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Tankred Schipanski: Auch im Bildungsbereich findet umfangreiche Bundesunterstützung statt

Rede zur vollständigen Aufhebung des Kooperationsverbotes in der Bildung

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bereits die Wortwahl in dieser Debatte ist verwirrend und erweckt einen völlig falschen Eindruck. Das Grundgesetz legt klare Zuständigkeiten und somit Verantwortlichkeiten fest. Das Grundgesetz ist dabei geprägt von einer Kooperationskultur zwischen Bund und Ländern, die bereits Ausfluss des sogenannten Bundesstaatsprinzips ist. Es wird hier der Eindruck erweckt, der Bund würde die Bundesländer im Bereich der Bildung nicht oder nur unzureichend unterstützen, und das ist schlichtweg falsch.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bund und Länder kooperieren beispielsweise im Wissenschaftsbereich mit diversen Bund-Länder-Vereinbarungen, gemeinsamen Initiativen, Forschungseinrichtungen, Forschungsverbünden, wobei der Verfassungsgeber bei der Reform von Artikel 91b des Grundgesetzes im Jahr 2014 ganz klar gesagt hat, dass es sich hierbei nicht um ein Instrument des Finanzausgleichs handelt.

Auch im Bildungsbereich findet umfangreiche Bundesunterstützung statt. Der Kollege Kaufmann hat Ihnen das vorhin schon nähergebracht. Das Erfolgsprogramm des BMBF „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“, das gerade frisch verlängert wurde, umfasst 230 Millionen Euro. In meinem Wahlkreis werden darüber alle außerschulischen Bildungsangebote bereitgestellt. Insgesamt stellt der Bund 5,7 Milliarden Euro an Finanzhilfen für die Bildungsinfrastruktur zur Verfügung. Das bedeutet für mein Heimatland Thüringen 70 Millionen Euro Bundesgelder für Schulbauten. Dazu kommen Milliardenbeträge, die der Bund für den Kitaausbau leistet. Von 2008 bis 2020 sind das 12 Milliarden Euro.

Meine Damen und Herren, die Gelder werden von den Ländern sogar nur unzureichend abgerufen, weil es so viel ist. Bis zum 31. Juli 2017 wurden lediglich 40 Prozent der Mittel des dritten Investitionsprogramms von den Ländern abgerufen. So viel nur dazu, Frau Suding, weil Sie sagten, es sei zu wenig Geld da. Es scheint zu viel Geld da zu sein. Man kann gar nicht alles verbauen. Die Qualitätsoffensive Lehrerbildung hat Stefan Kaufmann genannt. Bund-Länder-Vereinbarungen: 500 Millionen Euro. Kommunales Bildungsmanagement: 170 Millionen Euro. In jedem Landkreis wird ein Bildungsmanager vom Bund finanziert. Ich denke, das macht deutlich, wie gut hier die Zusammenarbeit funktioniert. Der Digitalpakt wurde angesprochen. Er gilt auch für Berufsschulen.

Wir haben verschiedene Rechtsgrundlagen, wie wir diese mehr als 5 Milliarden Euro in die Länder bringen können. Sie sehen: Bildung ist bereits eine gesamtstaatliche Aufgabe. Sie wird gesamtstaatlich finanziert. Der Bund sorgt mit Milliardenzahlungen dafür, dass gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland entstehen und vorhanden sind. Dennoch wird hier behauptet, die Bundesländer wären mit ihrer Verantwortung überfordert. Auch das ist falsch, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es ist ein hausgemachtes Problem; denn es liegt an den Bundesländern, ihre Mittel entsprechend einzusetzen. Sie müssen sie da einsetzen, wo sie Verantwortung tragen.

