Skip to main content

Dr. Johann David Wadephul: Der IS kennt keine Diplomatie

Rede zum Bundeswehreinsatz zur Bekämpfung des IS-Terrors

Dr. Johann David Wadephul (CDU/CSU):

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Lage in Syrien stellt uns dieser Tage vor drei Fragen: Erstens. Was sind unsere Sicherheitsinteressen? Zweitens. Was ist unsere internationale Verantwortung? Und drittens. Was sind wir bereit, für unsere Interessen und unsere Verantwortung zu leisten?

Was in Syrien und im Irak passiert, muss im Fokus unseres Sicherheitsinteresses stehen. Wir sind 2015 in diesen Einsatz gegangen, weil der sogenannte IS seine Anschläge in die Mitte unserer europäischen Städte trug. Wir haben gemeinsam mit einer einzigartigen Koalition den IS zurückgedrängt; aber er ist weder endgültig besiegt noch vernichtet. Es droht vielmehr sogar eine Rückkehrerproblematik, die der Herr Außenminister schon angesprochen hat. Deswegen: Es gebieten unsere originären Sicherheitsinteressen, unsere deutschen, unsere europäischen Interessen, dass wir den Kampf gegen dieses verabscheuenswürdige Regime des IS fortsetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dies entspricht auch unserer Verantwortung. Wir sind die stärkste Nation Europas. Wir sind derzeit im Sicherheitsrat. Wir haben mit der Bundeswehr eine der stärksten konventionellen Streitkräfte der westlichen Welt.

(Lachen des Abg. Gerold Otten [AfD])

Wir treten für Werte wie Frieden und Stabilität ein. Wir haben uns in der Präambel des Grundgesetzes verpflichtet, „dem Frieden der Welt zu dienen“. Das ist auch genau das, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, was unsere Partner und Freunde, wie etwa Frankreich 2015, von uns erwarten. Dieser Verantwortung müssen wir nachkommen. Oder wir sollten uns aus der Weltpolitik verabschieden und auf dem Biedermeiersofa darauf warten, dass die Gefahren auf uns zukommen. Das ist keine Alternative.

Wenn wir unsere Sicherheitsinteressen ernst nehmen, wenn wir unsere Verantwortung ernst nehmen, dann müssen wir handeln, dann müssen wir uns engagieren, und zwar mit wirtschaftlicher und humanitärer Hilfe, aber eben auch mit diplomatischen Mitteln, wenn es diese braucht.

Gegen den IS helfen bedauerlicherweise nur militärische Mittel; denn der IS kennt keine Diplomatie. Unser Engagement wird gebraucht. Was die Luftwaffe an Luftaufklärung bzw. mit der Luftbetankung nunmehr seit Jahren leistet, ist eben nicht so einfach von anderen Partnern leistbar. Auch unsere Ausbildung, unser Training im Irak kann und will nicht jeder andere Partner machen.

An dieser Stelle will ich die Chance nutzen, den Soldatinnen und Soldaten in Jordanien und im Irak meinen Dank auszusprechen. Hochprofessionell, mit Hingabe und großem Einsatz leisten sie tolle Arbeit für unsere Sicherheit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Lage erfordert es, dass wir dieses Mandat fortsetzen. Wir stehen zurzeit aber auch in einer weiterführenden Debatte, die sich um das Schicksal des Nordostens Syriens dreht. Auch hier gebieten unsere ureigenen Sicherheitsinteressen, unsere internationale Verantwortung und die Erwartung und der Hilfsbedarf unserer Partner, was wir tun. Wir müssen halt zur Kenntnis nehmen, dass die Vereinigten Staaten von Amerika sich auf dem Rückzug befinden, ihre Verantwortung sozusagen als Weltpolizist, als Bewahrer westlicher Interessen nicht mehr wahrnehmen. Das kann man beklagen; das kann man bedauern. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Und man muss außerdem wissen, dass wir wohl keine Möglichkeit haben, die Vereinigten Staaten von Amerika unmittelbar zu einer Änderung ihrer Strategie zu veranlassen. Deswegen ist es richtig, dass wir in Europa seit längerer Zeit diese Debatte führen. Die Debatte hat 2014 auf der Münchner Sicherheitskonferenz mit Beiträgen des damaligen Bundespräsidenten, des Außenministers und unserer Verteidigungsministerin begonnen. Wir als Deutsche wissen: Wir müssen bei derartigen Krisen mehr Verantwortung übernehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist die einzige Konsequenz, und dem sollte man nicht ausweichen.

(Zuruf der Abg. Heike Hänsel [DIE LINKE])

Wir stehen jetzt vor einem politischen Prozess, den Annegret Kramp-Karrenbauer mit ihrer Initiative noch einmal angestoßen hat. Das führt dazu, dass man Farbe bekennen muss. Es fängt bei Herrn Erdogan an. Um es klipp und klar zu sagen – wir haben eine Debatte hierüber geführt; ich will unterstreichen, was der Außenminister dazu gesagt hat –: Das ist völkerrechtswidrig. Liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, selbstverständlich auch, was Afrin angeht. Nur, wenn es Herrn Erdogan, wie er behauptet, einzig um den Schutz des türkischen Staates geht, dann muss er die Initiative von Annegret Kramp-Karrenbauer unterstützen. Wenn er aber Land gewinnen will, wenn er annektieren will, wenn er Resettlement machen will, wenn er eine Zwangsumsiedlung von Syrern machen will – was wir niemals mittragen werden –, dann wird er sie ablehnen. Deswegen werden wir an der Reaktion aus Ankara sehen, was die Türkei wirklich will. Wir haben dazu eine klare Erwartungshaltung, und die sollten wir deutlich äußern, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das gilt auch für Russland, das wir an dieser Stelle nicht aus der Verantwortung entlassen. Auch Russland muss sagen, ob es an dieser Stelle ernsthaft einen friedlichen Prozess will, einen politischen Prozess will. Dazu bekennt es sich immer wieder; aber das dürfen keine Lippenbekenntnisse bleiben. Wir erwarten jetzt, dass Russland sich an dieser Debatte auch im UN-Sicherheitsrat konstruktiv beteiligt. Das könnte der Anfang dafür sein, dass Deutschland, dass Europa mehr Verantwortung übernehmen. Deswegen war das eine gute Initiative. Dieses Mandat, wenn wir es fortsetzen, ist ein guter Beitrag für mehr Frieden und Freiheit, nicht nur in jener Region, sondern auch für uns.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)