Skip to main content

Matern von Marschall: Wir brauchen eine starke Europäische Union

Handlungsfähigkeit der gemeinsamen europäischen Außenpolitik verbessern – Rolle der Hohen Vertreterin stärken

Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manche von Ihnen werden gestern Abend das erschütternde Bild eines blutenden und schreienden Kindes gesehen haben, das aus den Trümmern des zerbombten Ost-Ghuta herausgetragen wird. Ich bin dankbar, dass insbesondere Deutschland in der Vergangenheit seinen humanitären Verpflichtungen, die die Europäische Union insgesamt hat, nachgekommen ist. Ich hoffe, dass wir das auch weiterhin tun. Ich muss sagen: Ich bin beschämt über den Antrag, den die AfD neulich eingereicht hat mit dem Ziel, Flüchtlinge in diese Hölle zurückzuschicken.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will fragen, was wir als Europäische Union in Zukunft tun können, um nicht nur die Wunden zu heilen oder Symptome zu bekämpfen, sondern um die Ursachen zu bekämpfen. Deswegen bin ich Ihnen, Graf ­Lambsdorff, sehr dankbar, dass Sie den vorliegenden Antrag eingebracht haben, einen Antrag, der im Übrigen – darauf haben Sie hingewiesen – klarmacht, dass es zwar sehr viele bilaterale Aktivitäten der großen Staaten der Europäischen Union gibt, dass aber die kleinen Mitgliedstaaten sich sehr gerne in eine gemeinsame europäische Außenpolitik einbezogen fühlen würden. Dem trägt der vorliegende Antrag Rechnung. Insofern hoffe ich, dass wir ihn gemeinsam konstruktiv voranbringen.

Ich habe mir den Bericht des Berichterstatters ­McAllister vom November letzten Jahres zu dieser Frage angesehen. Auch er kommt in einem wesentlichen Punkt zu der Überzeugung, nämlich dass wir die Entscheidungsprozesse in der Europäischen Union beschleunigen müssen. Das kann gegebenenfalls über Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit gelingen. Denn angesichts der rasanten Umwälzungen und Verwerfungen, denen diese Welt ausgesetzt ist, ist die Trägheit bei einstimmigen Entscheidungen eben nicht ausreichend, um in hinreichender Geschwindigkeit aus der Europäischen Union heraus auf die Probleme zu antworten.

Ich glaube, dass neben der Entscheidungsgeschwindigkeit vor allen Dingen die Frage der Koordination eine nennenswerte Rolle spielt. Ich denke, dass die Hohe Vertreterin auch einen Beitrag dazu leisten kann, die Koordination, also die Abstimmung der Politik zwischen den Mitgliedstaaten voranzubringen. Da möchte ich nicht nur die Außen- und Sicherheitspolitik, sondern auch die Entwicklungspolitik einschließen. Wenn ich mir den Migrationsdruck aus Afrika, den wir zurzeit erleben, ansehe, dann denke ich, dass einzelne Länder besondere Fähigkeiten und Beziehungen zu einzelnen Staaten in Afrika haben und eine gut abgestimmte Kooperation der Mitgliedstaaten sinnvollerweise vorangebracht werden muss. Ich bin überzeugt davon, dass die Hohe Vertreterin in Zukunft einen guten Beitrag dazu leisten kann, dass die Zusammenarbeit der europäischen Staaten in der Außen-, der Sicherheits- und der Verteidigungspolitik besser koordiniert wird.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Zum Abschluss: Herr Dr. Dehm, Sie wollen Russland die Hand zur Freundschaft reichen. Das ist schön und gut, und vielleicht verbindet Sie das mit der AfD. Ich kann nur sagen: Wenn ich mir anschaue, in welcher Weise Russland den syrischen Diktator und Mörder Assad unterstützt, sich hinter und vor ihn stellt

(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Erdogan!)

und in welch schändlicher Weise Russland im UN-­Sicherheitsrat eine Feuerpause in dieser Hölle bisher blockiert, dann meine ich, Sie sollten Ihre Position noch einmal überdenken.

(Niema Movassat [DIE LINKE]: Ihr ­NATO-Partner Türkei!)

Schon aus diesem Grund brauchen wir eine starke Europäische Union. Ich hoffe, wir werden das auf den Weg bringen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)