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Erwin Rüddel: "Wir müssen beim Impfen vorankommen"

Nationales Impfportal einrichten – Impfmanagement zielgerichtet voranbringen

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir leben im Föderalismus, und ich bin der FDP sehr dankbar, dass sie heute einmal die Rolle der Länder in der Pandemiebekämpfung in den Mittelpunkt stellt. Ich habe in den letzten Wochen das eine oder andere Mal kritisiert, dass die Länder ihren finanziellen Verpflichtungen bei den Hilfsmaßnahmen, die der Bund auf den Weg bringt, nicht nachkommen und die Maßnahmen nicht unterstützend begleiten.

Heute haben wir die Möglichkeit, darüber zu reden und zu diskutieren, wo die organisatorischen Mängel bei den Ländern liegen. Der Bund ist nicht verantwortlich für Telefonhotlines, die nicht funktionieren. Der Bund ist nicht verantwortlich, wenn Menschen der Altersgruppe ab 80 keinen Termin bekommen, und davon gibt es sehr viele. Der Bund ist auch nicht dafür verantwortlich, wenn ältere Menschen unnötig verunsichert werden.

Das liegt auch nicht an den Impfzentren, die die Kommunen betreiben – das machen die sehr hervorragend –; das ist eindeutig die Verantwortung der Landesregierungen. Ich komme aus Rheinland-Pfalz. Auch in meinem Heimatland warten viele Menschen auf Impftermine. Hier gibt es also ein Impfchaos. Soviel ich weiß, regiert in Rheinland-Pfalz die FDP mit, und da könnte man ja auch der Landesregierung eine gewisse Hilfestellung geben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Gleiche gilt auch für die Grünen, die hier sehr viel kritisiert haben. Aber kennt jemand ein Bundesland, wo die Grünen nicht mitregieren? Oft ist auch die FDP mit an der Regierung beteiligt.

(Lachen des Abg. Christian Dürr [FDP])

Es wäre hilfreich, wenn die Hilfestellungen, die wir jetzt hier bekommen, auch in den Bundesländern ankommen würden, wo man selber Verantwortung trägt.

(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Dürr [FDP]: Ich könnte Ihnen mal sagen, wie es in Niedersachsen läuft!)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Herr Kollege Rüddel, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder ‑bemerkung aus der FDP-Fraktion? Ich glaube, das ist Dr. Hoffmann.

 

Erwin Rüddel (CDU/CSU):

Ja.

 

Dr. Christoph Hoffmann (FDP):

Ich bin dankbar, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Ja, Sie haben gerade nach einem Bundesland gefragt, in dem die Grünen auch mitregieren, und das ist Baden-Württemberg. Da komme ich her. Ich kann Ihnen sagen: Das Impfportal dort funktioniert auch nur für U-60-Jährige, weil sich ältere Menschen damit eigentlich nicht zurechtfinden können.

Es ist auch ein Chaos. Meine Frau zum Beispiel hat sich als Lehrerin angemeldet. Die wohnt im Kreis Lörrach und sollte dann nach Tuttlingen fahren. Das sind über 100 Kilometer. Das ist auch ein Chaos, was dort stattfindet. Dort sind die Grünen in der Koalition mit der CDU. Also, da ist auch Chaos.

Was ich Sie eigentlich fragen wollte: Wir haben ja im Augenblick sehr viele AstraZeneca-Impfdosen auf Halde liegen, die nicht verimpft werden. Wie kann es sein, dass zum Beispiel in Baden-Württemberg – im Gegensatz zu Mecklenburg-Vorpommern – kein Pilotprojekt stattfindet, um die Hausärzte einzubinden, um diese Impfdosen schnell an den Mann zu bringen? Die Hausärzte kennen ganz genau die prioritären Fälle in ihren Praxen, die Menschen, die es ganz dringend brauchen.

 

Erwin Rüddel (CDU/CSU):

Vielen Dank. – Sie bestätigen ja, dass in den Ländern die Impforganisation – und das ist deren ureigenste Aufgabe – in der Regel nicht funktioniert. Deshalb ist es wichtig, den zweiten Aspekt anzusprechen: dass wir so schnell wie möglich dazu kommen müssen, dass in den Arztpraxen geimpft wird; denn die entsprechende Dynamik, glaube ich, werden wir nur über die Praxen erreichen.

