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Tino Sorge: Wir dürfen die Beitragszahler von heute, nicht über Gebühr beanspruchen

Rede zu finanziellem Eigenanteil in Pflegeheimen

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist nicht das erste Mal, dass wir über Pflege diskutieren. Ich glaube, man braucht kein Hellseher zu sein, um zu wissen, dass wir perspektivisch sehr viel häufiger über die Pflege diskutieren werden müssen.

(Zuruf von der LINKEN: Ja klar, weil es immer schlechter wird!)

Insofern finde ich es immer schade, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken – die Frau Kollegin Zimmermann will ich in diesem Zusammenhang namentlich erwähnen –, wenn Sie Probleme in der Pflege, die ja durchaus bestehen, aufzeigen, zugleich immer die Vollversicherung bzw. die Bürgerversicherung als Allheilmittel hier nennen.

Wir freuen uns sicherlich darüber, dass die Menschen aufgrund der demografischen Entwicklung immer älter werden und dass die Lebenserwartung steigt. Mittlerweile hat jedes zweite Kind, das heutzutage geboren wird, eine Lebenserwartung von fast 100 Jahren. Da aufgrund der hohen Lebenserwartung perspektivisch aber ein noch höherer Pflegebedarf entstehen wird, dürfen wir nicht glauben, dass jede Pflegeleistung bezahlt werden kann, dass Eigenanteile abgeschmolzen werden können und dass das Prinzip der Eigenvorsorge überhaupt nicht mehr berücksichtigt werden müsste.

(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Aber belastbar! Gemäß den Möglichkeiten!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der Diskussion, wie wir die Pflege zukunftsfest machen können, müssen wir die Frage behandeln, wie wir das generationengerecht hinbekommen. Mit Blick auf die Generationengerechtigkeit müssen wir einerseits eine Antwort darauf geben, wie wir die Leistungen aufgrund des pflegebedingten Mehraufwandes so finanzieren können, dass der Einzelne nicht über Gebühr belastet wird. Andererseits dürfen wir diejenigen, die das finanzieren sollen, nämlich die Beitragszahler von heute, nicht über Gebühr beanspruchen; sonst sagen sie irgendwann, dass sie das nicht mehr finanzieren können. Insofern ist es der falsche Weg, wenn Sie hier immer suggerieren, man könne das durch ein System der solidarischen Pflegeversicherung, wie Sie es nennen, erreichen.

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Sie können es ja anders machen! Mein Gott!)

Wenn Sie sich die Zahlen anschauen, dann erkennen Sie, dass das nicht funktionieren wird.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, es ist bereits angeklungen: Für die Reform und die bessere Ausgestaltung der Pflegeversicherung haben wir in der letzten Legislaturperiode sehr viel getan. Wir haben das Pflegestärkungsgesetz I, das Pflegestärkungsgesetz II und das Pflegestärkungsgesetz III auf den Weg gebracht. Sie unterschlagen in der Diskussion immer völlig, dass wir damit den Kreis derjenigen, die erstmalig in den Genuss von Pflegeleistungen gekommen sind, ausgeweitet haben. Ich erinnere an demenziell Erkrankte; es handelt sich um fast eine halbe Million Menschen. Wir müssen natürlich darauf achten, wie wir das perspektivisch finanziert bekommen. Wenn Sie behaupten, das sei kein Problem und wir würden das hinbekommen, wenn alle einzahlen würden, dann entgegne ich Ihnen: Das ist einfach nicht richtig.

(Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Wir können ja erst einmal anfangen! Das wäre doch ein erster Schritt!)

– Frau Zimmermann, auch wenn Sie das immer gebetsmühlenartig wiederholen, wird es nicht besser.

Ich möchte zur Generationengerechtigkeit noch zwei Punkte nennen. Sie tun immer so, als ob der Pflegevorsorgefonds, der von uns in den Verfahren geschaffen worden ist, um in der Zukunft steigenden Belastungen aufgrund von mehr Pflegeleistungen begegnen zu können, das Allheilmittel für die Finanzierung heutiger Pflegeleistungen sei.

(Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Nein, ist es nicht! Aber das ist auch ein Anfang!)

Das wird so nicht funktionieren.

(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Ach! Wir zahlen doch Strafzinsen auf den Pflegevorsorgefonds!)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wenn wir darüber diskutieren, wie wir die Pflege weiter zukunftsfest machen können, dann müssen wir natürlich auch berücksichtigen, was wir bereits getan haben. Der Koalitionsvertrag wurde bereits angesprochen. Zu der Frage, wie wir die Eigenanteile im Bereich der Pflege so ausgestalten können, dass es nicht zu einer Überforderung des einzelnen Pflegebedürftigen kommt,

(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Das tut es aber!)

haben wir gesagt, dass wir die Entwicklung der Personalkosten bei der Vergütung der Pflegesachleistungen entsprechend berücksichtigen wollen. Insofern bringt es niemandem etwas, wenn wir auf der einen Seite die Pflegeheimbetreiber, auf der anderen Seite die Pflegebedürftigen gegeneinander ausspielen, indem die Behauptung aufgestellt wird: Die gestiegenen Kosten resultieren daraus, weil die Politik die Pflegekräfte besser bezahlen will. – Wir sind uns alle einig: Wir wollen die Pflegekräfte besser bezahlen. Wir brauchen mehr Pflegekräfte. Wir brauchen mehr Menschen, die sich in dem Bereich engagieren. Das werden wir nicht dadurch erreichen, indem wir bei jedem Antrag, der hier zum Thema Pflege gestellt wird, unsere Pflege systematisch schlechtreden und suggerieren, als sei die Pflege in Gänze in Deutschland weder zukunftsfest noch menschenwürdig. Das entspricht nicht den Tatsachen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir müssen die Debatte in diesem Bereich konstruktiver führen. Dazu lade ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein und freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.

(Beifall bei der CDU/CSU)