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Karin Maag: Oft fehlen Zeit und Geld Organspender zu identifizieren

Rede in der Debatte zu Organspenden

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! 80 Prozent der Bürgerinnen und Bürger stehen der Organspende positiv gegenüber. Und dennoch sind die Spendenzahlen 2017 auf einen Tiefpunkt von 797 Organen gesunken. Gleichzeitig hat die Zahl der Bürgerinnen und Bürger, die einen Organspendeausweis besitzen, nach einer Befragung unserer Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zugenommen: von 17 Prozent 2008 auf immerhin 36 Prozent 2018.

Warum ist das nun so? Forscher des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein haben auf der Suche nach Gründen Behandlungsfälle ausgewertet und eine Studie erstellt. Das Ergebnis ganz kurz: Die mangelnde Spendenbereitschaft ist nicht das Hauptproblem. Der Schlüssel sind vor allem die Kliniken, denen oft Zeit und Geld fehlt, Organspender zu identifizieren.

Genau deswegen ist es für mich so wichtig, dass wir uns zuerst auf die Verbesserung der Rahmenbedingungen in der Organspende und die Behebung der strukturellen Defizite konzentrieren. Mit unserem Entwurf eines Gesetzes für bessere Zusammenarbeit und bessere Strukturen bei der Organspende machen wir die Kliniken fit für eine bessere Zukunft.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Um was geht es? Wir werden zum Beispiel die Stellung der Transplantationsbeauftragten stärken, potenzielle Spender werden somit besser identifiziert. Wir wollen eine leistungsgerechte Bezahlung der Entnahmekrankenhäuser und vor allem eine flächendeckende neurochirurgische und neurologische konsiliarärztliche Rufbereitschaft, die dafür sorgt, dass erstmals auch Patienten, die in kleinen Krankenhäusern versterben, als Spender identifiziert werden.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gilt nun, die positive Einstellung unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger zur Organspende zu stärken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das Ziel muss sein, Menschen verstärkt zur freiwilligen Spende zu motivieren. Aus meiner Sicht müssen wir vor allem die Aufklärung verbessern. Dazu gehört eine regelmäßige Information, die zur Organspende ermutigt. Dafür ist meines Erachtens die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in hohem Maße geeignet.

(Beifall der Abg. Stephan Pilsinger [CDU/CSU] und Kathrin Vogler [DIE LINKE])

Organspende und Transplantationsmedizin müssen verstärkt Thema in der ärztlichen Aus- und Weiterbildung sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

In der Folge wäre eine Beratung über die Organspende durch Haus- und Fachärzte für mich sicherlich wünschenswert.

Ich bin auch davon überzeugt, dass die stets widerrufliche Hinterlegung der Spendenbereitschaft in einem gesicherten Register, einer Datenbank, mehr Sicherheit für alle Beteiligten bietet.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eins ist mir aber ganz wichtig: Wir müssen die Organspende als eine bewusste und freiwillige Entscheidung beibehalten, die weder erzwungen werden darf noch von der Gesellschaft erwartet werden kann.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Ich will nicht, dass das Selbstbestimmungsrecht des Menschen auf ein nachträgliches Veto reduziert wird. Eine Widerspruchslösung, die davon ausgeht, dass einem Menschen Organe entnommen werden dürfen, wenn er nicht ausdrücklich widersprochen hat, führt meines Erachtens in die falsche Richtung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der AfD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])

Ein solcher Vorschlag ist, jedenfalls für mich, nicht mit dem Selbstbestimmungsrecht des Menschen sowie mit dem Recht auf körperliche Unversehrtheit vereinbar.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der AfD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])

Und genau deshalb setze ich mich dafür ein, dass wir die jetzige Zustimmungslösung beibehalten. Der freiheitliche Staat darf meines Erachtens auch keine Entscheidungspflichten schaffen. Eine Widerspruchslösung würde dies zwangsläufig nach sich ziehen. Statt Unentschiedenheit als eine Freigabe der eigenen Organe zu bewerten, wäre es besser, eine stets widerrufliche Entscheidung in einer Datenbank zu speichern.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Frau Kollegin Maag, die vier Minuten sind vorüber. Vielen Dank.

Karin Maag (CDU/CSU):

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)