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Dr. Silke Launert: " Es geht um Wahlfreiheit"

Rede zur Finanzierung der Ganztagsbetreuung für Kinder

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fragen „Warum bin ich eigentlich in die Politik gegangen? Was treibt mich an?“ wird sich jeder hier im Raum schon gestellt haben, und jeder hat darauf seine ganz eigene, individuelle Antwort. Meine persönliche Antwort: Ich wollte dazu beitragen, dass Frauen Kinder bekommen können und gleichzeitig die Chance haben, weiter in ihrem Beruf zu arbeiten, wenn sie es wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Leider ist das nicht überall der Fall. Meine Vorstellung war: Kind und Karriere, das sollen keine Gegensätze sein. Frauen sollen die Freiheit haben, wenn sie es wollen – das ist keine Pflicht –, beides zu wollen und auch beides in der Realität zu leben.

(Dr. Birke Bull-Bischoff [DIE LINKE]: Und Männer!)

– Und Männer auch. Leider war es meistens so, dass die Frauen eingeschränkt waren.

Das war meine Motivation. Ich habe mir schon im Studium Gedanken gemacht, wie ich das denn schaffe. Ich wusste, dass ich allein mit Küche, Kirche und Kindern in meinem Leben nicht glücklich werde. Also, wie klappt es? Das war eine der Hauptantriebe und von Anfang an ein Herzensanliegen. Ich denke, es ist auch ein Herzensanliegen vieler hier. Ich weiß, dass sich ganz viele Frauen in Deutschland darüber ständig Gedanken machen – auch manche Männer, aber meistens Frauen. Ich freue mich daher, dass in das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ in den letzten zehn, zwölf Jahren wirklich so richtig Dynamik hineingekommen ist.

Der erste ganz wesentliche Schritt war natürlich die Schaffung des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz durch Ursula von der Leyen. Das war nicht einfach. Ich habe die Gespräche in den Kommunen miterlebt. Natürlich war das eine Riesenherausforderung. Aber bei einer eigentlich originären Angelegenheit von Kommunen und Ländern war dann eine Vorgabe vom Bund da. Es war auch ein gewisser Druck da. Der Bund hat, begleitet durch Milliardenpakete, auch einen Anteil übernommen – nicht alles, aber einen ganz großen Anteil. Das war ein zentraler Schritt.

Jetzt gehen wir den nächsten großen, zentralen Schritt, und er ist essenziell. Es ist bereits mehrfach angesprochen worden: Sie haben Kinder – ich habe bis vor Kurzem zwei Grundschulkinder gehabt – und haben alles perfekt organisiert, konnten vielleicht halbtags oder zwei Drittel – manche sogar ganztags – wieder arbeiten, und dann kommt von heute auf morgen das Grundschulalter. Man kann natürlich Sechsjährige nicht alleine zu Hause lassen. Also, was macht man? Man muss reduzieren. Wen trifft es meistens? Die Frauen, und das zu einem Zeitpunkt, wo die Kinder schon älter sind und man schon bis zu zehn Jahre reduziert gearbeitet hat. Kein Wunder, dass Frauen den Anschluss im Beruf verlieren! Wir können noch so viel über Beträge und Gleichstellung sprechen: Wenn eine Frau mit zwei Kindern 10 bis 15 Jahre draußen ist bzw. nur halbtags arbeitet, dann – da brauchen wir uns nicht zu wundern – ist es einfach schwierig, den Anschluss zu finden. Deshalb ist es da genauso wichtig.

Man muss jetzt allerdings auch ganz kurz sagen: Es geht heute nicht um den Rechtsanspruch, sondern es geht hier zunächst um einen allerersten Schritt, das Fundament, die Schaffung eines Sondervermögens: in 2020 und 2021 2 Milliarden Euro. Ich denke, für diese zwei Jahre ist das ein schöner Anfang, und wir sollten uns freuen, dass wir diesen Schritt gehen.

Ich sage noch einmal: Es geht um Wahlfreiheit. Wir zwingen niemanden, seine Kinder in eine Ganztagsbetreuung abzugeben. Das ist also wieder einmal eine typische Verdrehung der Tatsachen.

(Martin Reichardt [AfD]: Aber schulden wir denen nichts, die ihre Kinder zu Hause erziehen?)

Aber es gibt Frauen in diesem Land, die das wollen. Und ich muss noch ganz kurz was sagen –

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Aber die Zeit ist jetzt abgelaufen.

 

Dr. Silke Launert (CDU/CSU):

– zur Verhöhnung der Frauen,

(Martin Reichardt [AfD]: Das stimmt doch gar nicht!)

die das machen, der Alleinerziehenden, die es sonst nicht schaffen, die dem Staat nicht zur Last fallen wollen, sondern arbeiten wollen. All diese, die nach acht Stunden Arbeit noch ihre Kinder erziehen, haben Respekt verdient und keine Zynik.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Martin Reichardt [AfD]: Das habe ich doch überhaupt nie gesagt!)