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Erich Irlstorfer: Wir brauchen und wollen auch in Zukunft eine bessere Pflege

Rede zu finanziellem Eigenanteil in Pflegeheimen

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Linken haben einen Antrag mit dem Titel „Eigenanteile in Pflegeheimen senken – Menschen mit Pflegebedarf finanziell entlasten“ eingebracht. Das, was Sie hier eingebracht haben, Frau Zimmermann, finde ich äußerst schwach, weil das im Endeffekt wieder genau beschreibt, wie Sie Politik betreiben.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Gute Politik!)

Wir können uns hier in jeder Sitzungswoche darüber unterhalten und jeweils eine andere Forderung aufstellen. Wir können uns hier auch in jeder Sitzungswoche darüber unterhalten und Probleme beschreiben.

(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das machen Sie aber schon seit zehn Jahren! – Harald Weinberg [DIE LINKE]: Ist es ein Problem, oder ist es keines?)

Das ist aber nicht unser Politikansatz. Wir wollen Verbesserungen diskutieren und vor allem auch umsetzen und realisieren. Das unterscheidet uns.

(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sie machen ja nichts!)

Weil Sie sich über die letzte Legislatur so negativ geäußert haben, will ich an dieser Stelle – das möchte ich deutlich aussprechen – Minister Gröhe und seiner ganzen Mannschaft an Staatssekretären und auch den Mitarbeitern im Ausschuss meinen besonderen Dank aussprechen. Das waren richtige Entscheidungen, und sie waren auch wegweisend.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollege Irlstorfer, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Zimmermann?

Erich Irlstorfer (CDU/CSU):

Selbstverständlich, gerne.

Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE):

Vielen Dank, Kollege Irlstorfer. Ich habe eine ganz einfache Frage: Steigen die Anteile der Eigenbeteiligung im Moment, oder steigen sie nicht? Kennen Sie die Berichterstattung dazu? Wissen Sie, dass in diesem Jahr bis zu 700 Euro Eigenanteil mehr geleistet werden muss?

(Zuruf von der LINKEN: Pro Monat!)

– Pro Monat, genau.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich frage Sie: Wissen Sie das? Haben auch Sie diese Berichterstattung gehört?

Erich Irlstorfer (CDU/CSU):

Natürlich habe ich gehört, dass es in verschiedenen Einrichtungen eine Steigerung des Eigenanteils gibt. Das ist wahr.

(Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Kein Einzelfall!)

– Lassen Sie mich kurz ausreden. – Es gibt aber – das möchte ich unterstreichen – diese Steigerungen nicht überall. Man muss schon genauer hinschauen und solche Spitzen nicht verallgemeinern. Das ist in meinen Augen nicht korrekt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

So, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf hier fortfahren. Wir – mit „wir“ meine ich uns alle – sind uns einig, dass wir auch in Zukunft eine bessere Pflege brauchen und wollen und dass das eines der großen Zukunftsthemen ist. Wir lassen uns nicht auf die Aussage reduzieren: Ja, im Koalitionsvertrag steht etwas von einem Sofortprogramm mit 8 000 Stellen, und mehr machen sie nicht. – Das ist eine Verkennung der Tatsachen. Ich habe gemerkt, dass Sie zumindest in den Koalitionsvertrag geschaut haben.

(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Haben wir!)

Deshalb ist es, glaube ich, richtig, hier festzustellen, dass mit diesem Koalitionsvertrag eine sehr hohe Qualität in der Pflege, vor allem im stationären, aber auch im ambulanten Pflegebedarf, sichergestellt werden soll.

Dabei setzen wir auf Ausbildung. Wir setzen auf Weiterbildung. Wir setzen auch auf eine Neuordnung dieser Ausbildung. Wir setzen auf eine Personalpolitik, die sich nicht auf das Prinzip von satt und sauber zurückzieht. Vielmehr geben wir hier die Möglichkeit für Menschlichkeit und Empathie, weil wir durch Personalkennzahlen neue Zeiträume zulassen und schaffen.

Dieser Koalitionsvertrag, meine sehr geehrten Damen und Herren, schafft aber auch soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit – das verkennen Sie – für Angehörige. Ich darf zitieren: Kinder haben eine Verantwortung für ihre pflegebedürftigen Eltern. – Ja, das stimmt. Aber es steht auch ausdrücklich im Koalitionsvertrag, dass Kinder erst ab einem Jahreseinkommen von 100 000 Euro zur finanziellen Unterstützung herangezogen werden. Das ist richtig, das ist anständig, und das ist christlich und auch sozial.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte Ihnen aber auch sagen, dass dieser Koalitionsvertrag allen Beschäftigten deutlich macht, dass wir diesem Beruf eine hohe Wertschätzung entgegenbringen. Aber es ist auch klar, dass man von der hohen Wertschätzung keine Mieten und auch nicht den Lebensunterhalt bezahlen kann.

(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Immerhin! Das verstehen Sie!)

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, setzen wir uns für eine flächendeckende Tarifbindung ein. Wir setzen uns natürlich auch dafür ein – das haben Sie hoffentlich auch gelesen –, dass wir Tarifsteigerungen in den Kliniken ausgleichen. Und wir erhöhen die Personalausstattung auf den Stationen in der Kranken- und Altenpflege.

Das heißt, diese Koalition, sollte sie zustande kommen – das hoffen wir natürlich –, investiert nicht nur in Straßen und Wohnräume oder Ähnliches. Wir investieren in Menschen, weil wir den Menschen etwas zutrauen und weil wir an die Menschen glauben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was uns auch unterscheidet – das ist gerade wieder deutlich geworden –: Wir spielen die Menschen nicht gegeneinander aus.

(Zuruf von der LINKEN: Doch!)

Wir versuchen nicht, uns hier mit Schaum vor dem Mund hinzustellen und populistisch zu erklären, dass der Kampf für ein höheres Gehalt dazu führt, dass dies von Angehörigen oder Pflegebedürftigen durch höhere Kosten bezahlt werden muss.

(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Diesen Mechanismus haben Sie gemacht! In Ihrer Verantwortung!)

Das, was Sie hier betreiben, ist nicht in Ordnung. Sie dürfen mir glauben, dass wir Ihnen das nicht durchgehen lassen werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, setzen auf eine hohe Pflegequalität durch Hilfs- und Fachkräfte. Wir setzen auf eine ordentliche Bezahlung aller Beschäftigten, und wir setzen natürlich auch darauf – auch das möchte ich noch einmal sagen –, dass wir machbare Eigenanteile für Pflegebedürftige im Rahmen der Pflegeversicherung einfordern werden. Denn es ist klar, dass all das, was Sie im Zusammenhang mit der Bürgerversicherung als Vollversicherung vorbringen, auch bezahlbar bleiben muss. Wir können hier nicht Utopia regieren lassen. Wir wissen, was Realpolitik bedeutet, und wir wissen auch, wie wir dieses Land gut und richtig weiterbringen.

In diesem Sinne herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Abg. Pia Zimmermann [DIE LINKE] meldet sich zu Wort)