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Jüdisches Leben schützen
(Quelle: Tobias Koch)

Jüdisches Leben schützen

Konsequenzen aus Anschlag von Halle

Der Deutsche Bundestag hat der Opfer von Halle gedacht und Konsequenzen aus dem antisemitisch motivierten Anschlag gefordert. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble forderte, dass „jeder in diesem Land - egal, welcher Religion, welcher Herkunft oder welchen Geschlechts - die grundlegende Sicherheit erfährt, frei und selbstbestimmt zu leben“. Bundesinnenminister Horst Seehofer stellte ein Sofortprogramm gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus vor. 

„Wir stehen in der Pflicht, die Versäumnisse im Kampf gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus aufzuarbeiten“, sagte Schäuble. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Ralph Brinkhaus, sagte, es sei die Aufgabe wertegeleiteter Europäer, jüdisches Leben auf diesem Kontinent zu schützen. Mit Blick auf Hass und Hetze im Internet sprach Brinkhaus von einem „Klima der Verrohung“, das im Netz anfange und im Bundestag aufhöre – möglicherweise gar umgekehrt. 

Demokratischer Grundkonsens verletzt

Brinkhaus spielte damit auf einen verunglimpfenden Tweet eines AfD-Abgeordneten nach dem Anschlag von Halle an. Auch Schäuble nannte es unerträglich, dass in Twitter-Reaktionen „auf diese von Judenhass getriebene Tat weiter mit Ab-und Ausgrenzung von Menschen gespielt wird“. Wer dies tue, stelle sich außerhalb des Grundkonsenses, auf dem unsere demokratische Ordnung beruht. „Das gilt erst recht für Mitglieder unseres Hauses.“

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Thorsten Frei, warf der AfD „Geschichtsrevisionismus“ vor: „Sie verschieben rote Linien. Sie sorgen dafür, dass Dinge denk- und sagbar sind, die es bislang nicht waren.“ Innenminister Seehofer forderte den AfD-Fraktionsvorsitzenden auf, sich von solchen Tweets zu distanzieren. 

Sicherheitslage ist ernst 

Die Sicherheitslage in unserem Land bezeichnete Seehofer als sehr ernst und die Gefährdung als hoch – auch mit Blick auf die internationale Vernetzung rechtsextremistischer und antisemitischer Täter. Zwar sei es „ein Glück, dass wir in vielen Städten und Gemeinden Deutschlands wieder blühendes jüdisches Leben haben“. Doch sei der Antisemitismus inzwischen in Teilen unserer Gesellschaft verankert, was die Sicherheitsbehörden umtreibe.

Sicherheitsbehörden aufstocken

Als Konsequenz aus dem Attentat forderte der CSU-Minister eine organisatorische und personelle Stärkung der Sicherheitsbehörden: „Wir müssen alles Menschenmögliche tun, um jüdische Einrichtungen in Deutschland durch Polizei und bauliche Maßnahmen besser zu schützen, als das heute der Fall ist.“ Für die Aufstockung des Personals müssten im Haushalt mehr Mittel bereitgestellt werden, damit nicht etwa Beamte vom Kampf gegen den islamistischen Terror abgezogen werden müssten.

Meldepflicht für Provider 

Darüber hinaus forderte Seehofer eine Meldepflicht für Provider im Internet, wenn Äußerungen dort Straftatbestände erfüllten. „Wut und Hass ist immer die Vorstufe zu Gewalttaten“, betonte der Minister. Geprüft würden außerdem Verbote von rechtsextremistischen Vereinigungen, eine Verschärfung des Waffenrechts und mehr Prävention.

Rechtliche Instrumentarien ausweiten

Thorsten Frei gab zu bedenken, dass mehr Mitarbeiter für die Sicherheitsbehörden alleine nicht ausreichen werde: „Es braucht auch die rechtlichen Instrumentarien, damit das Personal wirksam eingesetzt werden kann.“ Unter anderem listete er die Online-Durchsuchung und die Quellen-Telekomunikationsüberwachung auf. 

Gamer nicht unter Generalverdacht stellen

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Nadine Schön sprach sich für eine Evaluierung und Verbesserung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes aus, denn: „Hass, Hetze und Extremismus vergiften die politische Debatte.“ Sie forderte außerdem gezielte Programme gegen jede Form des Extremismus und mehr politische Bildung. Eine gute demokratische Debattenkultur müsse schon in der Schule eingeübt werden. Schließlich warnte sie davor, die Gamer-Community unter Generalverdacht zu stellen, nur weil der Attentäter sich dort bedient habe. Schön erinnerte daran, dass in Deutschland 34 Millionen Menschen Computerspiele spielten.