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Windpark
(Quelle: pixabay)

„Klimaschutz ohne Konferenztourismus“

Kampf gegen Klimawandel weit oben auf der Agenda

Seit Monaten hält die Corona-Pandemie die Welt in Atem. Der Klimaschutz, der 2019 die politische Agenda bestimmte, drohte darüber aus dem Blickfeld zu geraten. Doch nun, da das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben allmählich wieder hochgefahren wird, ist der Klimaschutz erneut stärker Thema. 

Auch die für Deutschland außergewöhnliche Dürre im April ruft die Verpflichtung in Erinnerung, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu beschränken.
Wegen der Ausbreitung des Coronavirus meiden die Menschen derzeit Kontakte auf allen Ebenen und in allen Formationen. Auch Politiker kommen nicht mehr zu Meetings und Konferenzen zusammen, sondern treffen sich sicherheitshalber online zu Videogesprächen. Ab einer bestimmten Teilnehmerzahl wird das jedoch unpraktikabel. Zu den Großveranstaltungen, die deshalb abgesagt wurden, gehört die UN-Klimakonferenz in Glasgow, die eigentlich im November hätte stattfinden sollen. Die Veranstaltung, bei der fünf Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen über Nachbesserungen bei der Treibhausgasminderung hätte verhandelt werden sollen, wurde auf 2021 verschoben – in der Hoffnung, dass dann ein Stück Normalität zurückgekehrt sein wird. 

Petersberger Klimadialog ins Netz verlegt

Umso wichtiger ist, dass der von Deutschland organisierte, kleinere Petersberger Klimadialog mit seinen 30 Teilnehmerstaaten am Montag und Dienstag stattfindet – im Netz selbstverständlich. Der Petersberger Dialog wurde 2010 von Bundeskanzlerin Angela Merkel ins Leben gerufen, auch um nach dem gescheiterten Klimagipfel von Kopenhagen neue Impulse für den Klimaschutz zu geben. In diesem Jahr nun gesellt sich Großbritannien als Gastgeber hinzu. Weil das Thema Klima sich erstmals seit Monaten in den Medien wieder vor die Corona-Pandemie schiebt, erhält der diesjährige Klimadialog auch eine höhere Aufmerksamkeit. Bundeskanzlerin Angela Merkel und UN-Generalsekretär Antonio Guterres wollten sich am Dienstag mit Reden hinzuschalten. 

Aus der Not eine Tugend machen

Mit der virtuellen Zusammenkunft wird aus der Not eine Tugend, meint der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Georg Nüßlein: „Klimaschutz geht offensichtlich auch ohne großen internationalen Konferenztourismus.“ Und noch eines zeigt die virtuelle Ausrichtung des Petersberger Klimadialogs laut Nüßlein – nämlich, „dass der Klimaschutz auch in Pandemiezeiten weit oben auf der politischen Agenda steht“.

Klimaneutralität angestrebt

Die Klimaschutzbeauftragte der Unionsfraktion, Anja Weisgerber, versichert ebenfalls: „Wir müssen und werden unseren Weg für mehr Klimaschutz konsequent weitergehen.“ Um den globalen Temperaturanstieg auf höchstens zwei Grad, besser 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, wie es von der Pariser Klimakonferenz 2015 beschlossen worden war, haben sich die EU und Deutschland viel vorgenommen. 
So soll bis 2050 Klimaneutralität hergestellt sein. Das bedeutet, dass nicht mehr CO2 ausgestoßen wird, als sich an anderer Stelle einsparen oder binden lässt. Bis dahin gilt ein Stufenplan. Deutschland will bis 2030 seine Treibhausgasemissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken. Erreicht werden soll dies über einen Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten für fossile Brennstoffe, ähnlich dem EU-Emissionshandel für Kohlendioxid in der stromintensiven Industrie und bei der Energieerzeugung. Weil mit dem Emissionshandel der Ausstoß von CO2 teurer wird, hat die Regierung ein Paket an Fördermaßnahmen und Entlastungen für die Bürger geschnürt, das sich auf knapp 55 Milliarden Euro bis 2023 addiert. 

