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Paul Lehrieder: Geschlechtsangleichende Operationen nur dort erlauben, wo sie medizinisch unbedingt notwendig sind

Redebeitrag zum Transsexuellengesetz

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die hier geführte Debatte rund um die von der Opposition eingebrachten Gesetzentwürfe bzw. den Antrag der Linken ist weiß Gott keine einfache. Ich werde mich im Folgenden im Wesentlichen auf den Antrag der Linken fokussieren.

Lassen Sie mich trotzdem vielleicht ein paar persönliche Gedanken anfügen. Ich kann nur erahnen, welche enorme Belastung es sein muss, im falschen Körper zu stecken. Ich möchte jedem Menschen, der sich in solch einer persönlichen Situation befindet, ausreichend Kraft und ein stabiles und unterstützendes Umfeld wünschen.

Sie haben – ich habe Ihren Antrag von den Linken ausnahmsweise wirklich mal sehr, sehr gründlich gelesen – auch einige gute Gedanken drin. Man soll nicht zu arg loben, aber Sie führen auf Seite 2 Ihres Antrages unten aus:

Viele Menschen erlitten durch die Operationen,

– die in früher Kindheit durchgeführt werden –

durch das Vorenthalten von Informationen über die Eingriffe und Diagnosen und durch die Zurschaustellung im medizinischen Studienbetrieb massive körperliche und psychische Verletzungen (chronische Schmerzen, Funktionseinschränkungen, Einschränkungen der sexuellen Empfindungsfähigkeit, Traumatisierungen, Depressionen), die bis heute den Alltag und die Gesundheit der betroffenen Menschen einschränken.

Es ist sicher nicht so, wie Frau von Storch sagt, dass man einfach nur willkürlich alle 14 Tage das Geschlecht wechselt, nur um in das richtige Gefängnis zu kommen.

(Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig! – Beatrix von Storch [AfD]: In das falsche Gefängnis zu kommen, nicht das richtige! – Gegenruf der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben wirklich nicht mehr alle Latten am Gartenschrank!)

Ich glaube, es gibt sehr viel Betroffenheit, und wenn 1 700 bis 2 000 Kinder jährlich eben entsprechend in eine solche Situation geboren werden, dann ist es richtig, da hinzuschauen und eine Regelung zu treffen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Jens Brandenburg [Rhein-Neckar] [FDP])

Ein solch sensibles und persönliches Thema erfordert von uns Politikern auch ganz besonderes Fingerspitzengefühl und besondere Sorgfalt im Hinblick auf die gesetzgeberische Tätigkeit, eine Sorgfalt, die allerdings – und da muss ich jetzt ein bisschen kritisieren – die Kollegen der Linken beim Schreiben ihres Antrags leider haben vermissen lassen. Wichtiger als eine finanzielle Entschädigung ist doch zunächst, dass wir wie vorgesehen eine Regelung zum Verbot von geschlechtsangleichenden Operationen auf den Weg bringen und sie nur dort erlauben, wo sie medizinisch, also aus gesundheitlichen Gründen, unbedingt notwendig sind. Genau das haben wir im Koalitionsvertrag auf Seite 21 so normiert.

(Dr. Jens Brandenburg [Rhein-Neckar] [FDP]: Wir warten auf den Gesetzentwurf! Seit Jahren!)

Wir werden die Vorgaben des Verfassungsgerichts hierzu umsetzen. Das haben wir im Übrigen mit der Angleichung des Personenstandsgesetzes zum 1. Januar 2019 getan, wo das dritte Geschlecht bereits normiert wurde. Da werden jetzt im Zuge der Diskussion über die Vorlagen die Zahlen zu prüfen sein, die Sie auf Seite 2 unten – vorletzter Absatz – zitieren:

Wie die Studien „Häufigkeit normangleichender Operationen ‚uneindeutigerʼ Genitalien im Kindesalter“ (Ulrike Klöppel, Josch Hoenes u. a., 2016, und Follow-Up ‐ Studie, 2019) zeigen, sind die Zahlen der medizinischen Eingriffe auch in den letzten Jahren und ungeachtet der personenstandsrechtlichen Erweiterung von 2013 nicht zurückgegangen.

Wir haben seit 17 Monaten durch die Änderung des Personenstandsgesetzes die Personenstandsangleichung. Auch das sollten wir in der Ausschussberatung gründlich anschauen.

Ich freue mich auf die Ausschussberatung und bedanke mich für die Vorschläge, auch die der Opposition. Das Problem ist wirklich zu ernst, als dass es ein Stück weit parteipolitischem Gezänk geopfert werden soll.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Jens Brandenburg [Rhein-Neckar] [FDP])