Stefan Kaufmann hat die massiven Steuermehreinnahmen der Länder angesprochen. Brechen wir diese Milliardenbeträge einmal auf ein relativ – in Anführungszeichen – armes Bundesland wie Thüringen herunter: Steuermehreinnahmen 2014: 9 Millionen Euro, 2015: 48 Millionen Euro, 2016: 237 Millionen Euro, 2017: 348 Millionen Euro. Meine Damen und Herren, das sind Mehreinnahmen on top für den laufenden Haushalt. Bei solchen Zahlen können Sie uns nicht erzählen, Thüringen könne seiner Bildungsverantwortung nicht gerecht werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich will Ihnen sagen, was in Thüringen los ist. Der Genosse Bodo Ramelow nimmt lieber 39 Millionen Euro und saniert damit ein Fußballstadion in Erfurt, um seinem Genossen Oberbürgermeister einen Gefallen zu tun, anstatt dieses Geld verantwortungsvoll in Schulen und Hochschulen zu investieren.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollege Schipanski, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Tankred Schipanski (CDU/CSU):

Nein, wir machen das am Ende mit einer Kurzintervention.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das muss Kollegin Esken dann selbst entscheiden, ob sie eine Kurzintervention machen möchte.

Tankred Schipanski (CDU/CSU):

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bund ist keine zu melkende Kuh. Am 1. Juni 2017 haben wir in diesem Hause einen neuen Bund-Länder-Finanzausgleich beschlossen, und zwar bei massiver Belastung des Bundes, der ab 2020 jährlich rund 10 Milliarden Euro mehr an die Länder transferiert. Die Sektkorken haben nach diesem Beschluss in allen deutschen Staatskanzleien geknallt. Der damalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble verteidigte die Reform, räumte aber ein, es sei kein unproblematischer Schritt – Zitat –:

Wir ändern ein Stück weit die Architektur unserer föderalen Finanzordnung.

Wir sind ein Bundesstaat.

Hamburgs regierender Bürgermeister Olaf Scholz sprach von einem guten Ergebnis für den deutschen Föderalismus – Zitat –:

Die 16 Länder werden ihre Aufgaben wahrnehmen können, und sie werden es in enger Kooperation mit dem Bund tun.

Kollege Rossmann, ich frage mich, warum sich die SPD beschwert, wenn Herr Scholz so spricht. Bund-Länder-Finanzbeziehungen heißt nämlich Fairness in der Finanzierung.

(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja! Da fragen Sie mal Herrn Rehberg!)

Im Übrigen sehen Sie das große Interesse der Länder an der vorgeschlagenen Grundgesetzänderung heute hier auf der Bundesratsbank.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, des Pudels Kern im deutschen Schulsystem ist nicht die Frage, ob Bund, Land oder Kommune eine Schultoilette repariert. Des Pudels Kern ist die Frage, warum der Schüler in Bremen hinsichtlich seines Wissens fast zwei Jahre hinter den Schülern in Bayern hinterherhinkt.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Das ist das Hauptproblem. Das ist die eigentliche Frage bezüglich der Chancengerechtigkeit, welche wir mit vermeintlichen Bundesgeldern, wie Sie sie hier vorschlagen, nicht beantworten werden.

Wir brauchen endlich eine Vergleichbarkeit bei den Schulabschlüssen der Bundesländer. Diese erreichen wir durch diese Grundgesetzänderung nicht. Wir brauchen einheitliche Bildungsstandards in ganz Deutschland, und zwar verbindliche Bildungsstandards für alle 16 Bundesländer. Daran probiert sich die Kultusministerkonferenz schon seit Jahren, aber es gelingt ihr nicht. Daher wirbt die CDU/CSU-Fraktion für einen Staatsvertrag, der von den Ministerpräsidenten geschlossen wird und der verbindliche Standards festlegt und sich dabei natürlich am leistungsstärksten Bundesland orientiert. Das Ganze funktioniert schon gut. Wir sehen das im Rundfunkrecht beim Rundfunkstaatsvertrag. Auch hier haben wir ein föderales System. Hier tragen die Länder Verantwortung. Es gelingt ihnen hier, bundeseinheitlich tätig zu werden. Im Übrigen eint uns das Ziel bezüglich der Bildungsstandards über Parteigrenzen hinweg.

Lassen Sie mich abschließend festhalten: Nach den Erfahrungen, die wir im Bund mit den Ländern insbesondere im Bildungsbereich gemacht haben, steht für die Union fest: Wir geben keine unkonditionierten Mittel mehr in die Bundesländer. Zusätzliches finanzielles Engagement muss für den Bund mit inhaltlicher Gestaltungskompetenz einhergehen. Dieser Erfahrung und dieser Forderung sollten sich auch die anderen Fraktionen nicht verwehren. Lassen Sie Ihre Vernunft wachsen!

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das ist ein Angebot!)