Patrick Schnieder: "Alle Abgeordneten müssen die Hausordnung achten"
Änderung des Abgeordnetengesetzes – Einführung eines Ordnungsgeldes
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Debatte heute hätten wir uns sicherlich gerne erspart. Stattdessen hätten wir uns lieber inhaltlich mit Dingen beschäftigt, die unser Land voranbringen. Doch heute müssen wir das Parlament durch Einführung eines Ordnungsgeldes quasi vor seinen Abgeordneten schützen. Wir müssen sicherstellen, dass auch wir Abgeordnete unsere eigene Hausordnung achten. Es ist beschämend, dass wir das tun müssen. Aber es hat Vorfälle gegeben, die uns veranlassen, dass wir auch gegen Abgeordnete bei Verstoß gegen die Hausordnung Sanktionen vorsehen müssen.
Warum? Wir haben im letzten Jahr wiederholt erlebt, wie der Bundestag zur Kulisse und Plattform für politische Agitation wurde, im November dann mit einer ganz neuen Qualität, mit offen bedrohender und einschüchternder Intention. Wir haben im November erlebt, wie Abgeordnete auf dem Weg zur Abstimmung fast körperlich bedrängt, bedroht und beleidigt wurden. Wir haben im Sommer aber auch erlebt, wie sogenannte Aktivisten rund um Abstimmungen den Bereich des Plenarsaals, innen oder außen, für Inszenierungen missbraucht haben.
Das alles hätte es ohne die Mitwirkung von Abgeordneten nicht geben können. Möglich wurde das in dem einen Fall, weil Abgeordnete von ihrem Besucherprivileg Gebrauch gemacht haben und Störer in den Bundestag geholt haben. Möglich wurde das in dem anderen Fall, weil Abgeordnete diese Störer teilweise aktiv unterstützt und verbotene Gegenstände eingeschleust haben.
Man muss auch klar aussprechen, wer hier im Hause solche Aktionen unterstützt hat: Es waren Abgeordnete aus dem linken und vor allem aus dem ganz rechten Spektrum. Deshalb wundert es auch nicht, dass weder die Linken noch die AfD dem Gesetzentwurf heute zustimmen werden. Sie werden ihn beide ablehnen. Schon im Ausschuss standen sie bei dem Vorhaben inhaltlich dicht beieinander.
Dabei kann doch keiner gutheißen, was wir zuletzt erlebt haben. Seit November wissen wir, dass die AfD mit allen Möglichkeiten, die sich ihr bieten, den demokratischen Prozess in Deutschland sabotieren will. Sie möchte die Demokratie von innen aushöhlen und sie verächtlich machen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Zurufe von der AfD: Unsinn! – Das machen Sie doch schon!)
Sie haben sich die Maske vom Gesicht gerissen. Sie haben Ihre Handlanger dafür, ganz offen Abgeordnete zu bedrängen, zu bedrohen und zu beleidigen.
(Beatrix von Storch [AfD]: Jetzt hören Sie mal auf, zu heulen! Das ist unerträglich!)
Und die AfD hat keine Skrupel, diesen Handlangern die Tür in den Bundestag zu öffnen.
Wir werden, weil wir ein freies und offenes Parlament bleiben wollen, weil wir das nicht akzeptieren, weil wir zeigen wollen: „So geht das geht!“, deshalb Sanktionen vorsehen und Ordnungsgelder im Abgeordnetengesetz installieren. Wir führen ein Ordnungsgeld von 1 000 Euro bei einer nicht nur geringfügigen Verletzung der Hausordnung durch Abgeordnete ein, und im Wiederholungsfall wird sich dieses Ordnungsgeld auf 2 000 Euro verdoppeln. Wir halten das für eine angemessene und spürbare Sanktion. Sie ist auch hinreichend bestimmt.
Wir haben ja parallele Regelungen, vor allem für das, was hier im Plenarsaal gilt. Wenn hier gegen Regeln in nicht nur geringfügiger Weise verstoßen wird, können Ordnungsgelder in ähnlicher Höhe oder in genau dieser Höhe verhängt werden. Wir haben auch die Höhe der Ordnungsgelder auf eindeutige Beträge festgeschrieben,
(Zurufe von der AfD)
sodass wir keinen Streit darüber bekommen, wie hoch im Einzelfall ein Ordnungsgeld ausfallen soll.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, es hat sich bei den vielen Beratungen der jüngsten Vorgänge leider erwiesen, dass mittlerweile auch gegenüber den Mitgliedern des Bundestages wirksame Sanktionen zur Durchsetzung der Hausordnung erforderlich sind. Das hat es früher so nicht gegeben. Ich sage es noch einmal: Das ist eine beschämende Erkenntnis. Aber ich bitte dennoch um Zustimmung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)