Finanzielle Herausforderungen

An dieser Stelle kommt nun so manch einer ins Grübeln. Denn im Zuge der Corona-Krise hat die Bundesregierung das größte Hilfspaket für Unternehmen, Arbeitnehmer und Selbstständige in der Geschichte der Bundesrepublik geschnürt und dafür erstmals seit sechs Jahren neue Schulden aufnehmen müssen. Milliarden musste sie auch zur Aufrüstung des Gesundheitssystems aufbringen. Da stellt sich die Frage, wie sie den Umbau Deutschlands hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft nun auch noch finanzieren soll. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer, betonte denn auch in Fernsehinterviews, nach dem Abebben der Pandemie und dem Ende des wirtschaftlichen Lockdowns müsse zunächst einmal ein „Kassensturz“ gemacht werden.

Klimaschutz darf wirtschaftliche Erholung nicht erschweren

Von einer brisanten ökonomischen Lage spricht auch Georg Nüßlein. Er empfiehlt daher, den Klimaschutz zwingend so umzusetzen, dass er die wirtschaftliche Erholung nach der Krise unterstützt und nicht erschwere. „Maximale Kosteneffizienz bei allen Maßnahmen ist deshalb das Gebot der Stunde.“ Natürlich mache es Sinn, zur wirtschaftlichen Erholung nach der Corona-Krise auch auf Investitionen in nachhaltige Strukturen und innovative Technologien zu setzen. Man müsse aber streng „darauf achten, Belastungen für Beschäftigte und Unternehmen durch Gesetze und andere Regelungen möglichst zu vermeiden“, wie im Koalitionsausschuss vereinbart wurde.

Anreize statt Verbote 

Auf Drängen der Unionsfraktion setzt das Klimapaket der Koalition, das Anfang des Jahres in Kraft trat, hauptsächlich auf Anreize statt auf Verbote. CDU und CSU wollen eine innovationsstarke Wirtschaft und technologischen Fortschritt, um den Klimaschutz voranzubringen. Das betont auch Anja Weisgerber: „Künftige Konjunkturprogramme müssen so aufgelegt werden, dass sie Anreize für mehr Klimaschutz setzen.“ So könne es gelingen, aus der aktuellen Krise Zukunftsimpulse für Wohlstand und Arbeitsplätze mitzunehmen und unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft klimafreundlich, widerstandsfähig und zukunftsfest aufzustellen. Als Beispiel nannte sie die Innovationsprämie für Elektroautos, die im Gespräch ist. Die halte sie deshalb „für das richtige Signal“, sagte Weisgerber.

Wirtschaft nachhaltiger aufstellen

Der Obmann der Unionsfraktion im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung, Kai Whittaker, sieht keinen Widerspruch zwischen Ökonomie und Ökologie. Er forderte: „Wir müssen uns heute für die Zukunft rüsten und den Wiederaufbau unserer Wirtschaft so gestalten, dass wir das Klima schützen und uns an den Klimawandel anpassen.“ Ebenso wenig wie die Corona-Pandemie mache der Klimawandel an nationalen Grenzen halt. „Wir sollten daher diese Chance nutzen, unsere Wirtschaft nachhaltiger und unsere Gesellschaft widerstandsfähiger zu machen.“ Es dürfe nicht darum gehen, was heute am Günstigsten ist, sondern was auf Dauer am Günstigsten ist – nur das sei vorausschauende, kosteneffiziente und nachhaltige Politik. 

Klimawandel verursacht Kosten

Dass der Klimawandel Kosten verursacht, zeigt die anhaltende Dürre in Deutschland. Unter der Trockenheit leiden vor allem die Landwirtschaft und der Wald. Für den Wald könnten sich Brände, Stürme und Borkenkäferbefall zu einem großflächigen Baumsterben summieren. Agrar- und Forstpolitiker der Unionsfraktion sind alarmiert. Für Wiederaufforstung und den Umbau hin zu einem klimastabilen Mischwald stehen in diesem und den kommenden drei Jahren 800 Millionen Euro zur Verfügung. Das Geld müsse schnell bei den Forstwirten ankommen, forderte der agrarpolitische Sprecher Albert Stegemann. Der Wald ist es wert: „Wir wollen, dass unsere Wälder als artenreiche Natur- und Erholungsräume, nachhaltige Rohstoffproduzenten und aktive Klimaschützer für kommende Generationen erhalten bleiben“, betonte der CDU-Forstexperte Alois Gerig.