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Tino Sorge: "Aufhören, Bevölkerungsgruppen gegeneinander auszuspielen"

Rede zur Beschaffung von FFP2-Masken

Frau Präsidentin, mit Ihrem Einverständnis würde ich den Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Die Linke kurz die Möglichkeit geben, Ihren Antrag zurückzuziehen.

(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN)

Da das offenkundig nicht passiert, treten wir an diesem Freitagnachmittag wieder ein in die Komödie „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Die Linke hat ein Problem entdeckt, und die Linke hat natürlich auch gleich eine Lösung parat: staatliche Regulierung, zentraler Einkauf, planerischer Eingriffe. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie, wenn Sie so was als Antrag stellen, Klartext reden. Dann sagen Sie doch „staatliche Planwirtschaft“, Herr Bartsch. Aber das machen Sie ja gerade nicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es müsste doch langsam selbst bei Ihnen angekommen sein, dass Ihre Argumentation, dass die Marktwirtschaft zur Verelendung der Massen führt, nicht greift, weil das in der Geschichte nicht eingetreten ist.

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie doch mal ernsthaft über das Thema!)

Das Projekt „staatliche Planwirtschaft“ hat nicht dazu geführt, dass irgendetwas besser geworden ist.

Ich sage Ihnen, warum wir den Antrag – es wird Sie nicht überraschen – ablehnen werden. Mein Kollege Georg Kippels hat bereits darauf hingewiesen – in einem gerichtlichen Verfahren würde man so etwas Erledigterklärung nennen –: erstens weil der Antrag weder sinnvoll noch zielführend ist und zweitens weil er in der Sache erledigt ist.

(Susanne Ferschl [DIE LINKE]: Das stimmt einfach nicht! Sie haben es nicht verstanden!)

Sie fordern hier, wir sollen FFP2-Masken für Grundsicherungsempfänger, für Hartz-IV-Empfänger zur Verfügung stellen. Sie blenden dabei völlig aus, dass wir bereits im letzten Jahr in einem Programm, 2,5 Milliarden Euro umfassend, für 34,1 Millionen Anspruchsberechtigte FFP2-Masken zur Verfügung gestellt haben.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja Planwirtschaft! Das ist ungeheuerlich! Sozialist!)

Das lief über die Apotheken. Ich gebe zu, das hätte durchaus optimaler laufen können. Aber viele oder die meisten dieser 34,1 Millionen Anspruchsberechtigten hatten die Möglichkeit, gegen ein kleines Entgelt von 2 Euro FFP2-Masken zu bekommen.

Was ich an der ganzen Diskussion hier ein bisschen schade finde, ist tatsächlich, dass wir immer wieder nur diese alte Klassenkampfrhetorik aufbringen. Da wird dann vor den bösartigen Arbeitgebern gewarnt. Da wird gesagt, die gesetzlichen Regelungen müssten so gemacht werden, dass Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer nicht gefährden. Da wird davon gesprochen, dass Arbeitgeber Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern FFP2-Masken zur Verfügung stellen sollen. Was Sie dabei wieder vergessen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, ist, dass wir diese Regelung bereits haben: Corona-Arbeitsschutzverordnung. Genau diese Verordnung sieht vor, dass Arbeitgeber Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern medizinische Schutzmasken, FFP2-Masken zur Verfügung zu stellen haben, wenn es die Gepflogenheiten, die Umstände vor Ort erfordern. Das blenden Sie leider völlig aus.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollege Sorge, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Klein-Schmeink?

Tino Sorge (CDU/CSU):

Sehr gern.

Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Sorge, Sie rechnen jetzt mit der Linken so martialisch ab. Aber letztendlich ist es so, dass das Infektionsschutzgesetz durchaus die Möglichkeit schafft, preisbegrenzend in die Beschaffung einzugreifen. Das hat der Minister bei der Infektionsschutzverordnung, bei den Antigentests im Dezember durchaus auch gemacht, mit einem gar nicht so unklugen Instrument des Festzuschlags, um eben die Handelsspanne zu begrenzen. Das scheint mir ein durchaus gängiger und gangbarer Weg zu sein.

Sie haben das aber gerade so massiv abgelehnt. Haben Sie denn für sich klar, können Sie sicher sagen, wie die Marktentwicklung in diesem Bereich sein wird, wenn es tatsächlich zu einer großen Ausbreitung der Virusvariante käme? Dann würde den FFP2-Masken noch einmal eine ganz besondere Bedeutung zukommen, und da wäre es wichtig, das Instrument der Marktbeobachtung, regelmäßig, zu haben. Wir mussten im Ausschuss diese Woche lernen, dass es das als regelmäßiges Instrument jedenfalls im Wirtschaftsministerium nicht gibt. Ich meine auch, gehört zu haben, dass es das im BMG nicht als systematisches Instrument gibt.