Die Kollegin Sabine Dittmar hat eben angesprochen, dass es in Rheinland-Pfalz vier Pilotpraxen gibt. Das heißt also: Es können zwar alle machen, aber es machen nicht alle. – Und damit ein entsprechender Anreiz gegeben wird, ist ja auch vorgestern in der Runde der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Auftrag erteilt worden, Praxen einzurichten, die über die Länder mit Impfstoff versorgt werden, damit Menschen aus der Priorisierungsgruppe 1 und 2 entsprechend geimpft werden können.

Ich sage jetzt mal so: Wir geben hier in Berlin die Richtung vor und geben Anstöße, damit die Länder endlich agieren. Aber wir sind nicht für die Umsetzung verantwortlich und auch nicht für die Fehler, die die Länder bei der Umsetzung machen. Ich wäre froh, wenn all diejenigen, die in den Ländern mitregieren, ihren Ländern die Hilfestellung geben würden, die man uns hier in Berlin geben will, allerdings mit der Absicht, uns in Berlin die Schuld zuzuschieben für Dinge, für die wir keine Verantwortung tragen – weder der Minister noch der Bundestag.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Dr. Marco Buschmann [FDP])

Ich halte das angesprochene Tool für überflüssig. Wir brauchen andere Lösungen; ich habe es gerade angesprochen. Außerdem können wir nicht so ohne Weiteres ein Tool auf den Weg bringen; denn dafür müssten die Länder Kompetenzen abgeben, ob sie sie nun ausfüllen oder nicht. Dazu, glaube ich, sind die Länder nicht bereit.

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das stimmt doch gar nicht!)

Darum ist das hier nach meiner Meinung auch eine Scheindebatte.

Wir müssen sehen, dass wir beim Impfen vorankommen. Ich bin der festen Überzeugung: Wenn man genau hinsieht, stellt man fest: So schlecht sieht es gar nicht aus.

(Zuruf des Abg. Dr. Marco Buschmann [FDP])

Die Menschen in den Alten- und Pflegeheimen sind weitestgehend geimpft. Das merkt man auch an den Belastungen im Krankenhaus und an den Todeszahlen. In einigen Bundesländern ist die Mehrheit der Menschen über 80 geimpft. Das Coronarisiko der Hochbetagten ist deutlich reduziert worden; Frau Dittmar hat es eben angesprochen.

Bis Ende der Woche werden wir den Ländern über 11 Millionen Impfdosen zur Verfügung gestellt haben. Wir werden bald erleben, dass erste Impfzentren an ihre Kapazitätsgrenzen kommen. Deshalb müssen wir jetzt neben den Hygieneregeln und dem baldigen Einsatz von weiteren Schnell- und Eigentests mit allem Nachdruck auf eine zweigleisige Impfstrategie setzen. Das heißt: Die Impfzentren sind weiterhin, auch über Ostern hinaus, das Portal für die priorisierten Gruppen. Parallel dazu muss durch die Impfverordnung gesichert werden, dass die Länder auch Arztpraxen mit der Impfung beauftragen. Mit Blick auf die rasch steigenden Impfstoffmengen kommt es entscheidend darauf an, die Arztpraxen insgesamt regelhaft in die Impfkampagne einzubinden. Mit anderen Worten: Wir müssen demnächst massiv über die Praxen impfen, so viel Impfstoff raushauen, wie es eben möglich ist.

Nach Ostern sollten wir perspektivisch ohne strenge Priorisierung über die Arztpraxen impfen. Ich sehe hier auch keine Probleme, dies über die bewährten Logistikstrukturen des Apothekengroßhandels zu organisieren. Bei der Grippe funktioniert das ja hervorragend. Im letzten Jahr sind fast 30 Millionen Menschen über die Arztpraxen geimpft worden, ohne dass man in der Logistik und der Versorgung großartig etwas davon gemerkt hat. Wir brauchen mehr Flexibilität. Wir brauchen Flexibilität mit Prinzipien. Ich bin sicher, dass die Hausärzte, da sie ihre Patienten kennen, auch das Richtige tun. Deshalb können wir die Priorisierung da etwas zurückfahren.

Ich glaube, wir haben den richtigen Fahrplan, und ich bin mir ziemlich sicher, dass wir es schaffen, bis zum oder im Sommer die Pandemie zu beherrschen, –

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Herr Kollege.

 

Erwin Rüddel (CDU/CSU):

– und dass wir zu unserem normalen Leben zurückkommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)