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Michael Hennrich

Michael Hennrich: "Keine Zweifel an der Relevanz und Wirksamkeit dieses Gesetzes"

Rede zur Sicherheit in der Arzneimittelversorgung

Das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung ist eine Reaktion auf die Fälle Lunapharm, die Bottroper Apotheke oder auch Valsartan, die in der Öffentlichkeit breite Aufmerksamkeit erregten. Es ist eine wichtige und richtige Reaktion, die wir heute beschließen. Anders als beim Terminservicestellengesetz gab es bei diesem Gesetz keine großen politischen Streitigkeiten um einzelne Regelungen. Das zeigt, dass es hier um vernünftige Verbesserung der Arzneimittelsicherheit und den Ausbau der existierenden Regelungen ging.

Was war uns wichtig: die Kompetenzen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte stärken, was uns der Skandal um Lunapharm unmissverständlich vor Augen geführt hat, Verbesserungen für ein koordiniertes Vorgehen zwischen nationaler und europäischer Ebene im Ernstfall schaffen. Die wechselseitige Anerkennung von GMP-Prüfungen wird noch einmal einem gesonderten Verfahren unterworfen. Und ergänzend dazu reicht eine rein formale Prüfung nicht mehr aus, eine tatsächliche Inaugenscheinnahme ist verpflichtend. Außerdem sollen auch bei Verdachtsfällen unangemeldete Inspektionen möglich sein, um Missbrauch vorzubeugen und einzudämmen. Zudem war es uns ein besonders wichtiges Anliegen, die Rolle des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte und seine Möglichkeiten für öffentliche Warnungen zu stärken.

Zusätzlich zu den Kompetenzen des BfArM werden durch das Gesetz auch die Rechte der Krankenkassen gestärkt, da die Haftungsregeln in Zukunft eine schnellere und effizientere Durchsetzung ihrer Rechte bei mangelhaften Lieferungen und Fälschungen erlauben. Es werden die biotechnisch hergestellten Arzneimittel aus der Förderung für Importarzneimittel herausgenommen. Jene für Small-Molecules stellen wir in den nächsten drei Jahren noch einmal auf den Prüfstand. Es obliegt den Krankenkassen und dem GKV-SV, zu klären, ob wir die Importförderklausel dann noch zukünftig benötigen.

Auch bei den fachfremden Änderungsanträgen haben wir in diesem Gesetzgebungsverfahren keine Verwerfungen erlebt. Den Patienten steht weiterhin eine breite Spanne an Verbandsmaterialien zur Verfügung. Hier haben wir eine Regelung gefunden, die im Sinne der Patienten ist und insbesondere weiterhin die metallbeschichteten Verbände in der Versorgung belässt.

Des Weiteren haben wir Präventionsschutzleistungen im Infektionsschutzgesetz ins SGB übernommen. Wir verschärfen die Regelungen für riskante Eigenbluttherapien bei Heilpraktikern und stärken dadurch die Patientensicherheit. Der Qualitätsausschuss Pflege wird zudem um einen Sitz erweitert, um die Pflegeberufe zu repräsentieren, ihnen mehr Mitsprache einzuräumen und diesen den gebührenden Respekt entgegenzubringen.

All diese Gründe lassen für mich keine Zweifel an der Relevanz und Wirksamkeit dieses Gesetzes. Ich sehe keine Gründe, warum man den Verbesserungen nicht zustimmen sollte.

Besondere Aufmerksamkeit haben wir dem Regelkomplex der Hämophilieversorgung gewidmet, die zur Verbesserung einer intensiveren Auseinandersetzung bedurfte. Unser Gesetz sieht vor, den Sondervertriebsweg nach § 47 zu beenden und den Markt für neue Produktgruppen zu öffnen. Anfängliche Sorgen um eine Schwächung der Zentren in ihrem Versorgungsauftrag stellten sich schließlich nicht nur in der Anhörung, sondern auch in vielen Einzelgesprächen als unbegründet heraus. Vielmehr hat sich herauskristallisiert, dass sich entgegen dieser ursprünglichen Befürchtung die Chance eröffnet, durch die Neuregelung eine bessere Versorgung zu gewährleisten. Die Folge wäre damit sogar eine Stärkung der Zentren, wenn die Versorgungsverträge konsequent umgesetzt werden.

Unser klares Ziel ist es, die Versorgung zu erleichtern, das heißt, den langen Weg der Versorgung zu verkürzen. Als Politik sind wir aufgefordert, dieser Entwicklung weiter zu folgen und sie nach und nach, Stück für Stück voranzubringen. Dieser Aufforderung wird mit diesem Gesetz Sorge getragen. Demgegenüber wird das krampfhafte Festhalten an den alten Sondervertriebswegen einer Verbesserung der Versorgung nicht gerecht.

Wir haben es geschafft, das Thema Biosimilar vernünftig und pragmatisch zu regeln. Wir haben klargemacht, dass eine Austauschbarkeit durch den Arzt keine unmittelbare Subsituierbarkeit zur Folge haben darf. Es kommt auf eine gesonderte Entscheidung durch den GBA an. Die Übergangsfrist eröffnet uns die Chance, die Akzeptanz bei Ärzten, vor allem aber auch bei Patienten weiterzuverfolgen und mehr Bewusstsein zu schaffen.

Einen Punkt möchte ich noch erwähnen, der sich im Zusammenhang mit neuartigen Therapieansätzen stellt. Wir müssen das System der Nutzenbewertung weiterentwickeln, um den immer kleiner werdenden Patientenpopulationen gerecht zu werden. Hier haben wir mit dem GSAV einen wichtigen Schritt gemacht.

RCTs, Randomisierte kontrollierte Studien, bleiben in Sachen Evidenz zwar weiterhin Goldstandard, dennoch ermöglicht uns das Gesetz, mit der anwendungsbegleitenden Datenerhebung neue Wege zu gehen und Alternativen auszuloten. Nicht zuletzt schaffen wir es dadurch, das Konzept der wissensgenerierenden Versorgung in die Tat umzusetzen, und gewährleisten weiterhin, dass Innovationen schnell in der Versorgung ankommen.

All dies liefert einen klar definierten Rahmen für die Industrie, wodurch der Pharmastandort Deutschland deutlich an Stärke gewinnt und die Patienten weiterhin schnellen Zugang zu Innovationen haben.