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Sebastian Steineke: "Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren von diesen Neuregelungen"

Änderung des Verbraucherdarlehensrechts

Aufgrund zweier Urteile des Europäischen Gerichthofes müssen wir als Gesetzgeber Änderungen im Verbraucherdarlehensrecht vornehmen. Mit dem vorliegenden Entwurf passen wir die Regelungen in zwei Punkten an die Rechtsprechung des EuGH an. Beide Urteile, von denen eines auch vielen von Ihnen als „Lexitor“-Entscheidung ein Begriff sein dürfte, betreffen die Auslegung der EU-Verbraucherkreditrichtlinie.

Beim ersten Punkt geht es um das Recht von Verbraucherinnen und Verbrauchern auf Kostenermäßigung bei der vorzeitigen Rückzahlung von Verbraucherdarlehen. Der EuGH hat entschieden, dass das Recht von Verbraucherinnen und Verbrauchern auf Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits bei vorzeitiger Kreditrückzahlung auch laufzeitunabhängige Kosten umfasst. Der

§ 501 BGB sieht aktuell nur die Reduzierung der Zinsen und laufzeitabhängigen Kosten vor und muss deshalb an das Europarecht angepasst werden. Das Urteil ist weg- weisend für die zahlreichen Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer in unserem Land. Die Gesetzesänderung wird damit zu deutlichen Verbesserungen für die Verbraucher beitragen.

Der zweite Punkt betrifft die Gestaltung des gesetzlichen Musters für eine Widerrufsinformation für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge in Anlage 7 des EGBGB. Auch dieses Muster muss entsprechend angepasst werden, um der zweiten Entscheidung des EuGH gerecht zu werden.

Der EuGH hat hier entschieden, dass Verbraucherinnen und Verbraucher in klarer und prägnanter Form Informationen über die Modalitäten der Berechnung der Widerrufsfrist erhalten müssen. Es reicht dabei nicht, auf nationale Vorschriften zu verweisen, die wiederum auf andere Vorschriften verweisen, ein sogenannter „Kaskadenverweis“. Daher muss die für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge geltende gesetzliche Musterwiderrufsinformation in Anlage 7 des EGBGB überarbeitet werden. Mit dem vorliegenden Entwurf schaffen wir auch hier europarechtliche Klarheit und Rechtssicherheit für alle Beteiligten.

Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren von diesen Neuregelungen zum einen bei einer vorzeitigen Rückzahlung des Verbraucherdarlehens, wenn laufzeitunabhängige Kosten erhoben wurden, und zum anderen werden sie durch die neue gesetzliche Musterwiderrufsinformation in die Lage versetzt, auf der Grundlage des Vertrags selbst überprüfen zu können, ob der abgeschlossene Vertrag alle nach der Richtlinie erforderlichen Angaben enthält und ob die Widerrufsfrist zu laufen begonnen hat. Verbraucherinnen und Verbraucher können damit den Umfang der für ihren Vertrag einschlägigen Pflichtangaben und den Beginn der Widerrufsfrist anhand ihres Vertragsdokuments selbst ermitteln, was absolut positiv zu bewerten ist.

Das BMJV hat bezüglich des EuGH-Urteils zum Kaskadenverweis im Verbraucherdarlehensrecht zudem bemerkt, dass ein ähnliches Problem bei einer zu vermutenden notwendigen Anpassung der Musterwiderrufsbelehrung zu Finanzdienstleistungen bei Fernabsatzverträgen in Anlage 3 EGBGB bestehen könnte, auch wenn es dazu explizit kein Urteil gibt. Hier besteht demnach eine Parallelproblematik. Auch hier werden die für den Beginn der Widerrufsfrist maßgeblichen Informationen für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht im Einzelnen benannt, sondern das passiert nur mittels eines Verweises auf gesetzliche Vorschriften, die ihrerseits weiter verweisen.

Auch wenn sich diese beiden Richtlinien voneinander unterscheiden, kann man davon ausgehen, dass der EuGH die in dem Kaskadenverweis-Urteil getroffenen Maßstäbe auch auf Finanzdienstleistungen bei Fernabsatzverträgen übertragen würde. Beides sind Verbraucherschutztatbestände, bei denen sich die Vorgaben für die jeweilige Widerrufsbelehrung sehr ähneln.

Das BMJV hat vor diesem Hintergrund für den Finanzbereich einen weiteren Gesetzentwurf erarbeitet, in dem hinsichtlich der für den Beginn der Widerrufsfrist zu erteilenden Informationen nicht mehr auf gesetzliche Re- gelungen Bezug genommen wird, sondern diese in der Widerrufsbelehrung selbst aufgelistet werden.

Dabei war es wegen der unterschiedlichen Vertragstypen erforderlich, die Anlage 3 des EGBGB künftig in drei verschiedene Muster zu trennen: Erstens die Widerrufsbelehrung bei im Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen über Finanzdienstleistungen außer Verträgen über die Erbringung von Zahlungsdiensten; zweitens die Widerrufsbelehrung bei im Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Zahlungsdiensterahmenverträgen und drittens die Widerrufsbelehrung bei im Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen über die Erbringung von Zahlungsdiensten in Form von Einzelzahlungsverträgen. Es macht durchaus Sinn, den weiteren Gesetzentwurf des BMJV aufgrund der Sachnähe an dieses Verfahren hier anzuhängen.

Wir gehen nun in die weiteren Beratungen. Insbesondere zur Umsetzung der „Lexitor“-Entscheidung haben uns noch einige Hinweise und Änderungswünsche erreicht, unter anderem von den Bausparkassen. Diese werden wir uns im weiteren Verlauf genauer ansehen.