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Bettina Margarethe Wiesmann: "Das Wohl des Kindes ist der wichtigste Gesichtspunkt"

Rede zum Adoptionshilfe-Gesetz

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Adoption gibt es schon seit Jahrhunderten: die Annahme eines fremden Kindes als das eigene und nicht immer aus Not. Der Begriff „Adoption“ stammt aus der römischen Kultur, in der mittels Adoption die besten Nachfolger für einen Angehörigen der Staatsspitze legitimiert wurden: Kaiser Augustus war adoptiert, Kaiser Nero war adoptiert. Die Eltern kannten sich und verschafften sich durch die Adoption eine intensivere Verbindung.

Die Adoption ist, so kann man sagen, der Ursprung der verfassten sozialen Elternschaft. Dies ist aber nur ein Aspekt. Der andere Aspekt, der andere Teil ist das Kind, das nicht zuletzt durch die Kinderrechtskonvention beispielsweise ein Recht auf Kenntnis seiner biologischen Eltern hat. Dessen positive Wirkung auf die Entwicklung eines adoptierten Kindes bestätigt auch die Forschung. Und dem kommt dieses Gesetz durch Förderung der offenen Adoption nach.

(Beifall des Abg. Sönke Rix [SPD])

Soziale Elternschaft ohne biologische geht nicht; das muss man einmal zur Kenntnis nehmen.

Meine Damen und Herren, noch vor 60 Jahren mussten Annehmende mindestens 50 Jahre alt sein; denn die Adoption diente primär der Alterssicherung der kinderlosen Annehmenden. Später wurde nicht nur in der DDR die Adoption eingesetzt, um Kinder aus kritischen oder abweichenden Familien zwangsweise herauszuholen. Adoption hieß bis weit in die Gegenwart hinein: Der bisherige Lebenszusammenhang des Kindes wird komplett abgeschnitten: Seine leiblichen Eltern sind weg, der Nachname wird geändert, alte und neue Eltern kennen sich nicht. Aber – das ist ein großer Fortschritt, den wir hier weiterentwickeln – Adoption muss vom Kind her gedacht werden. Niemand muss mehr aus materieller Not – gottlob! – eine Adoption anstreben. Heute dient die Adoption dazu, Familienbande zu stiften oder zu festigen und Kindern auf Dauer mehr Sicherheit zu geben.

Für uns als Union ist das ein Wert an sich, solange das verbindliche Füreinander tatsächlich im Mittelpunkt steht. Dass Adoptionen langfristig gelingen, ist Ziel und Zweck dieses Gesetzentwurfs. Ob Fremdadoption durch Verheiratete, ob Stiefkindadoption oder ob Adoption ausländischer Kinder – es sind viele verschiedene Spielarten, aber alle sind aus Sicht des Kindes, der Kinder eine erhebliche Herausforderung. Deshalb muss hier – davon sind wir überzeugt – ganz genau hingeschaut werden. Wir sind deshalb sehr froh, dass der Gesetzentwurf die Pflichten zur Begleitung, Beratung und Moderation vor und während der gesamten Übergangsphase deutlich ausweitet.

(Beifall der Abg. Ingrid Pahlmann [CDU/CSU])

Für die nachgehende Begleitung wird ein Rechtsanspruch eingeführt, und das Kind ist entsprechend seiner Entwicklung zu beteiligen. Mit 14 Jahren muss es dann zustimmen. Eine Schiedsstelle kann eingeschaltet werden. Die Vermittlungsstellen prüfen nicht nur, ob die Annehmenden dem Kind einen Rahmen und einen Halt für eine gute Entwicklung geben können, sondern sie erhalten die Möglichkeit, den gesamten Prozess offen und für alle Beteiligten weitgehend transparent zu führen. All dies dient dem Kindeswohl, für das wir eine funktionierende Familie als wesentlich ansehen.

Von besonderer Bedeutung ist, dass endlich für Adoptionen von Kindern im Ausland die gleichen Anforderungsstandards gelten wie bei Inlandsadoptionen. Nur bei Mitwirkung einer Adoptionsstelle der Länder oder zugelassener Stellen freier Träger und nur mittels eines verpflichtenden Anerkennungsverfahrens wird die Adoption rechtsgültig. Damit wird endlich gleiches Recht geschaffen, egal wo das Kind geboren wurde.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Meine Damen und Herren, all dies sind gute Gründe, diesen Gesetzentwurf gut zu finden. Er bringt nach Jahren der Diskussion endlich Klarheit. Ich freue mich, dass wir damit einen deutlichen Schritt hin zur Beachtung der Rechte der Kinder machen; denn bei Adoption ist nicht der Kinderwunsch der Annehmenden vorrangig zu berücksichtigen – es gibt kein Recht auf ein Kind –, sondern das Wohl des Kindes ist der wichtigste Gesichtspunkt. Dann gelingt Adoption und mit ihr Familie, nach Unionsverständnis Familie als Ort, wo Kinder und Eltern auf Dauer Verantwortung füreinander übernehmen.

Ich freue mich sehr auf die Beratungen im Ausschuss und danke Ihnen fürs Zuhören.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)