Also, Sie müssen sich auf Instrumente der Marktbeobachtung und ‑beherrschung einstellen. Was halten Sie von solchen Maßnahmen? Halten Sie sie für durchgängig nicht notwendig? Woran machen Sie das fest?

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gute Frage! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Ich widerrufe“!)

 

Tino Sorge (CDU/CSU):

Liebe Frau Kollegin Klein-Schmeink, Sie wissen, dass ich Sie sehr schätze für Ihre kurzen Fragen. Ich möchte sie auch sehr kurz beantworten.

Natürlich ist das völlig in Ordnung, wenn man Marktbeobachtung macht. Aber wir reden hier nicht davon, dass wir in der Situation der Knappheit bei einem bestimmten Produkt sind. Also, es wird hier der Eindruck erweckt, als gäbe es nirgendwo FFP2-Schutzmasken, nirgendwo medizinische Masken zu erwerben.

Wir haben eine andere Situation, als wir sie am Anfang der Pandemie hatten; da gebe ich Ihnen recht. Aber das führt jetzt nicht dazu, dass die Konsequenz daraus sein soll, dass wir das System ändern, indem wir auf staatliche Planwirtschaft umstellen.

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Werfen Sie Herrn Spahn Planwirtschaft vor?)

Weil Sie den Punkt des Zuschlags angesprochen haben: Es ist schon etwas anderes, ob man bestimmte Preise vereinbart und dann unter den Anbietern jemandem einen Zuschlag erteilt oder ob man von vornherein sagt, dass der Staat alles beschafft und dann auch noch deckelt, zum Selbstkostenpreis diese Masken erwirbt.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich nicht gefragt!)

Da frage ich Sie allen Ernstes: Glauben Sie denn, dass ein Unternehmen in so einer Situation, wo eine Nachfrage da ist, diese Masken zu Preisen abgibt, die staatlich verordnet sind? Also, ich glaube, nein, und das ist in einer Marktwirtschaft auch nicht sinnvoll. Deshalb werden wir diesem Antrag hier nicht zustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben leider meine Frage nicht beantwortet!)

Ich will noch einmal auf die Erledigterklärung hinweisen – die Frau Kollegin Ferschl hat es nur am Rande erwähnt –: Jetzt bekommen auch Grundsicherungsempfänger Masken, wir statten 5 Millionen Grundsicherungsempfänger, Hartz-IV-Empfänger jetzt kostenfrei mit zehn FFP2-Masken aus. Das wird völlig ausgeblendet. Da hätte ich erwartet, dass Sie auch einmal sagen, die Forderung, die Sie haben, hat sich bereits erledigt. Wir als Union zeigen Ihnen, dass es gerade in der Krise darauf ankommt, die Schwächsten zu schützen; dass wir uns um die Schwächsten kümmern.

Ich finde es, ehrlich gesagt, der Sache nicht angemessen, wenn hier immer wieder Bevölkerungsgruppen gegeneinander ausgespielt werden, wenn immer so lapidar gesagt wird, na ja, für die Lufthansa sei ja Geld da. Was sagen Sie denn den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Lufthansa? Sollen wir die nicht unterstützen in der Krise? Sollen die alle arbeitslos werden? Insofern bitte ich darum, dass wir da ein bisschen konstruktiver miteinander diskutieren.

(Susanne Ferschl [DIE LINKE]: Herzlichen Glückwunsch!)

Vielleicht noch ein Wort zum Thema FFP2-Masken. Ich glaube, Sie sollten damit aufhören, bei der Frage „Wie kommen wir durch die Krise?“ Bevölkerungsgruppen gegeneinander auszuspielen. Hier den Eindruck zu erwecken, als hätten wir bösartige Arbeitgeber, geht ja an der Sache vorbei. Die meisten Arbeitgeber, ein Großteil der Arbeitgeber hält sich daran, stellt diese Masken schon freiwillig zur Verfügung; ihnen ist daran gelegen, dass es den Menschen in ihrem Unternehmen gut geht. Insofern hätte ich eher erwartet, dass Sie hier einmal einen Dank in diese Richtung senden – und wenn Sie das schon nicht können, dass Sie sich zumindest für diese Ausfälle, die Sie in der Situation immer haben, einmal entschuldigen.

(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich bin mir sicher, dass Sie Ihren Antrag nicht zurückziehen werden. Es wird Sie aber sicherlich in der Sache nicht überraschen, dass wir dem nicht zustimmen können.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit; vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)