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Jana Schimke: Beim Homeoffice geht es darum die Interessen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auszubalancieren

Rede zum Recht auf Homeoffice

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben es heute wieder mit zwei interessanten Anträgen – von der Grünenfraktion und von der AfD-Fraktion – zu tun. Man macht sich weitreichende Gedanken über die Tiefen der betrieblichen Personalpolitik, über die Tiefen unternehmerischen Handelns in Deutschland.

Wie sieht es in Deutschland aus? Wir sind im Grunde genommen sehr gut aufgestellt. Wir haben eine Vielzahl an Gesetzen, die das Arbeiten regeln, so sehr regeln, dass man manchmal schon gar nicht mehr richtig arbeiten kann,

(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Mann, Mann, Mann!)

dass man eher gucken muss, wo man eigentlich entlasten, entschlacken und entbürokratisieren kann.

Wir sind das Land in Europa, das mit anderen Ländern gemeinsam an der Spitze steht, wenn es um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Vielzahl von Arbeitszeitformen oder Arbeitszeitmodellen geht. Wir sind auch Vorreiter beim Thema „Unternehmenskultur und Führungskultur“.

(Falko Mohrs [SPD]: Dann stehen Sie dem nicht im Weg!)

Meine Damen und Herren, eine Vielzahl von Unternehmen in Deutschland, große Vereine und Verbände kümmern sich den ganzen Tag um nichts anderes. Wie viel in Deutschland schon geschehen ist und wie unnötig solche Anträge wie die, die Sie heute einbringen, sind, können Sie in einer Vielzahl an Studien und in Berichten unserer Ministerien nachlesen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich sage: Sie lösen mit Ihren Anträgen Probleme, die es nicht gibt. Die Bereiche der Telearbeit, des mobilen Arbeitens und der Bereich Homeoffice sind in der Datenschutz-Grundverordnung, im Datenschutzgesetz, bei den gesetzlichen Regelungen zur Arbeitszeit und natürlich auch zum Arbeitsschutz weitgehend geregelt.

(Dr. Martin Rosemann [SPD]: Absetzbewegungen von der Großen Koalition, Frau Schimke?)

Und was machen Sie in Ihren Entwürfen? Sie schaffen nichts anderes als Rechtsunsicherheit. Sie greifen wohlgemerkt auch in das sogenannte Weisungsrecht des Arbeitgebers ein. Das ist in der Gewerbeordnung geregelt und verfassungsrechtlich abgesichert. Was soll das?

Meine Damen und Herren, last but not least: Offensichtlich wird auch Ihr sehr problematisches Verständnis gegenüber unserer sozialen Marktwirtschaft. Die Frage ist wirklich: Wie wichtig ist Ihnen der Wettbewerb in der deutschen Wirtschaft? Wie wichtig ist Ihnen die unternehmerische Freiheit, die wir brauchen? Wie wichtig ist Ihnen schließlich der unternehmerische Erfolg in unserem Land?

Die AfD – das ist besonders interessant – verfolgt natürlich auch in diesem Antrag wieder das Ziel, Angst zu machen und Panik zu schüren, indem sie sagt: Oh, jetzt kommt die Digitalisierung, und ab morgen verlieren wir alle unsere Arbeitsplätze. – So ein Schwachsinn! Digitalisierung findet in Deutschland seit sehr vielen Jahrzehnten statt. Sie ist Gegenstand betrieblicher Personalpolitik an jedem Tag, auch durch Fortbildungen und die Vorbereitung auf digitale Veränderungsprozesse.

Die Grünen beziehen sich auf einen Vergleich mit den Niederlanden. In den Niederlanden haben wir weitaus weniger Industrie als in Deutschland.

(Otto Fricke [FDP]: Das stimmt doch gar nicht! Kommen Sie aus Ihrer rein regionalen Sicht heraus!)

Da ist es natürlich klar, dass sie eine deutlich höhere Homeoffice-Rate als wir in Deutschland haben.

Worauf kommt es letztendlich an? Homeoffice ist ein Instrument der betrieblichen Personalpolitik, bei dem es im Wesentlichen darum geht, Interessen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auszubalancieren. Machen wir uns nichts vor: Natürlich ist das ein Konfliktfeld; das ist doch keine Frage. Diejenigen, die im Homeoffice sind, finden das auf der einen Seite gut, weil sie eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und auch mehr Freiheit in ihrer persönlichen Arbeitsgestaltung haben.

Aber auf der anderen Seite gibt es natürlich auch Ängste und Sorgen. Die Menschen sagen: Mensch, ich bin nicht bei meinem Team;

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alternierend! Antrag lesen!)

ich bin nicht in der Kaffeepause dabei; ich kann mit den Kollegen nicht reden. – Auch das gehört zur Wahrheit; so ist die Realität. Deswegen ist es gut, dass wir diese Prozesse weiterhin in der Entscheidungsfreiheit der Unternehmen belassen und kein Recht auf Homeoffice schaffen. Letztendlich wollen das zwei Drittel der Beschäftigen, die kein Homeoffice nutzen, auch nicht anders. Das ist gelebte Realität und der Wunsch der Beschäftigten in Deutschland.

Ich möchte an unsere Kolleginnen und Kollegen appellieren: Meine Damen und Herren, vieles, was wir hier machen, ist wünschenswert; aber nicht alles ist regulierbar. Es ist auch nicht sinnvoll, alles zu regulieren. Wir können die Sorgen und Nöte, die das Leben, auch das Arbeitsleben, mit sich bringt, manchmal nicht bis in das letzte Detail regulieren bzw. lösen. Es gibt gewisse Dinge, bei denen müssen wir versuchen, durch positive Anreize Einfluss zu nehmen. Ich erinnere beispielsweise an das Elterngeld, ein Instrument, das man freiwillig in Anspruch nehmen kann. Es hat dazu geführt, dass heute weit mehr als 30 Prozent der Männer in Deutschland Elternzeit nehmen und Elterngeld beziehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das ist fortschrittliche Politik. Man muss nicht immer alles vorschreiben oder verbieten.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollegin Schimke, ich muss Sie jetzt darauf aufmerksam machen, dass Sie demnächst das Kontingent Ihrer Kollegen angreifen.

 

Jana Schimke (CDU/CSU):

Meine Damen und Herren, unser Ansatz ist es, die Wirtschaft zu unterstützen und nicht zu regulieren. Wir brauchen weniger Bürokratie. Wir müssen etwas bei den Unternehmensteuern tun. Und wir brauchen vor allen Dingen mehr Vertrauen in die deutsche Wirtschaft und mehr Flexibilität bei allen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Für die Beschäftigten mehr Flexibilität!)