas Jurk [SPD])